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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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wußte gar nicht, daß so etwas im Haus ist.«
    »Ach, Miss Edith hat jedes Jahr Unmengen eingemacht. Und hat damit in den letzten sechs Jahren immer den ersten Preis beim Volksfest gewonnen.« Mit diesen Worten öffnete Susie den Schrank und deutete auf zwei Regale voller Marmeladegläser. »Mit diesem Vorrat dürftest du auf Jahre hinaus eingedeckt sein.«
    So viele bunt beschriftete Gläser, und so liebevoll angeordnet!
    Das plötzliche Bewußtsein des Verlusts und die Scham schnürten Caroline die Kehle zu. »Ich konnte sie nicht sehr oft besuchen.«
    »Sie war sehr stolz auf dich. Immer hat sie von ihrer kleinen Caro erzählt, daß du in der ganzen Welt herumgekommen bist und sogar vor Präsidenten und Königen gespielt hast. Deine Postkarten hat sie alle aufgehoben und bei jeder Gelegenheit hergezeigt.«
    »Eine davon kam aus Paris«, schaltete Marvella sich ein. »Mit dem Eiffelturm vorne drauf. Miss Edith hat sie mir für ein Referat geliehen.«
    »Marvella hat nämlich zwei Jahre Französisch gelernt.«
    Susies Augen ruhten voller Stolz auf Marvella. Sie selbst hatte wegen des Kindes zwei Monate vor dem Abschluß die Schule verlassen müssen. Um so mehr entzückte es sie, daß ihre Tochter die Hochschulreife erlangt hatte. Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Honey, mußt du nicht in die Arbeit?«
    Marvella sprang auf. »O Gott, ich muß los!«
    »Marvella arbeitet in einer Anwaltskanzlei als Sekretärin.
    Wegen der Sache gestern haben sie ihr erlaubt, heute auszuschlafen. Nimm meinen Wagen, Liebling. Daddy wird mich schon abholen. Und halte unterwegs nicht an und nimm niemanden mit, hast du verstanden?«
    »Ich bin doch nicht dämlich.«
    »Das nicht. Aber du bist meine einzige Tochter. Und bitte ruf mich an, wenn du später heimkommst.«
    »Aber klar.«
    »Und sag Bobby Lee, daß es mit euren Rendezvous im Wagen vorbei ist. Wenn ihr zwei schon romantisch werden müßt, dann bitte daheim im Wohnzimmer.«
    Marvella lief dunkelrot an. »Mom…«
    »Wenn du’s ihm nicht sagst, muß ich es tun. Jetzt aber nichts wie los!« Sie stand auf und gab ihrer Tochter einen Abschiedskuß.
    »Jawohl, Ma’am.«
    »Kaum zu glauben, daß sie mir über den Kopf wächst«, schmunzelte Susie, nachdem die Tür ins Schloß gefallen war.
    »Ein entzückendes Mädchen.«
    »Ja, das ist sie. Aber auch ein unverbesserlicher Dickkopf, der genau weiß, was er will. Seit zwei Jahren ist sie ganz versessen auf Bobby Lee Füller. Und darum wird sie ihn wohl auch heiraten. Na ja, als ich mich damals in Burke verguckte, war die Hochzeit eigentlich auch schon besiegelt. Man sorgt sich halt, wenn sie so jung anfangen, aber bei uns war es ja auch nicht anders.« Sie sah stirnrunzelnd auf Carolines Teller hinunter.
    »Viel hast du ja nicht gegessen.«
    »Es tut mir leid.« Caroline zwang sich noch zu einem Bissen, dann legte sie resigniert die Gabel beiseite. »Ich kannte das Mädchen ja gar nicht, aber es ist alles so schrecklich… Vor Marvella wollte ich dir vorhin nicht so viele Fragen stellen, aber stimmt es denn, daß dieses Mädchen schon das dritte Opfer ist?«
    Susie nickte. »Im Februar hat es angefangen. Und alle drei wurden erstochen.«
    »Mein Gott!«
    »Burke spricht nicht viel darüber, aber ich weiß, daß es entsetzlich schlimm sein muß. Sie werden irgendwie verstümmelt.« Susie stand auf und machte sich daran, den Tisch abzuräumen. »Als Mutter – als Frau – habe ich Angst. Und ich sorge mich auch um Burke. Er nimmt sich das alles zu sehr zu Herzen, als ob es seine Schuld wäre. Er meint, er hätte das alles vielleicht verhindern können.«
    Caroline ließ heißes Wasser in die Spüle laufen. »Gibt es keine Verdächtigen?«
    »Wenn Burke etwas weiß, äußert er sich nicht darüber. Bei Arnette haben alle noch an einen Landstreicher geglaubt. In einer so kleinen Stadt mit acht-, neunhundert Einwohnern kann man sich schwer vorstellen, daß es einer von uns gewesen sein soll. Aber als dann auch Francie ermordet wurde, sind die Leute schon etwas vorsichtiger geworden. Dem eigenen Nachbarn hätte es trotzdem immer noch niemand zugetraut. Aber jetzt…«
    »Jetzt traut keiner mehr dem anderen, wie?«
    »Das stimmt.« Da Caroline das Geschirr spülte, fing Susie an, die sauberen Teller abzutrocknen. »Trotzdem halte ich es immer noch für das Wahrscheinlichste, daß ein Wahnsinniger draußen in den Sümpfen sein Unwesen treibt.«
    Carolines Blick wanderte zum Fenster hinaus zu den Bäumen, die ihr bedrohlich nah erschienen.

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