SehnSucht - Erotischer Roman: Erotischer Roman (German Edition)
Lieblingsplatz in New Orleans?«, fragte Leander, sobald sie im Taxi saßen.
In der Stadt gab es einige Orte, die sie sehr gern mochte. Die meisten von ihnen kamen für einen Besuch jedoch nicht in Frage, da sie Erinnerungen wecken würden, welche sie zum einen gerade nicht gebrauchen konnte und zum anderen nicht mit Leander teilen wollte. Sie besann sich an einen Platz am Mississippi River und an frühe Morgenstunden nach einigen Semesterpartys.
»Der Woldenberg Park am Mississippi«, entgegnete sie. »Tagsüber mochte ich ihn nie, aber nachts ist es dort herrlich.«
»Na dann ...« Leander schickte Muriel ein halbes Lächeln, das spöttisch ausgesehen hätte, hätte sie nicht gewusst, wie er tatsächlichen Spott ausdrückte. »Auf zum Mississippi. Ich hätte gern einen Kaffee. Wo bekommen wir den jetzt noch?«
»Da ist ein Starbucks in der Canal Street. Dort hält das Taxi ohnehin.«
***
Drei Stunden später plumpste Muriel seltsam beseelt auf ihr Bett und lächelte die Zimmerdecke an. Leander und sie hatten auf einer Parkbank gesessen und Kaffee aus Pappbechern getrunken. Wie für den Nordstaatler bestellt, hatte ein einsamer Musiker auf einer anderen Bank sitzend Saxophon gespielt und ein Raddampfer war auf dem Mississippi vorbeigefahren. Abermals war ihre Unterhaltung ein Leichtes gewesen – als hätten sie nie Kommunikationsschwierigkeiten gehabt, und Muriel hatte es sogar gewagt, mit Leander über die Redaktion zu sprechen.
Als Muriel ihr Smartphone vom Nachttisch angelte und das Display überprüfte, sah sie die Nachricht von Leanders Assistentin. Noch während sie durch den Text scrollte, verfluchte sie Leanders defektes Telefon. Sie wollte nicht der Überbringer dieser Neuigkeit sein.
Ihr Flug am nächsten Morgen war gecancelt und die Reservierung auf die nächste Maschine, welche eine Stunde später von New Orleans nach Chicago startete, gebucht worden. Das war keine große Sache, allerdings konnte Leander es nicht ausstehen, wenn sein Zeitplan durcheinandergewürfelt wurde – noch dazu, ohne dass man sein Einverständnis einholte.
Mit einem prompt unguten Gefühl im Magen ging Muriel zum benachbarten Zimmer, klopfte und wartete. Leander erkundigte sich, wer da sei und öffnete.
Er hatte das Sakko bereits abgelegt, den Schal abgenommen, das Hemd aus der Hose gezogen und aufgeknöpft.
Sie wollte in sein Gesicht schauen, nicht auf seine Brust, doch sie war zu überrumpelt. Dabei waren es nicht einmal seine Haut oder die Muskeln, die ihre Aufmerksamkeit erregten, sondern die Kette und der Anhänger. Ein Kreuz. Ein schlichtes silbernes Kreuz, in dessen unteres Ende ein dunkelblauer Stein eingefasst war.
Ihr war, als zöge man ihr den Boden unter den Füßen weg. Ihr wurde so schwindelig, dass sie befürchtete, gleich umzufallen. Abrupt schaute sie beiseite, starrte den Korridor entlang und hob eine Hand an die Stirn, um sich darauf zu besinnen, was sie Leander hatte mitteilen wollen. Ihre Gedanken verweigerten ihr diese Auskunft jedoch. Sie rotierten um das Kreuz, das verdammte, und darum, was es bedeuten mochte ...
»Alles okay?«, hörte sie Leander fragen.
»Ähm ... ja!«, presste Muriel hervor und zwang sich, ihn anzusehen, sich auf seine Augen zu konzentrieren. Deren Grau war plötzlich wieder so kalt und ausdruckslos, wie sie es aus der Redaktion kannte, was ihrer Unruhe einen zusätzlichen Schub gab. »Kathy hat eine Nachricht wegen des Fluges geschrieben.«
»Keine Verspätung«, knurrte er.
»Ähm, doch ... befürchte ich. Allerdings nur eine geringe.«
»Wie gering?«
»Nur eine Stunde. Wir sind also gegen zwölf in Chicago.«
»Na, klasse!« Leander stützte eine Hand in die Seite und senkte den Kopf als dächte er nach. »Ich habe einen Termin am frühen Nachmittag«, murmelte er mehr zu sich selbst.
Muriel ertrug seine Gegenwart nicht länger. Dem dringenden Bedürfnis folgend, sich zu verbarrikadieren und ihrer Panik freien Lauf zu lassen, entfernte sie sich rückwärts in Richtung ihrer Suite.
»Gute Nacht«, murmelte sie noch, doch hörte ihre eigene Stimme kaum.
»Ja, dir auch«, entgegnete Leander und verschwand im Zimmer.
Muriel rettete sich in ihres, schloss die Tür, lehnte sich dagegen und sank an ihr nach unten, bis sie auf dem Boden saß. Sie streifte die Pumps von den Füßen, trat sie beiseite, winkelte die Beine an und stützte ihre Ellenbogen darauf. Das Gesicht in den Handflächen vergraben, befahl sie sich, zur Ruhe zu kommen, doch weder ihr Herz noch ihr
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