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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Mr.
    Longstreet?«
    »Das verdanke ich Edda Lous Vater. Von ihm erfuhr ich auch, daß sie verschollen war. Erst wollte er mir nicht glauben, daß ich sie nicht bei mir versteckt hielt, und dann meinte er, ich hätte sie in eine Abtreibungsklinik gefahren.
    »Haben Sie denn mit der Verstorbenen über Abtreibung gesprochen?«
    »Sie verstarb, ehe wir das Thema anschneiden konnten.«
    Tucker stand auf. »Mehr habe ich nicht zu sagen. Wenn Sie noch Fragen haben, können Sie ja nach Sweetwater kommen.
    Tschüs, Burke.«
    Burke wartete, bis die Tür ins Schloß fiel. »Agent Burns, ich bin mit Tucker zusammen praktisch aufgewachsen und kann Ihnen versichern, daß er Edda Lou nie hätte töten können, egal, wie wütend er war.«
    Burns schaltete den Kassettenrecorder aus. »Ist es nicht ein Glück, daß wenigstens ich ein objektives Auge habe? Jetzt ist es wohl an der Zeit für einen Besuch in der Leichenhalle, Sheriff.
    Der Gerichtsmediziner dürfte ja inzwischen eingetroffen sein.«
    Tucker verstand die Welt nicht mehr. Niemandem hatte er etwas getan. Stets hatte er sich nur um seinen eigenen Kram gekümmert – und was brachte es ihm ein? Rippenprellungen, ein geschwollenes Auge und neuerdings auch noch einen Mordverdacht.
    Mit achtzig Sachen raste er am Ortsschild von Innocence vorbei.
    Schuld an dem ganzen Schlamassel waren ja ohnehin nur die Frauen. Wenn Edda Lou ihn nicht bei jedem Einkauf in Larssons Laden wie rein zufällig gestreift hätte, wäre er nie mit ihr ausgegangen. Wenn Delia ihn an jenem Tag nicht zum Einkaufen in die Stadt geschickt hätte, hätte sich Edda Lou nicht auf ihn stürzen können. Und wenn diese Waverly nicht ins Schilf gegangen wäre, hätte ihn auch niemand verdächtig wütend dreinblicken sehen können.
    Ja, hätte er vor Freude in die Luft springen sollen?
    So sehr ihn Edda Lou auch angekotzt hatte, den Tod hatte sie doch nicht verdient. Andererseits sah er überhaupt nicht ein, warum er das alles ausbaden sollte. Dieser Scheiß yankee hatte ihn mit Fragen bombardiert und ihn dazu angeglotzt, als wäre er ein Schwerverbrecher. Und immer von oben herab. Was bildete sich dieser Schnösel denn eigentlich ein?
    Caroline Waverly hatte genau denselben Blick aufgesetzt.
    Wahrscheinlich war sie händereibend zu ihrem Landsmann gelaufen und hatte ihm brühwarm von ihrem Verdacht gegen den Südstaatler erzählt!
    Knapp hinter dem Weg zum Haus der McNairs sprang Tucker auf die Bremse, riß das Lenkrad herum, daß die Reifen quietschten, und brauste nach einem halsbrecherischen Wendemanöver den Kiesweg hinunter. Die gnädige Frau wollte er persönlich zur Rede stellen.
    Der Laster hinter ihm war Tucker nicht aufgefallen. Austins blaugeschlagene Augen dagegen verengten sich beim Anblick des roten Flitzers zu Schlitzen. Grinsend bog er nun ebenfalls in die Auffahrt ein. Sein Karabiner lag griffbereit auf dem Sitz neben ihm. Er vergewisserte sich, daß er geladen war, setzte einen Tarnhut auf und stieg aus.
    Die Jagd zu Ehren Gottes konnte beginnen.
    Caroline hatte nichts gegen das Alleinsein. Auch konnte sie sich nicht vorstellen, daß jemand in ihr Haus einsteigen und sie im Schlaf ermorden könnte. Sie war doch eine Fremde hier, und da konnte ihr keiner Böses wünschen. Den Revolver hatte sie längst wieder in den Schrank gelegt. Und dort sollte er auch bleiben.
    Wenn sie sich eine Freude machen wollte, dann mit der Geige. Seit ihrer Ankunft hier hatte sie sie gerade einmal gestimmt. Sie nahm das Instrument aus dem Koffer und strich über das edle Holz. Üben hatte sie nicht mehr nötig, sagte sie sich. Nein, es war einfach der Drang in ihr, nur für sich selbst zu spielen.
    Mit geschlossenen Augen legte sie das Instrument auf ihre Schulter, und klemmte es automatisch mit dem Kinn fest. Es war wie bei einer Frau, die ihren Geliebten empfängt.
    Sie entschied sich für Chopin wegen seiner Heiterkeit, die nie ganz frei war von Melancholie.
    Wie immer durchdrang sie die Musik ganz und gar.
    Sie dachte nicht mehr an Tod oder Angst. Luis, der sie betrogen hatte, und ihre Familie, die sie wohl verloren hatte, waren weit weg. Sie dachte auch nicht über die Musik nach – sie fühlte sie in sich.
    Carolines Chopin hörte sich an wie Tränen. So empfand es Tucker beim Betreten der Veranda. Keine heißen Tränen der Leidenschaft, sondern langsame, schmerzende. Solche, die aus der Seele bluten. Die Töne rührten an sein Herz, krochen ihm gleich Schauern über die Haut.
    Er klopfte, aber so sachte, daß er

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