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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gegeben. Da war die Familie frisch gewaschen und im Sonntagsstaat gesammelt in die Kirche marschiert, wo sie in der vordersten Bank ihre Sitze hatte. Nach dem Gottesdienst hatte man sich mit Bekannten über die Predigt unterhalten, Nachrichten über die Ernte und den neuesten Klatsch ausgetauscht und Neugeborene bewundert. Wer fortgezogen war und bei seinen Eltern auf Besuch weilte, war stolz herumgezeigt worden, während die Heranwachsenden, allen voran Tucker, die Gelegenheit zu einem Flirt genützt hatten.
    Rechtzeitig zum Mittagessen waren sie alle heimgefahren: glasierter Schinken, Süßkartoffeln, selbstgebackene Biskuits, in Bratenfett schwimmende grüne Bohnen und hin und wieder Pekannußkuchen. Und stets hatte seine Mutter für frische Blumen auf dem Tisch gesorgt.
    Ihr zuliebe hatte sein Vater an Sonntagen auf Alkohol verzichtet – vor Sonnenuntergang zumindest. Darum nahmen sich diese langen Sonntagnachmittage in Tuckers Erinnerung auch so friedlich, so verträumt aus. Vielleicht erklärte er im Nachhinein vieles – jedenfalls war es dann eine tröstliche Illusion.
    Ein Teil Tuckers sehnte sich nach diesen vergangenen Zeiten.
    Andererseits sprach aber auch wirklich nichts gegen das Dösen in einem stillen Haus, wenn drinnen nur der Ventilator surrte, draußen die Vögel friedlich zwitscherten und man selbst sich in dem schönen Gefühl wiegen konnte, daß absolut nichts zu erledigen anstand.
    Ein vorfahrender Wagen störte Tucker jedoch in seiner Ruhe.
    Ärgerlich wälzte er sich auf die andere Seite, was vergessen geglaubte Schmerzen auslöste, und hoffte, der Störenfried werde sich wieder verziehen.
    Vergeblich. Als jemand wiederholt unten an der Haustür klopfte, schlug er ein Auge auf. Sonnenstrahlen blendeten ihn.
    Er überlegte kurz, ob er sich taub stellen sollte, aber da Josie im anderen Flügel des Hauses schlief und Dwayne nach dem Rausch von gestern wohl noch nicht ansprechbar war, mußte wohl oder übel er den Besucher empfangen.
    »Ich will schlafen!« rief er und zog das Kissen über beide Ohren.
    Das Klopfen hörte auf. Tucker wollte sich schon zu seinem Erfolg beglückwünschen, da vernahm er Burkes Stimme unter seinem Fenster.
    »Tucker, gib deinen müden Knochen mal einen Ruck! Ich muß mit dir sprechen. Es ist wichtig, hörst du?«
    »Alles ist immer wichtig«, brummte Tucker und kletterte aus dem Bett. Ein stechender Schmerz schoß ihm in die Schulter.
    Nackt wie er war, trat er auf die Loggia.
    »Ja, um Gottes Willen!« Burke drückte eine Zigarette aus und musterte nachdenklich Tuckers Körper, der immer noch aussah wie die Handpalette eines Malers. Vorherrschend waren die Farben Schwarz, Blau, Grün und Gelb. »Mann, der hat dich ja ganz schön zugerichtet.«
    »Hast du mich deswegen geweckt, um mir diese aufregende Neuigkeit mitzuteilen?«
    »Komm raus, dann verrate ich dir den Grund. Aber zieh dir vorher was an, sonst buchte ich dich wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses ein.«
    »Leck mich am Arsch, Sheriff.« Tucker stolperte in sein Zimmer zurück und stieg nach einem wehmütigen Blick auf das zerwühlte Bett in eine dünne Baumwollhose. Dazu setzte er noch eine Sonnenbrille auf, mehr Kleidung erachtete er nicht für nötig.
    Da er an diesem Morgen alles andere als gut auf Burke zu sprechen war, machte er noch einen Umweg auf die Toilette.
    »Noch nicht einmal einen Kaffee darf ich trinken!« schimpfte er beim Betreten der Veranda.
    Burke hatte es sich auf dem Schaukelstuhl bequem gemacht.
    Den frisch polierten Schuhen nach zu urteilen, war er direkt vom Gottesdienst gekommen.
    »Tut mir leid, daß ich dich so früh aus den Federn reiße. Ist ja erst Mittag.«
    »Gib mir wenigstens eine Zigarette.«
    Burke war so freundlich und wartete, bis Tucker sein Ritual hinter sich gebracht hatte. »Und du glaubst wirklich, du gewöhnst dir das Rauchen ab, wenn du die Spitzen abschneidest?«
    »Langfristig schon.« Tucker sog den Rauch ein und stieß ihn langsam wieder aus. Nach dem zweiten Zug fühlte er sich geringfügig besser und setzte sich nun ebenfalls. »Also, was führt dich zu nachtschlafender Zeit hierher?«
    »Ich habe mich heute morgen mit Doktor Rubinstein unterhalten. Er saß beim Frühstück im Chat ‘N Chew und hat mich reingewunken. Er wollte mich über ein paar Sachen aufklären. Vor allem wollte er wohl Burns eins auswischen. Den Kerl kann er genausowenig ausstehen wie ich. Inzwischen hat er mein Büro total in Beschlag genommen, der Burns, meine ich.
    Kann

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