SehnSucht - Erotischer Roman: Erotischer Roman (German Edition)
Herzen und auf der Zunge und sie will raus. Jetzt sofort. Also legen Sie den Rasierer auf den Rand des Waschbeckens und drehen sich um. Wahrscheinlich wird Ihre Lady die Stirn runzeln, weil ein so merkwürdiger Ausdruck auf Ihrem Gesicht liegt, und sie wird lachen, wenn sie versteht, was Sie vorhaben.
Sie machen sich nicht die Mühe, die Jeans auszuziehen, sondern steigen, wie Sie gerade sind, zu ihr in die Badewanne. Sie setzten sich ihr gegenüber, küssen sie und dann fragen sie einfach.«
Sechzehn
Im Traum bekam Muriel abermals Besuch von Noah oder vielleicht war es auch so, dass sie ihn besuchte. Dieser Traum war jedoch wie keiner der zahllosen anderen, die zumeist von Traurigkeit oder Verzweiflung, von Glücksgefühlen, Hoffnung oder Verlangen dominiert worden waren.
Dieser Traum war aggressiv, dunkel und bedrohlich.
Noahs Miene war wutverzerrt. Er stieß sie fort, immer und immer wieder. Rappelte Muriel sich auf und versuchte, zu ihm zu kommen, erschien er vor ihr und schubste sie. Tausendmal fiel sie, tat sich weh, schrammte sich die Knie und Ellenbogen. Tausendmal stand sie auf, taumelte durch die Gegend und rief nach ihm.
Als er verschwunden blieb, begann Muriel, Türen in einem schwarzen Raum zu öffnen. Leere war hinter jeder und bald steuerte sie auf die letzte zu. Dahinter befand sich die Schlafetage ihres Holzhauses. Sie brauchte nicht einzutreten, sie saß schon an seinem Bett, hielt seine Hand und horchte auf seine Atemzüge. Seine spröden Lippen teilten sich für den letzten Satz. In den vergangen zwei Jahren hatte Muriel ihn unzählige Male im wachen und schlafenden Zustand gehört:
»Ich weiß, ich habe den leichteren Part, aber du bist stark genug, um so weiterzumachen, wie ich es mir für dich wünsche.«
***
Muriel wurde wach und krümmte sich vor Schmerz. Sie rollte sich auf die Seite, zog die Beine dicht an den Körper, schlang ihre Arme darum und ballte die Fäuste, sodass sich ihre Nägel in die Handflächen gruben. Ein Ächzen stieg aus ihrer Kehle auf und sie presste die vom Weinen geschwollenen Augen zu. Unfähig, sich zu bewegen, blieb sie liegen. Sie rührte sich auch nicht, als ihr Wecker sie ans Aufstehen erinnerte.
Eine ganze Weile später tastete sie nach dem Handy auf dem Nachttisch und blinzelte durch die Wimpern, um Emmas Nummer in der Redaktion anwählen zu können.
Wie erwartet, reagierte die Freundin besorgt und glaubte ihr nicht, dass sie sich einfach nicht ganz wohl fühlte. Das war nur zu verständlich, schließlich war Muriel eine von jenen Redakteurinnen, die sich mit Fieber zur Arbeit schleppten. Das hatte sie nun von ihrem Pflichtbewusstsein!
Irgendwie gelang es Muriel, Emma abzuwimmeln. Nachdem sie aufgelegt hatten, ließ sie das Telefon neben sich auf die Matratze fallen und begab sich abermals in ihre Ich-roll-mich-zusammen-bis-ich-weg-bin-Position. Nichtsdestotrotz wurden die Szenen vor ihrem geistigen Auge immer klarer, ganz so, als beobachtete sie abermals, wie Noah seinen letzten Atemzug tat, als stünde sie zum zweiten Mal vor seinem Grab und schaute zu, wie sich sein Sarg in die dunkle Erde senkte. Mit vollem Bewusstsein diesmal.
Es tat so schrecklich weh, sich zu verabschieden. Ein Teil von ihr weigerte sich dagegen, ihn loszulassen, denn dass sie ihn bei sich behalten hatte, war zuerst ein Schutz und später Normalität gewesen.
Nun ging Noah, weil sie ihn ließ. Weiter und weiter entfernte er sich und wurde von einer Art Nebel verschluckt. Noch war sein kleiner Finger mit ihrem verhakt, und sie konnte sich nicht überwinden, diesen letzten Kontakt zu unterbrechen. Bald sah sie nur noch seinen Arm; der Rest von ihm war bereits im Nichts verschwunden – und sie hatte solche Panik vor der Leere in ihrer Hand. Sie hielt die Spannung in ihrem Finger und spürte das Ziehen der Sehnen bis hinauf in ihre Schulter.
Schließlich entspannte sie die Finger, strich ein letztes Mal über seine Hand und sah zu, wie auch sie verschwand ...
***
Ein Klingeln weckte Muriel. Sie blinzelte zum Wecker, stellte fest, dass es inzwischen früher Abend war und ignorierte die folgenden beharrlichen Gesuche um Einlass.
Kurze Zeit später rief Emma an.
»Bitte mach die Tür auf«, hörte Muriel die Freundin sagen. Ihre Stimme klang gereizt.
Das war das Letzte, was sie nun brauchte. »Ach Emma«, murrte sie. »Lass uns morgen reden. Ich bin nicht in der richtigen Verfassung ...«
»Ich habe eine Ahnung, in welcher Verfassung du bist. Also lass mich jetzt endlich
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