Sehnsucht der Unschuldigen
stimmen.«
»Was empfanden Sie dabei, Mr. Longstreet, als Ihre Frau Sie mit Ihren Kindern wegen eines zweitklassigen Gitarristen verließ?«
Jetzt erst zündete sich Dwayne umständlich seine Zigarette an. »Sie mußte wohl das tun, was sie für richtig hielt.«
»Sie sahen das Ganze also eher gelassen?«
»Ich habe nicht versucht, sie aufzuhalten, wenn Sie das meinen.«
»Im Scheidungsurteil wurden Ihnen emotionale Grausamkeit, Gewalttätigkeit und ein unstetes Wesen assistiert. Es hieß, Ihre Kinder müßten vor Ihrer Person geschützt werden. Empfanden Sie das als ungerecht?«
»Sissy war damals nicht gut auf mich zu sprechen. Ich kann auch nicht von mir behaupten, daß ich jederzeit einen guten Familienvater abgab.«
Jetzt platzte Tucker doch der Kragen. »Das mußt du dir nicht bieten lassen, Dwayne! Dieser Idiot hat kein Recht, dic h über eine längst vergangene Sache zu verhören!«
Burns neigte nur den Kopf. »Sehen Sie einen Grund, warum Ihr Bruder bekannte Tatsachen nicht bestätigen sollte?«
»Das nicht. Aber ich sehe auch keinen Grund, warum ich Sie nicht mit einem Tritt in Ihren dürren Arsch nach Washington befördern sollte!«
»Das Gespräch können wir bei Gelegenheit fortführen, Longstreet. Im Moment behindern Sie das FBI bei der Arbeit.
Bei der nächsten Störung können Sie dem Verhör von der Zelle aus beiwohnen.«
Tucker packte den Beamten an der Seidenkrawatte. »Ich werde Ihnen gleich zeigen, wie wir solche Sachen im Delta regeln!«
»Laß ihn doch!« rief Dwayne.
»Einen Dreck werde ich!«
»Ich habe gesagt, du läßt ihn in Ruhe! Ich habe nichts zu verbergen! Von mir aus kann mir der Scheißya nkee Löcher in den Bauch fragen. Ich will das Ganze endlich hinter mich bringen.«
Tucker ließ den Beamten widerstrebend los. »Wir werden das Gespräch bei Gelegenheit fortführen.«
Mit versteinerter Miene rückte Burns seine Krawatte gerade.
»Ich freue mich schon darauf.« Er blieb stehen und wandte sich der gigantischen Wandkarte mit den Fotos der Opfer, den Tatorten und Koordinatensystemen zu. Mit dem Finger tippte er auf das Foto einer lächelnden Blondine. »Mr. Longstreet, waren Sie mit Arnette Gantrey bekannt?«
»Natürlich. Wir sind zusammen in die Schule gegangen.«
»Und Francie Logan?« Burns’ Finger berührte das nächste Foto – eine Schwarzweißaufnahme der verstümmelten Wasserleiche.
Dwayne wandte den Blick ab. »Jeder kannte doch die Francie.
Sie ist ja hier aufgewachsen. Sie lebte eine Zeitlang mit ihrem Mann in Jackson. Nach der Scheidung kam sie wieder zurück.«
»Mit Edda Lou Hatinger waren Sie auch bekannt?«
»Ja. Und weil Sie’s mich sowieso gleich fragen werden: Darleen kannte ich auch.«
»Kannten Sie auch eine gewisse Barbara Kinsdale?«
Dwayne verzog seine Stirn in nachdenkliche Falten. »Nein, nie gehört.«
»Sind Sie sich dessen auch ganz sicher?« Burns nahm ein Foto von der Wand und legte es auf den Tisch. »Sehen Sie sich das Bild bitte genau an.«
Dwayne nahm die Aufnahme in Augenschein. Sie zeigte eine hübsche Brünette von etwa dreißig Jahren. »Nein, die habe ich noch nie gesehen.«
»Wirklich nicht?« Burns schlug seine Unterlagen auf.
»Barbara Kinsdale. Alter: einunddreißig Jahre. Größe: ein Meter zweiundsechzig. Gewicht: neunundvierzig Kilogramm.
Haarfarbe: braun. Erinnert Sie diese Beschreibung nicht an jemanden?«
»Nein, warum?«
»Sollte sie aber. Die Merkmale Ihrer Ex-Frau sind fast identisch. Mrs. Kinsdale war Kellnerin im Stars und Bars in Nashville. Die Bar befindet sich in der unmittelbaren Nachbarschaft der Wohnung Ihrer Ex-Frau. Emmett Cotrain, der Verlobte Ihrer Ex-Frau, tritt in derselben Bar als Gitarrist auf.
Eine interessante Häufung von Zufällen, finden Sie nicht auch?«
»Da haben Sie wohl recht.« Auf Dwaynes Stirn bildeten sich dicke Schweißperlen.
»Die Sache wird noch interessanter. Mrs. Kinsdale wurde im Mai in einem See außerhalb von Nashville gefunden. Sie war unbekleidet. Jemand hatte ihr die Kehle aufgeschlitzt und den Rest des Körpers verstümmelt.«
Burns schob ein anderes Foto über den Tisch. Es zeigte die tote Barbara Kinsdale. »Wo waren Sie am 22. Mai dieses Jahres, Mr. Longstreet?«
»Oh, mein Gott!« Dwayne kniff die Augen fest zu. Die Aufnahme zeigte die Tote so, wie die Polizisten sie ans Ufer gelegt hatten – gräßlich verstümmelt und am ganzen Körper grau.
»Muß ich Sie daran erinnern, daß Sie sich zwischen dem 21. und 23. Mai in Nashville
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