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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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es selbst kaum vernahm.
    Dann drückte er die Klinke vorsichtig herunter, öffnete die Tür und trat ein. Lautlos huschte er in die Richtung, aus der die Töne kamen, und trat in den Salon.
    Sie stand in der Mitte des Raums. Ihr Blick war auf das offene Fenster gerichtet, so daß er sie nur vom Profil sehen konnte. Ihre Augen waren geschlossen, und um ihre Lippen spielte ein Lächeln, das so schön und wehmütig war wie die Musik.
    Tucker spürte, daß diese Töne, diese Stimmung nur aus ihrem Herzen fließen konnten und sich so nie wiederholen lassen würden. Sie hingen in der Luft wie eine geflüsterte Frage.
    Er ließ die Hände in die Taschen gleiten, lehnte sich gegen den Türrahmen und ließ sich einfach mit den Klängen treiben.
    Es war für ihn eine völlig neue Erfahrung, bei einer Frau eine solch weihevolle Stille zu erleben, sich so hingezogen zu ihr zu fühlen und doch in keinem Moment an Sex zu denken.
    Irgendwann verhallte die Musik, und Stille senkte sich über den Raum. Tucker empfand das Ende fast wie körperlichen Entzug. Wäre er klug gewesen, er wäre lautlos zur Tür hinausgeschlüpft und hätte anschließend geklopft. Statt dessen gab er seinem ersten Impuls nach und klatschte.
    Sie fuhr zusammen. Angst trat jäh in die soeben noch verzauberten Augen, und als sie ihn erkannte, Verärgerung.
    »Was wollen Sie hier?«
    »Ich habe geklopft.« Er bedachte sie mit demselben lässigen Grinsen wie bei ihrer Begegnung am Teich. »Sie werden mich nicht gehört haben.«
    Caroline setzte die Geige ab, hielt jedoch den Bogen hoch in die Luft, als gelte es, einen Angriff abzuwehren. »Vielleicht wollte ich auch einfach nicht gestört werden.«
    »Kann schon sein. Aber die Musik hat mir so gut gefallen. Ich spiele ja auch ein bißchen Jazz, so aus Spaß an der Freude. Aber bei Ihnen… da hört man, daß Sie davon leben können.«
    »Was für ein faszinierendes Kompliment.« Sie legte ihr Instrument mitsamt Bogen beiseite.
    »Nur eine ehrlich gemeinte Feststellung. Ich mußte an ein Kleinod denken, das meiner Mutter gehörte, eine Perle in einem Bernsteinklumpen. Sie war wunderschön, aber sie machte mich immer unheimlich traurig, weil sie nie raus konnte. Daran haben Sie mich vorhin erinnert. Sagen Sie, spielen Sie immer so traurige Stücke?«
    »Ich spiele, was mir gefällt. Hatten Sie einen besonderen Grund, einfach so ungebeten in mein Haus zu spazieren, Mr.
    Longstreet?«
    »Nennen Sie mich ruhig Tucker«, entgegnete er grinsend.
    »Ich nenne Sie ja auch Caroline. Oder Caro. Für Miss Edith waren Sie ja immer die Caro. Das gefällt mir.«
    »Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
    »Bei uns schaut man gern aufs Geratewohl bei seinen Nachbarn vorbei. Aber zufälligerweise hatte ich einen besonderen Grund. Wollen Sie mir keinen Stuhl anbieten?«
    Sie warf den Kopf zurück. »Nein.«
    »Menschenskinder, Sie wissen gar nicht, wie gut Sie mir gefallen, wenn Sie die Spröde rauskehren. In der Hinsicht bin ich ein bißchen pervers.«
    »Und in anderer Hinsicht?«
    Tucker setzte sich schmunzelnd auf die Sofalehne. »Da müssen wir uns erst besser kennenlernen. Dann würden Sie auch rausfinden, daß ich recht locker bin. Aber ich habe gewisse Standards.«
    »Wie herrlich. Also, warum sind Sie gekommen?«
    »Ihre Art zu sprechen gefällt mir. So sanft und kalt wie Pfirsicheis. Pfirsicheis ist eine meiner Leidenschaften.«
    Caroline ertappte sich bei einem Lächeln. Hastig drückte sie die Lippen aufeinander. »Wenn Sie meinen, daß Ihre Leidenschaften mich interessieren, haben Sie sich getäuscht.
    Außerdem bin ich nicht in Stimmung, Gäste zu empfangen. Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe zwei anstrengende Tage hinter mir.«
    Er wurde wieder ernst. »Das mit Edda Lou muß schlimm für Sie gewesen sein.«
    »Für sie war es wohl schlimmer.«
    Tucker hielt es im Sitzen nicht mehr aus. Erregt lief er im Zimmer auf und ab. »Nach ein paar Tagen hier in der Gegend werden Sie ja schon einiges von dem Klatsch mitgekriegt haben.«
    Sie konnte sich eines Anflugs von Mitgefühl nicht erwehren.
    Sie wußte nur zu gut, wie unangenehm es sein konnte, wenn andere wild über einen spekulierten. »Wenn Sie sagen, der Klatsch hier ist so drückend wie die Luft, widerspreche ich Ihnen ausnahmsweise nicht.«
    »Ich kann Sie ja nicht daran hindern zu denken, was Sie wollen, aber vorher möchte ich wenigstens Stellung nehmen.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß meine Meinung für Sie

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