Sehnsucht der Unschuldigen
Organisation. Die Küchentür ging in einem fort auf und zu, aber keiner stand dem anderen im Weg. Nur der Jüngste, Sam, half nicht, sondern zeigte Tucker stolz seine Karten mit den berühmtesten Baseballspielern. Die beiden fläzten sich auf dem Rasen und alberten herum.
Der FBI-Mann hatte sich neben Caroline gesetzt und langweilte sie mit Fachsimpeleien über das letzte Promenadenkonzert. Sie hörte nur mit halbem Ohr hin, nickte hin und wieder, murmelte ihre Zustimmung und ließ ihren Blick schweifen. Die anderen Gäste waren weitaus interessanter als Burns’ Geschwätz.
Unmittelbar vor ihr klatschten die Inhaberin des Schönheitssalons, Crystal irgendwas – den Nachnamen hatte sie vergessen – und Birdie Shays über die allerneuesten Affären.
Im Schatten der mächtigen Eiche hatte sich eine Traube um den inzwischen ebenfalls eingetroffenen Gerichtsmediziner gebildet, einen hageren, dunkelhaarigen Burschen, über dessen flapsige Bemerkungen vor allem die jüngeren Damen ein ums andere Mal in Kichern ausbrachen. Caroline verstand nicht so recht, wie einer Tag für Tag Autopsien durchführen und trotzdem Witze reißen konnte.
Josie hatte sich auf eine Schaukel gesetzt und flirtete mit ihm und allen anderen Männern in ihrer Reichweite. Etwas abseits auf der Terrasse saßen Dwayne Longstreet und Doc Shays und nippten an ihrem Bier. Noch weiter hinten tauschten Marvella Truesdale und Bobby Lee Füller verliebte Blicke aus.
Eine Vielzahl von Gerüchen stieg Caroline in die Nase – das Bier, das saftige Fleisch, die von der Nachmittagssonne angestrahlten Blumen. Eins von den Kindern hatte eine neue Kassette in den Ghettoblaster geschoben, und ein bittersüßer, langsamer Blues von Herzensweh erhob sich über die anderen Geräusche. Caroline kannte zwar Bonnie Raite nicht, aber sie wußte, was gute Musik war.
Sie wollte den Blues hören. Sie wollte Sam lachen und kreischen hören, denn inzwischen lieferten er und Tucker sich einen fröhlichen Ringkampf. Sie wollte den Klatsch der Frauen hören.
Sie wollte zur Musik tanzen, durch den rauchverhangenen Dunst vor dem Grill lugen und Burke und Susie beim Küssen zusehen. Die zwei wirkten noch genauso wie Teenager, die sich heimlich Augenblicke der Liebe ergattern. Sie wollte empfinden, was Marvella empfand. Bobby Lee hatte sie gerade bei der Hand genommen und zog sie durch die Küchentür.
An all dem wollte sie teilhaben, anstatt eine Tirade über Rachmaninow über sich ergehen lassen zu müssen.
»Wenn Sie mich bitte entschuldigen, Matthew…«, murmelte Caroline mit einem zerstreuten Lächeln. »Ich glaube, Susie braucht meine Hilfe.«
Während Sam Tuckers Rücken mit den Fäusten bearbeitete, hatte Tucker nur Augen für Carolines Beine, die unter den weißen Shorts vorzüglich zur Geltung kamen. Seufzend schüttelte er Sam ab und stand auf.
»Mann, du hast mich ganz schön aufgearbeitet. Jetzt hab ich ein Bier dringend nötig.«
Caroline blieb vor dem Grill stehen. »Riecht ja großartig, Burke.«
»Fünf Minuten noch, dann können wir zuschlagen.«
»Immer diese leeren Versprechungen«, lachte Susie. »Was möchtest du trinken, Caroline?«
»Im Moment nichts, danke. Braucht ihr noch Hilfe?«
»Honey, wozu, meinst du, habe ich vier Kinder? Setz dich einfach hin und laß dich verwöhnen.«
»Ich, ähh…« Sie warf einen ängstlichen Blick auf Burns, der gerade ein Glas Chardonnay an den Mund führte und nicht im entferntesten daran dachte, mit anderen Leuten das Gespräch zu suchen.
»Ach so.« Susie war ihrem Blick gefolgt. »Zu tun gibt es genug. Kannst du vielleicht die Essiggurken holen? Sie sind im Hängeschrank neben dem Kühlschrank.«
Caroline zog dankbar los. Auf der Terrasse tippte Doc Shays freundlich an seinen Hut. Dwayne, der schon einen sitzen hatte, bedachte sie mit einem liebenswürdigen, doch etwas geistesabwesenden Lächeln.
Caroline lief weiter in die Küche und prallte zurück. Vor dem Kühlschrank standen Bobby Lee und Marvella in einer innigen Umarmung vereint. Beim Knallen der Tür sprangen sie jäh auseinander. Marvella lief knallrot an und nestelte an ihrer Bluse herum. Bobby Lee brachte ein halb stolzes, halb belämmertes Lächeln zuwege.
»Es tut mir schrecklich leid…« setzte Caroline an. Sie wußte nicht, wer von den dreien am verlegensten war. »Ich wollte nur etwas für Susie holen, aber ich kann ja später noch mal kommen.« Sie wich zurück zur Tür, die in diesem Moment von Tucker aufgerissen wurde.
»Du
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