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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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Davids und Bathsebas, in einem Jahre erhielt, sechshundertsechsundsechzig Talente Gold betrug.« Kraftvoll ritzte der Pater die arabische Ziffernfolge 666 in einen der Kreise, legte den Kopf in den Nacken und rief: »Sechshundertsechsundsechzig Talente Gold, das fordern auch wir.«
    Den Teufel!, schrie es in Bérénice auf. Sie rufen den Teufel an, um Gold herzustellen. Die reine Alchemie scheint ihnen nicht mehr auszureichen. Ein Pater betreibt eine Teufelsbeschwörung bei uns auf dem Schloss. Kurz schloss sie die Augen, spürte ihren flachen, flatternden Atem. Du musst hier weg, schnell, rief eine Stimme in ihrem Kopf, doch sie blieb, wo sie war, und öffnete die Augen wieder.
    Hauptmann Bouchet hatte indessen im Kamin zwei Fackeln entzündet. Das heller werdende Licht enthüllte, dass auch die Wände bereits mit Kreisen, Kreuzen, Sternen und Ziffern versehenworden waren. Amédés Hinterkopf erschien in Bérénices Sichtfeld: Er durchschritt den Raum und kniete sich vor den Kamin, über dessen Flammen ein Topf aufgehängt worden war. Er ergriff eine kleine Schaufel und begann, den Topf mit glühenden Kohlen zu füllen, die er aus den Flammen hob.
    Pater Bertrand legte das Schwert auf einem Tisch ab und nahm ein Schälchen, das er Amédé hinhielt. »Hier, das ist Aimant, ein magnetisches Pulver. Das müssen wir zuerst in die Flammen werfen und dann eine Prise über die Kohlen streuen.«
    Bedächtig griff Amédé in das Schälchen und nahm eine Prise, die er, wie angewiesen, verstreute.
    »Mehr, nehmt mehr«, sagte der Pater und lächelte milde. »Wir wollen ja nicht am Geiz scheitern, oder?«
    Nochmals griff Amédé in das Schälchen und wiederholte die Prozedur.
    Der Pater brachte drei weitere Schälchen und stellte sie auf einem kleinen Silbertisch ab, den er neben Amédé platzierte. »Weihrauch, Aloe und Myrrhe, die Reihenfolge ist gleich«, sagte er. »Ihr solltet es ebenfalls streuen wie zuvor: erst in die Flammen und dann über die Kohlen.«
    Rechts und links neben der Feuerstelle bezogen der Pater und der Hauptmann Stellung, während Amédé die verschiedenen Pulver über das Feuer und die Kohlen gab.
    Bérénice vernahm einen Wohlgeruch, der aus den Flammen aufstieg. Einen Geruch, den sie Zeit ihres Lebens nicht vergessen würde. Sowohl der Pater als auch der Hauptmann gingen auf die Knie. Die Zeit schien sich zu dehnen.
    Worauf warteten die drei knienden und schweigenden Männer, die ins Feuer starrten? Hastig sah Bérénice sich um. Sie stand allein in einem zugigen Seitengang, und die Männer erwarteten anscheinend den Teufel persönlich. Die Kälte krochvon ihren Füßen immer weiter ihren Körper herauf. Langsam ließ sie den Vorhangstoff herabsinken.
    »Belial, Herr der Finsternis, erscheine uns«, hörte sie den Pater das Wort ergreifen. »Wir bitten dich, erscheine uns. Als Geschenk erwartet dich ein lebendiger Hahn, wenn du uns bei unserem Unterfangen hilfst, Metall in Gold zu verwandeln.«
    Bérénice spürte einen Druck auf dem Brustkorb, der ihr die Luft abschnürte. Atemlos tastete sie sich die Treppen hinab. Ihre Schuhe, wo hatte sie ihre Schuhe abgestellt? Sie durfte nicht darüber stolpern.
    »Dann lasst uns den Teufel Barron beschwören«, erklang die Stimme des Paters. »Er erschien mir letzthin, als ich ihn für Euch, Herr Baron, befragen sollte, ob Ihr das Anwesen an der Loire verkaufen sollt oder nicht. Das ist ein Teufel, der mit Vorliebe der Eitelkeit frönt. Er trug bei unserer letzten Begegnung einen Mantel aus schwarz schimmernder Seide, am Rand abgesetzt mit einem Pelz, den ich noch nie gesehen habe. Vielleicht erreichen wir bei ihm etwas.«
    »Gut, gut, dann lasst uns fortfahren«, sagte Amédé. Gierig klang er, aufgeregt und eigentümlich fremd. Bérénice bückte sich und ertastete ihre Schuhe. Packte sie und hastete die letzten Stufen hinab. Knickte um, rutschte mit der Hand die Wand entlang, in dem verzweifelten Versuch, Halt zu finden, riss sich die Haut in der Handinnenfläche auf, mehrere Fingernägel brachen. Entsetzt lauschte sie, doch nichts rührte sich. Sie atmete tief ein.
    Weg hier.
    In ihr Gemach, dessen Tür sie ab heute Nacht verbarrikadieren würde.

    Unruhig langte Julien sich an die Brust, umfasste den Riemen seiner Umhängetasche und versicherte sich, dass sie gut verschlossen war. Die von Amédé de Troyenne unterschriebenen Verträge zum Anwesen an der Loire schlummerten in ihr. Der Auftrag des Bischofs war erfüllt: Zu einem Schleuderpreis hatte das

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