Sehnsucht der Unschuldigen
erledige hier alle Arten von Handwerksarbeiten.«
»Freut mich, Mr. March.«
Nach kurzem Zögern ergriff er die ausgestreckte Hand. »Ach nennen Sie mich einfach Toby. Das tun hier alle.«
»Schön, Toby. Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie so schnell kommen konnten.«
»Ich bin dankbar für jeden Job. Wenn Sie mir einen Besen bringen, räume ich die Scherben weg.«
»Schön. Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
»Machen Sie sich meinetwegen keine Umstände.«
»Wo denken Sie hin? Ich wollte sowieso einen machen.«
»Dann hätte ich natürlich nichts gegen ein Täßchen.«
»Ich bringe ihn gleich raus. Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment.« Das Telefon schrillte.
Caroline eilte in den Gang. »Hallo?«
»Guten Morgen. Na, du führst aber ein aufregendes Leben.«
»Susie! Hat denn jemand behauptet, Kleinstädte seien langweilig?«
»Bestimmt keiner, der aus einer kommt. Burke hat mir alles erzählt. Ich wollte ja zu dir fahren, aber die Jungen lassen einem keine ruhige Minute! Wie geht’s dir jetzt?«
»Wenn man mal von einem Kater, strapazierten Nerven und sexuellem Frust absieht… nur ein kleines bißchen durcheinander.«
»Wer könnte es dir verdenken? Was anderes. Hast du Lust, zu unserem Barbecue zu kommen? Da kannst du im Schatten sitzen, plaudern, essen, bis du dich nicht mehr rühren kannst und einfach den ganzen Ärger vergessen.«
»Das klingt ja großartig!«
»Also bis fünf. Unser Haus ist das letzte am Marktplatz. Das gelbe mit den weißen Fensterläden. Wenn du uns nicht findest, dann folge einfach dem Geruch von Gegrilltem.«
»Prima. Um fünf bin ich da. Vielen Dank, Susie.«
Caroline legte auf und eilte in die Küche zurück. Bald mischten sich die Düfte von frischem Kaffee, getoastetem Brot und Himbeermarmelade. Draußen klopfte ein Buntspecht gegen einen Baumstamm, und auf der Veranda sang Toby mit vollem, warm klingenden Bariton einen Gospel Song über die Suche nach Frieden.
Caroline stellte plötzlich fest, daß ihre Kopfschmerzen wie weggeblasen waren. Es war doch schön, zu Hause zu sein.
In nicht allzu großer Entfernung lag jemand in durchgeschwitzten Laken und stöhnte im Schlaf. Träume strömten wie ein tiefer, dunkler Fluß durch das Unterbewußtsein. Träume von Sex, Blut und Macht, die meistens schnell in Vergessenheit gerieten, jedoch beim Aufwachen noch einmal gleich Schmetterlingen mit rasierklingenscharfen Flügeln durch die Hirnwindungen taumelten und brennende Wunden hinterließen.
Frauen. Immer ging es um Frauen. Diese brutalen Schlampen mit ihrem widerwärtigen Gegrinse. Und trotzdem ließ sich die Gier nach ihnen nicht leugnen! Die Sehnsucht nach ihrer sanften Haut, ihrem dezenten Geruch, der Hitze, die von ihnen ausströmte. Wie gräßlich! Tage-, wochen-, ja monatelang ging es ohne sie. Während dieser Zeit fielen Freundlichkeit, Wärme und Respekt nicht schwer. Doch dann stellte eine wieder etwas an. Und das schrie nach Bestrafung!
Damit gingen die Schmerzen von vorne los. Die Gier wuchs, und nichts außer Blut konnte sie stillen. Aber trotz aller Schmerzen und sogar allen Hungers ging die Hinterlist nicht verloren. Das Wissen, daß, egal wie intensiv auch gesucht wurde, niemand dem Geheimnis auf die Spur kommen würde, verschuf stets aufs neue wilde Triumphgefühle.
Der Wahnsinn wirkte fort in Innocence, doch er wußte sich geschickt zu verbergen. Während der Sommer immer heißer wurde, schwärte er fort in der Seele, die ihn wider Willen beherbergte. Und grinste.
8
Der Lärm von nebenan drang durch das Schlafzimmerfenster an Darleen Füller Talbots Ohren und brachte sie in Wallung.
Lud diese hochnäsige Susie Truesdale doch glatt ihre Nachbarin nicht zum Barbecue ein! Eine einzige Unverschämtheit! Dabei hätte Darleen etwas Abwechslung dringend nötig gehabt.
Okay, Susie traf sich nie mit Darleen. Die Longstreets, die Shays’ und selbst die arroganten Cunninghams waren ihr anscheinend lieber. Die hatten es gerade nötig! Wußte sie doch, daß der ach so tolle John Cunningham seine schnippische Alte mit Josie Longstreet betrogen hatte.
Und anscheinend hatte Susie ganz vergessen, daß sie heiraten hatte müssen. Ihr Bauch war schon ganz dick gewesen, aber sie war als Kellnerin im Chat ‘N Chew noch hin und her geflitzt. Na gut, Burke Truesdale stammte aus einem reichen Haus, aber sein Daddy hatte alles verloren und sich aufgehängt und außer haufenweise Schulden nichts hinterlassen.
Weder die Truesdales noch die Longstreets waren
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