Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
ein Verbot von königlicher Seite einzuholen?
»Ja, aber ich bin nicht bereit, mich an den König zu wenden. Irgendwie finde ich den Gedanken furchtbar, familiäre Angelegenheiten durch ihn regeln zu lassen.«
Julien folgte Bérénice, während seine Gedanken sich überschlugen. Wenn der König es dem Baron überraschend kurzfristig untersagte, Geschäfte zu tätigen, wäre der geplante Verkauf gefährdet. Zumindest wenn Amédé de Troyenne sich an diese Verfügung hielt. Und es war abzusehen, wem der Bischof für einen geplatzten Verkauf die Schuld geben würde: ihm, Julien, auch wenn es nicht begründbar war. Es war bequem und deshalb naheliegend. Wäre der Verkauf jedoch abgeschlossen, würde Bérénice vielleicht im Anschluss daran die Verfügung anstrengen.
Unvermittelt blieb Bérénice stehen und drehte sich zu ihm um. »Was würdet Ihr mir raten?«
Julien rang nach einer Antwort, die zwischen Pflicht und Zuneigung verborgen lag.
»Seid ehrlich mit mir, ich bitte Euch inständig darum, seid ehrlich.«
»Meinem Gefühl nach würde ich Euch sofort dazu raten, eine Verfügung zu erwirken«, sagte Julien und war erleichtert, dass er diesen Satz ausgesprochen hatte.
»Danke«, flüsterte Bérénice und trat einen Schritt näher. »Aber Ihr habt noch mehr zu sagen, oder? Bitte, verschweigt mir nichts, ich schwöre Euch bei der Heiligen Jungfrau Maria, dass dieses Gespräch unter uns bleiben wird.«
»Ihr habt recht, das war erst der Anfang. Ich ahne schon jetzt, dass sich Herzog Johann und Bischof du Clergue nicht um eine königliche Verfügung scheren würden. Vielmehr würden sie mit aller Macht, und damit meine ich auch bessere Preise, Euren Gatten davon überzeugen, dass er mit seinen Ländereien machen kann, was er will.«
»Ihr meint, dass ein kleines Zerwürfnis mit dem König wegen eines Stück Landes den Herzog und den Bischof, die jahrelang auf der anderen Seite gestanden haben, nicht sonderlich erschüttern würde, richtig?«, fasste Bérénice zusammen und senkte den Kopf.
Julien hob den Arm, vielmehr hob sein Arm sich wie von selbst. Legten sich seine Finger unter ihr Kinn, schoben den hübschen Kopf wieder in die Höhe. »Verzeiht mir, ich wollte Euch nicht …«
»Ich weiß, du bist sehr mutig. Das warst du schon damals. Danke dafür …«, sie verstummte. Ihre Lippen zitterten.
Langsam neigte Julien den Kopf und sah, dass ihre Lippen sich sacht öffneten.
Saint Mourelles
W ütend ergriff Catheline einen Bund frischer Kräuter und begann, sie mit dem Messer zu zerhacken. Vater Jeunet hatte Mathis zur Tür geleitet, der nicht ein Wort mehr mit ihr gewechselt hatte.
Was sollte das mit Jola?, fragte sie sich. So gut kenne ich dich, mein Lieber. Es gibt einen Grund, dass du sie ins Spiel bringst. Das hast du noch nie getan …
Ein Klopfen ließ sie aufhorchen. Sie vernahm Vater Jeunets schlurfende Schritte und dann das atemlose Schluchzen.
Eve!
Es war Eve, die weinend vor der Tür stand.
Sofort ließ Catheline das Messer auf den Tisch fallen und lief in den Flur. Sie verharrte, als sie bemerkte, dass Mathis zurückgekehrt war und neben Eve stand.
»Ich habe ihn eben getroffen und gebeten mitzukommen«, sagte Eve und packte Mathis’ Arm. Die nächsten Worte wurden von einem schier endlosen Schluchzer verschluckt.
Hilflos blickte Vater Jeunet Mathis an, der die Schultern zuckte.
Catheline schob sich an Vater Jeunet vorbei. Legte ihre Hand auf Eves Schulter und führte sie in die Küche, setzte sie auf die Holzbank. »Eve, ist mit den Jungen alles in Ordnung?«, fragte sie und roch den bitteren Schweiß, der sich unter ihren Achseln bildete. Winzige Tröpfchen, die schlimmer stanken als jene handtellergroßen Flecken Feuchtigkeit, wie sie beim Arbeiten entstanden. Was machst du dir für Gedanken?, mahnte eine Stimme in Cathelines Kopf. Die Scham trieb den Schweiß noch schneller aus ihrer Haut. Die Arme an den Leib gepresst, versuchte sie sich zu erinnern, was sie Eve gefragt hatte.
Die nickte derweil und nahm ein herumliegendes Küchentuch,um sich die Nase zu schnäuzen. »Pierre und Marcel geht es gut, aber die beiden sind der Grund, weshalb ich hier bin.« Mathis lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme vor dem Brustkorb. »Was ist mit ihnen?«
»Ich weiß nicht, warum ich das getan habe … Ich weiß es nicht.« Eve hielt die Luft an und sah Vater Jeunet flehentlich an.
»Was auch immer dich belastet, hier«, er wies unbestimmt durch die Küche, »sind deine Sorgen
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