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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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etwas anderes anfangen konnte, als den Pulsschlag einer Frau zu beschleunigen.
    Als er mit den anderen Tüten kam, versuchte Caroline gerade, dem sich windenden Useless das neue Halsband anzulegen.
    Tucker stellte alles ab und setzte sich neben sie. Sogleich beschnüffelte der Welpe seine Hand. Tucker liebkoste ihn an einer bestimmten Stelle zwischen den Hinterbeinen, worauf er rhythmisch mit dem Hinterfuß auf den Boden pochte. »Du bist mir der Richtige. Solche Hunde mag ich. Wie heißt er überhaupt?«
    »Useless«, brummelte Caroline. Sie beäugte mißtrauisch, wie der Hund,
ihr
Hund, es sich auf Tuckers Schoß bequem machte.
    »Er soll mir einen Wachhund abgeben.«
    »Einen Wachhund? Dann zeig mir mal deine Zähne, Kleiner.«
    Gehorsam nuckelte der Welpe an seinem Daumen. »Die werden ihm bestimmt bald wachsen. Und in zwei Monaten reicht er dir bis an die Knie.«
    »In zwei Monaten bin ich in Europa. Vielleicht reise ich sogar früher ab. Kann sein, daß ich nach Washington zum Proben muß.«
    »Du
mußt
proben?«
    »Dort habe ich eben einen Auftritt. Aber für Useless werde ich schon eine gute Unterkunft finden.«
    Tucker sah zu ihr auf. Seine goldenen Augen nahmen einen leicht strengen Ausdruck an. Hin und wieder setzte er diesen Blick auf. Caroline meinte dann immer, er durchschaue ihre Maske und lege sie bloß bis zu ihrem wahren Kern. Mit leiser Stimme sagte er: »Wenn man will, kann man einen Hund wahrscheinlich auf Tourneen mitnehmen. In deinem Geschäft bist du ziemlich bekannt, was?«
    Zu ihrem Ärger hielt sie seinem Blick nicht stand. Sie mußte sich abwenden, denn noch verbarg sie einiges vor sich selbst.
    »Tourneen sind eine heikle Angelegenheit«, erwiderte sie und wollte es dabei bewenden lassen.
    Das ließ er jedoch nicht zu.
    »Macht es dir Spaß?«
    »Es gehört zu meinem Beruf.« Caroline griff nach dem Hund, der von Tuckers Schoß kletterte und sich auf Erkundungstour begeben wollte. »Sonst läuft er noch weg.«
    »Ach, er will nur die Umgebung beschnüffeln. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet, Caroline. Macht es Spaß?«
    »Darum geht es ja überhaupt nicht. Wer Konzerte gibt, muß eben reisen.« Von Flughafen zu Flughafen, dachte sie für sich.
    Von Stadt zu Stadt. Von Hotel zu Hotel. Von Probe zu Probe.
    Sie spürte einen Druck in der Magengegend – ein Warnzeichen.
    Es hieß loslassen, wenn sie nicht wieder ein Geschwür bekommen wollte. Daß Kopfschmerzen im Anzug waren, spürte sie bereits seit einiger Zeit.
    Tucker, der selbst so gut wie nie unter Anspannung stand, erkannte Carolines Symptome sofort. Ganz beiläufig massierte er ihr den Nacken. »Ich habe noch nie verstehen können, wieso andere immer das tun, was sie eigentlich gar nicht wollen.«
    »Ich habe nicht gesagt…«
    »Eben. Du hast nicht gesagt: ›Mensch, Tuck! Es gibt nichts Schö neres! Nach London jetten, in Paris Zwischenstop machen, kurz mal in Venedig oder Wien vorbeischauen…‹. Die Gegenden wollte ich mir ja schon immer ansehen. Du warst dort, aber übermäßig begeistert hörst du dich nicht gerade an.«
    Was habe ich denn schon gesehen? fragte sie sich. Was habe ich denn erlebt zwischen Interviews, Proben, Auftritten und dem nächsten Flug?
    »Es gibt auf dieser Welt auch Menschen, die Spaß nicht zu ihrem einzigen Lebenszweck erheben.« Sie erkannte die eigene Stimme, zuckte aber entsetzt zusammen, denn sie klang so überheblich.
    Tucker zündete sich eine Zigarette an. »Wenn das kein Jammer ist… Schau dir nur diesen Hund da an. Er schnüffelt herum und ist glücklich wie ein Frosch, der den Bauch voller Fliegen hat. Er hebt an allen Ecken das Beinchen und sprengt den Rasen, spielt mit allem, was ihm in die Quere kommt, und wenn er Lust hat, macht er ein Nickerchen. Hunde wissen eben, wie man das Leben genießt.«
    Caroline verkniff sich ein Lächeln. »Sag mir bitte Bescheid, wenn du das Bedürfnis verspürst, meinen Rasen zu sprengen.«
    Tucker ging nicht darauf ein. Mit einem ernsten Blick betrachtete er die glühende Zigarettenspitze. »Ich habe mich bei Doc Shays wegen der Tabletten erkundigt, die du mir neulich gegeben hast. Er hat gesagt, sie sind so ziemlich das stärkste Mittel auf dem Markt. Da habe ich mich gefragt, warum du so etwas brauchst.«
    Sie erstarrte. »Und was geht das dich an?«
    Er legte eine Hand auf ihre Wange. »Caroline, mir liegt sehr viel an dir.«
    Sie war sich dessen bewußt – nicht minder als er –, daß er das Dutzende von Male zuvor auch schon gesagt hatte.

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