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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Ein paar Teile davon liegen noch herum.« Er ließ die Kamera sinken. Zorn loderte in seinen Augen auf. »Was zum Teufel hatte sie hier nur zu suchen?«
    »Das kann ich dir auch nicht verraten, Burke. Ich kapier selber viel zuwenig. Sie hat einen Schlag auf den Hinterkopf abbekommen.« Shays’ Finger glitten sanft über die Tote, als wäre sie eine Patientin, die es zu schonen galt. »Vielleicht hat er sie hierher verfrachtet. Vielleicht ist sie auch von selber gekommen und hat sich mit ihm gestritten.«
    Burke nickte stumm. Er, wie alle anderen in der Stadt wußte, mit wem Edda Lou sich gestritten hatte.
    Caroline lief auf der Veranda auf und ab. Einerseits hielt sie die Ungewißheit kaum noch aus, andererseits wurde ihre Angst vor dem Anblick im Schilf eher noch größer.
    Ein Sedan kroch die Auffahrt entlang. Ihm folgte ein Kombi mit getönten Fenstern. Der Untersuchungsrichter, sagte sie sich.
    Aus dem Kombi kletterten zwei Männer mit einer Bahre und einer großen schwarzen Plastikplane. Caroline wandte sich ab.
    Die Plane erinnerte sie mit brutalem Nachdruck an die Frau im Teich, die kein Mensch, keine Frau mehr war, sondern nur noch eine Leiche, die unter dem würdelosen Verpacktwerden nicht mehr leiden würde. Das Leiden blieb den Lebenden vorbehalten.
    Caroline fragte sich, ob und welche Hinterbliebenen nun wohl trauern und mit dem Schicksal hadern würden.
    Das Herz tat ihr weh, so sehr drängte es sie, Geige zu spielen.
    Mit der Leidenschaft ihrer Musik, das wußte sie, würde sie alles andere vertreiben. Diese Zuflucht stand ihr wenigstens immer offen, wenn ihr alle anderen Wege versperrt waren.
    Sie lehnte sich gegen einen Pfosten und spielte mit geschlossenen Augen im Geiste eine Melodie. Von den vollen, reichen Tönen in ihrem Kopf war sie derart durchdrungen, daß sie den nächsten Wagen gar nicht kommen hörte.
    »Hallo!« Josie knallte die Wagentür zu und lief gleich zur Veranda. Im Gehen schleckte sie ein Kirscheneis.
    »Hey!« rief sie und begrüßte Caroline, die erst jetzt aufsah, mit einem freundlichen, neugierigen Lächeln. »Hier geht’s ja zu wie auf dem Jahrmarkt!« Sie leckte genüßlich die letzten Reste Eis vom Stiel und fügte erklärend hinzu: »Ich hab die ganzen Wagen hier abbiegen sehen, und da wollte ich einfach wissen, ob hier was Besonderes los ist.«
    Caroline stierte sie verständnislos an. Das war schon komisch, ja obszön, daß jemand soviel Leben versprühte, wo doch der Tod über diesem Ort schwebte. »Ich verstehe nicht.«
    »Ist auch nicht so tragisch.« Immer noch lächelnd stieg Josie die Stufen hinauf. »Ich bin bloß furchtbar neugierig, das ist alles. Ich bin Josie Longstreet.« Sie streckte ihr ihre vom Eis klebrige Hand entgegen.
    »Caroline. Caroline Waverly.« Beim Händeschütteln schoß es Caroline in den Kopf, wie mechanisch man doch die Etikette befolgte. Wenn das nicht absurd war…
    Josie legte den Stiel auf das Geländer. »Gibt’s Ärger hier draußen, Caroline? Ich sehe Burkes Wagen. Aufregender Mann, was? Ist jetzt siebzehn Jahre verheiratet und hat seine Frau kein einziges Mal betrogen. Mir ist noch kein anderer untergekommen, der die Ehe so verdammt ernst nimmt. Aber so ist es nun mal. Ach, Doc Shays ist auch da! Ich erkenne seinen Wagen. Der Mann ist vielleicht ein Original! Hat Haare so schwarz wie Schuhwichse und knallt sie sich nach hinten wie die Rock’n Roll-Stars in den fünfzigern. Aber reden tut er mit einer richtigen Mickey-Mouse-Stimme, finden Sie nicht auch?«
    Caroline brachte fast ein Lächeln zustande. »Ja. Ach, es tut mir leid, setzen Sie sich doch bitte.«
    Josie zog eine Zigarette aus der Handtasche und zündete sie sich mit einem goldenen Feuerzeug an. »Machen Sie sich um mich mal keine Gedanken. Komisch, Sie haben lauter Besucher hier, aber ich sehe keine Menschenseele.«
    »Sie sind…« Caroline sah zu den Bäumen hinüber. Sie schluckte. »Da kommt der Sheriff.«
    Josie richtete sich fast unmerklich auf. Sie sche nkte Burke ein gewinnendes Lächeln, das erstarb, als sie plötzlich den Ausdruck in seinen Augen bemerkte. An ihrem fröhlichen Tonfall änderte sich jedoch nichts. »Also wirklich, Burke. Jetzt bin ich aber eifersüchtig. Bei uns auf Sweetwater läßt du dich kaum je blicken, und hier machst du gleich deine Aufwartung.«
    »Ich bin von Berufs wegen hier, Josie.«
    »Ach so?«
    »Miss Waverly. Ich muß Sie sprechen. Können wir hineingehen?«
    »Natürlich.«
    Josie ergriff seinen Arm. Ihre Miene war nun ganz

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