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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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stürmen und sie beide erschießen können.
    Aber er wollte, mußte Gewißheit haben, daß Tucker quälende Angst litt. Mehr als dreißig Jahre lang hatte er darauf gewartet, es den Longstreets heimzuzahlen. Jetzt war sein großer Tag gekommen.
    »Dir schieß ich die Eier weg, Tucker. Und den Schwanz auch, auf den du so stolz bist. Das ist die gerechte Strafe für einen Wüstling. Schwanzlos wirst du in der Hölle braten. So will es Gott. Hörst du mich, du verfluchter Heide?«
    Tucker stieß seine Flinte gegen Austins linkes Ohr. Er konnte nur hoffen, daß der Verrückte nicht merkte, wie sehr seine Hand zitterte. »Natürlich höre ich dich. Du brauchst gar nicht so zu schreien. Leg dein Gewehr weg, Austin, oder ich jage dir eine Kugel in den Kopf.«
    »Dich bringe ich um!« Austin versuchte den Kopf zu heben, doch Tucker stieß ihn nach unten.
    »Heute aber nicht. Jetzt wirf dein Gewehr weit weg. Und den Patronengürtel bitte nicht vergessen. Aber schön langsam! Ich weiß selber, daß ich kein guter Schütze bin, aber auf die Entfernung würde ich keine Fisimatenten riskieren.«
    Er atmete auf, als Austin ihm zögernd Folge leistete.
    »Caroline!« rief er ins Haus. »Ruf doch Burke an und sag ihm, er soll sich schleunigst hierher bemühen. Und dann brauchte ich ein Seil.«
    Der Patronengürtel fiel nun auf den Boden. Tucker stieß ihn mit dem Fuß beiseite. »Also, wie war das mit meinem Schwanz, Austin?«
    Zwei Minuten später näherte sich Caroline mit einer Wäscheleine. »Er ist schon unterwegs. Ich habe nur…« Der Anblick des auf dem Boden liegenden Mannes ließ sie jäh verstummen. Schweiß und zerlaufende Tarnfarbe entstellten sein zerfurchtes Gesicht. Obwohl Tucker über ihm stand und das Gewehr gegen seine Schläfe drückte, wirkte er plötzlich ängstlich und vergleichsweise verletzlich auf sie.
    »Da ist das Seil«, rief sie mit unnatürlich hoher Stimme.
    »Gut. Kannst du dich vielleicht hinter ihn stellen?«
    Caroline benetzte sich hastig die Lippen und beschrieb einen großen Bogen um den Muskelprotz. »Wie hast du… er ist doch so groß…«
    »Vor allem ist er ein Großmaul. Er hat so laut gezetert, daß er den Sünder hinter sich gar nicht gehört hat. Kannst du mit dem Ding umgehen?«
    »So ungefähr.«
    »So ungefähr ist gut. Stimmt doch, Austin, oder? Sie schießt dir garantiert was weg, wenn du dich zu hastig bewegst. Nichts ist gefährlicher als eine Frau mit geladenem Gewehr. So, drück es ihm einfach gegen den Kopf, während ich ihn hinten festbinde.« Er gab ihr die Flinte. Ihre Blicke begegneten sich.
    Unendliche Erleichterung lag darin. Für einen kurzen Moment waren sie enge Freunde.
    »So ist es gut. Aber nicht auf mich richten. Wenn er sich rührt, drückst du einfach ab. Aber mach die Augen zu, denn sein Kopf sieht dann ziemlich übel aus.«
    Mit einem Augenzwinkern gab er ihr zu verstehen, daß die Drohung nur für Austins Ohren bestimmt war. Sie ging auf das Spiel ein: »Alles klar. Das Dumme ist nur, mir zittern die Hände so. Hoffentlich drücke ich nicht aus Versehen ab.«
    »Tu, was du kannst, Caro. Keiner wird dir was anhängen.«
    Grinsend knüpfte Tucker Austin die Hände und Füße fest. »Ich finde es nicht nett von dir, daß du die schönen Fenster zerschossen hast. Und Miss Ediths Couch hast du auch kaputtgemacht. Wo sie sie doch so gemocht hat…«
    Tucker richtete sich auf und ließ sich die Flinte zurückgeben.
    »So, mein Schatz, ich denke, ein Bier habe ich mir jetzt redlich verdient.«
    Sie hätte am liebsten wie eine Irre losgekichert. »Ich habe aber kein… Bier im Haus. Aber geht Wein zur Not auch? Ich habe einen Chardonnay.«
    »Aber klar… Hauptsache, es fließt die Kehle runter.«
    Caroline lief zur Veranda hinauf. Oben drehte sie sich noch einmal um. Tucker hatte eine Zigarette aus der Tasche gezogen und brach gerade die Spitze ab. »Warum tust du das?«
    »Hmmm?« Er blinzelte sie verständnislos an.
    »Daß du die Spitze abbrichst.«
    Er sog den Rauch genüßlich ein. »Ach, ich versuche aufzuhören. So rauche ich immer weniger. In zwei Wochen rauche ich nur noch halbe Zigaretten und irgendwann gar nicht mehr. Gibst du den Chardonney auch in ein schönes großes Glas?« Er schenkte ihr sein charmantestes Lächeln. Sein Gesicht war noch immer kreidebleich.
    »Klar.« Sirenenheulen kam näher. Sie stieß einen wenn auch zittrigen Seufzer aus. Noch stand sie nahe genug bei Tucker, um zu hören, daß er nicht minder erleichtert aufatmete. »Das

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