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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Radtke
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ausgebreitet. Man kann sich lebhaft vorstellen, welche Situationskomik bei Sätzen wie: »Ich muss jetzt aber mal an den Schaltknüpppel«, entstand. Ich rückte im Beifahrersitz demonstrativ noch weiter nach außen und ließ mit hochrotem Kopf Sabine unter der Decke nach Handbremse und Gangschaltung fummeln. Das konnte jetzt alles irgendwie nicht wahr sein! Es war unmöglich, auf diese Weise die Heimfahrt anzutreten, zumal wir auch noch tanken mussten. Es klingt banal, aber wir brauchten etwas zum Anziehen und steuerten geradewegs einen jener großen Einkaufsparks vor der Stadt an, wie sie auf der grünen Wiese seit Jahren überall entstehen. Die Frage, wer von uns beiden im Textil-Discount das Nötigste an Kleidung besorgte, war schnell beantwortet. Ich jedenfalls hatte ja nichts mehr am Leib. Sabine stapfte also in ihrem provisorischen Outfit los, während ich nackt im Auto wartete und wartete und wartete. Ich bin ein geduldiger Mensch. Und wie ich seitdem weiß, geduldiger als meine Blase. Ich hatte auf der Hinfahrt doch wohl etwas zu viel dem Kaffee zugesprochen. Das rächte sich jetzt. Zu müssen, aber nicht zu können, löste interessante körperliche Folgeerscheinungen aus. Ohne auf weitere Details einzugehen, waren es bei mir unter anderem Schweißperlen, die sich in beachtlicher Größe auf der Stirn bilden. Während draußen, um mich herum, Familien ihren Wochenendeinkäufen nachgingen, saß ich nackt im Auto und konnte nicht raus. Sabine war nicht in Sicht. Mir wurde heiß. Ich überlegte fieberhaft.
    Mittlerweile begannen die Scheiben des Autos von innen zu beschlagen. Für vorbeikommende Passanten muss das ein komisches Bild gewesen sein. Ich hüllte meinen Oberkörper noch weiter in die Decke, um nicht auch noch Erregung öffentlichen Ärgernisses heraufzubeschwören. Da saß ich nun zusammengekauert in einer alten Wolldecke und hatte ein ernsthaftes Entsorgungsproblem, das mir zunehmend auch Schmerzen bereitete. Mein Blick fiel auf zwei Plastiktüten. Aber würden die dicht halten? Die Rettung war eine FC-Bayern-Thermoskanne. Die musste jetzt geopfert werden. Mein Gott, wenn jetzt einer ins Auto schauen würde! Es half alles nichts. Was sein muss, muss sein. Welch eine Befreiung! Nachdem ich das Behältnis zweckentfremdet, aber wieder ordnungsgemäß verschlossen hatte, kam Sabine mit zwei Jogginganzügen und Strandschuhen zurück. Eine Erlösung – in mehrfacher Hinsicht.
    Die Auslosung zur Champions League bescherte uns gleich drei interessante Reiseziele. Fiel der erste Auftritt der Bayern 1995 in Göteborg noch meinem ersten Abendstudium zum Opfer, konnte ich mir die Neuauflage 1998 nicht entgehen lassen. Mit Carsten, einem äußerst reisefreudigen Bayern-Fan aus Schwelm, ging es zuerst mit dem Auto nach Kiel und von dort aus mit der Nachtfähre nach Göteborg. Carsten hatte ich in der Saison zuvor auf dem Flug von Köln nach Barcelona kennengelernt, wie er mit dem Radio am Ohr am Flughafen-Terminal der Bundesliga im Hörfunk lauschte. »Wie steht’s bei Bayern?« So kamen wir ins Gespräch. Carsten ist ein Organisationstalent, der mich seitdem häufig auf meinen Bayern-Reisen begleitet.
    Mit dem Flugzeug zu Bayern-Spielen ist schon ziemlich klasse. Aber nun, mit dem Schiff, und wie es bei Sonnenaufgang in Göteborg einlief – das hatte wirklich was. Der abendliche 3:1-Sieg im Nya-Ullevi-Stadion, das kryptische Studium der Sportseiten in schwedischen Zeitungen am Tag drauf beim skandinavischen Frühstücksbüffet im Hotel mit Hafenblick … ich gerate ins Schwärmen. Wer sagt eigentlich, dass Fußballreisen nicht auch mal etwas luxuriöser ausfallen können? Europacup ist genial!
    Zurück in Bergisch Gladbach erreichte mich eine Nachricht des FC Bayern. Raimond Aumann, seit kurzem Fanbeauftragter des Vereins, lud am Vorabend des Auswärtsspiels in Bochum einige Fanclubs zu einem Gedankenaustausch. Da war er wieder: der positive Bayern-Stress. Mittwoch das Spiel in Göteborg, Donnerstagabend Rückkehr aus Schweden, Freitagabend das Treffen mit Aumann im Spielerhotel in Düsseldorf und Samstag das Auswärtsspiel in Bochum. Ich ging gedanklich mit dem FC Bayern ins Bett und stand morgens mit ihm wieder auf.
    Das Treffen im Spielerhotel, bei dem uns im Foyer einige Pofis über den Weg liefen, war für uns als Fans ein echter Hingucker. Man will ja eigentlich cool sein. Aber dann kommt doch die Neugier und der Fan in einem hoch und man glotzt. Aumann honorierte den Einsatz mit der Einladung zu einem

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