Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
toten Mannes.«
»Es ist ärgerlich, dass du die Spange vergessen hast, und ich verstehe nicht, warum wir erst jetzt davon erfahren. Wie kommt es, dass nun eine Mantelspange auftaucht?«
Der Bauer geriet ins Schwitzen, an seinen Schläfen bildeten sich kleine Schweißperlen. Mitleiderregend sah er aus, wie er sich an seinem Treibstecken festhielt und versuchte, Amédé Rede und Antwort zu stehen.
»Die Frau des Tagelöhners, sie war außer sich über den Tod ihres Mannes. Sie befürchtete, die Spange könne von einer fremden Frau stammen. Es war ein unbeholfener Versuch, kein Geschwätz auf sich zu ziehen. Ihren verstorbenen Mann zu schützen, sein Andenken reinzuhalten.«
»Das kann ich verstehen«, sagte Bérénice, den garstigen Blick des Hauptmannes ignorierend, weil sie das Wort an sich gerissen hatte.
Amédé winkte dem Knappen zu, der am anderen Ende des Saals, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, auf Anweisungen wartete. »Geh bitte den Umhang der Baronin holen, und bringe meinen auch gleich mit«, befahl er dem Jungen.
Verwundert blickte Bérénice ihn an und begriff sein Vorhaben, als der Knappe die Umhänge auf den Tisch legte. Amédé wendete beide Umhänge, sodass die Mantelspangen gut sichtbar vor ihnen lagen. »Sahen die Spangen so aus?«, fragte er.
Das erste Mal, seit das Gespräch begonnen hatte, bewegte der Bauer sich. Trat näher an den Tisch und betrachtete die Spangen. »Ja, genau so«, antwortete er dann.
»Diese Spangen tragen Männer und Frauen, insofern hat die Frau des Tagelöhners nicht ganz unrecht gehabt mit ihren Befürchtungen«, entgegnete Amédé und gab dem Knappen ein Zeichen, die Umhänge wieder in die Gemächer zu bringen.
»Da hat mein Mann recht«, ergänzte Bérénice behutsam. »Erschwerend kommt hinzu, dass diese Verschlussspangen derzeit ausgesprochen beliebt sind. In ganz Frankreich werden sie getragen, vom Bürger bis zum Adeligen. Auch auf unserem Neujahrsempfang waren zahlreiche Gäste zugegen, die diese Mantelspangen trugen. Vielleicht hat sie irgendwer bei der An- oder Abreise verloren, und der Tagelöhner hat sie gefunden?«
Die Enttäuschung, die in diesem Moment den Bauern erfasste, berührte Bérénice. Einmal mehr gab es keine Antwort auf die Frage, was auf dem Schloss und in Saint Mourelles geschah.
Saint Mourelles
C atheline erkannte am Klopfen, dass es Mathis war. Stets trommelte er ein und denselben Rhythmus aufs Holz, eine Klangreihenfolge, die früher ihr Herz erwärmt hatte, jetzt jedoch dafür sorgte, dass es sich vor Schreck zusammenzog.
Kaum hatte sie die Tür geöffnet, sah sie an den hochgezogenen Schultern und den herabhängenden Mundwinkeln, dass Mathis verstimmt war. »Catheline, ist der Pfarrer zugegen?«, fragte er nur und sah an ihr vorbei ins Haus.
Sie schüttelte den Kopf, und sofort drehte sich Mathis um. »Ich komme dann morgen wieder«, murmelte er.
»Magst du nicht auf ihn warten? Er wollte nur kurz zu Ysa und dann wiederkommen.«
»Danke für das Angebot, aber ich möchte gern zu Hause sein, wenn die Dunkelheit hereinbricht.«
Mathis will hier weg, das ist offensichtlich. Die Dämmerung hat noch nicht einmal begonnen, und seine Hütte ist nur einen Steinwurf entfernt. Er muss doch wissen, dass er mich damit kränkt, dachte Catheline und versuchte dennoch, ihn aufzuhalten. »Soll ich was ausrichten?«, rief sie ihm hinterher.
Er blieb an der Pfarrmauer stehen und sah zu ihr herüber. »Erzähl ihm halt, dass die Mantelspange nicht weiterhilft. Sowohl Bürger als auch Adelige tragen sie, diese Dinger erfreuen sich großer Beliebtheit, wenn man zu viel Geld hat.«
»Das unterstreicht doch unsere Mutmaßungen, die wir schon im Hinblick auf die Stiefel hatten«, sagte Catheline, schlang die Arme um den Körper und lief zu Mathis, um nicht lauter reden zu müssen als nötig. »Der Täter muss wohlhabend sein.«
»Sicherlich. Aber bei der Mantelspange allein müsste man in Betracht ziehen, dass auch eine Frau als Täterin infragekäme. Diese Mantelverschlüsse werden von Männern und von Frauen getragen.«
Catheline runzelte die Stirn und sah Vater Jeunet den Weg entlangkommen. »Nun kannst du auch kurz warten und ihm selbst alles berichten. Willst du nicht doch noch mit hineinkommen?«
Erneut schüttelte Mathis den Kopf. Mit zusammengepressten Lippen wartete er, bis der Pfarrer sie erreichte. Ohne Umschweife fasste er die Erkenntnisse über die Mantelspange zusammen.
»Schade, es wäre auch zu schön gewesen«,
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