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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Radtke
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seinen Walkman mit der Wiedergabe einer 14 Jahre alten Hörfunkreportage vom letzten Spieltag der Saison 1985/86. »Armin, hör dir doch das hier mal bitte an.« Die sich überschlagende Stimme des Reporters erzeugte bei mir augenblicklich Gänsehaut. Sollte sich so etwas tatsächlich noch einmal wiederholen?
    Es wiederholte sich bis ins Detail: das gleiche sonnige Wetter wie 1986, die schnelle Bayern-Führung in der 2. Minute, der eigene sichere Sieg und das Warten auf die gewünschten Tore aus dem anderen Stadion. Dass sich das Olympiastadion durchaus auch als Tollhaus eignete, wurde bei den Zwischenständen deutlich, die aus Unterhaching gemeldet wurden. Wir hatten es wieder einmal geschafft. Ich empfand es als ganz kleine Wiedergutmachung für das verlorene Endspiel von Barcelona.
    Eines war jedoch anders als 1986. Mittlerweile waren wir nicht mehr zu viert unterwegs, sondern hatten einen ganzen Reisebus meines Fanclubs dabei. Wir übernachteten in der Nähe Dachaus, so dass der Abend in München entsprechend lang werden konnte. Für den nächsten Tag hatten wir uns nachmittags allesamt den Besuch des letzten Spiels der Bayern-Amateure in der Bayernliga vorgenommen. Für die »Kleinen Bayern« ging es dabei um die endgültige Qualifikation zur neu geschaffenen Regionalliga Süd. Kontraste müssen einfach sein.
    Einen privaten Kontrapunkt setzte ich am Sonntagmorgen. Während sich viele Fanclub-Mitglieder die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Dachau anschauten, wollte ich einfach nur für mich allein sein und suchte dabei ganz bewusst das olympische Dorf und den Olympiapark auf. So, wie ich es 1988 gemacht hatte, als ich nicht zum Abitur zugelassen worden war. Auf dem Gelände der zentralen Hochschulsportanlage gibt es ein ganz kleines Fußballstadion mit einer geradezu winzigen Tribüne mit 300 Plätzen. Die hatte ich an diesem sonnigen Morgen nur für mich. Seitdem ich das letzte Mal dort gestanden hatte, waren mittlerweile zwölf Jahre vergangen. Was hatte sich in dieser Zeit mit dem FC Bayern, mit mir und dieser Verbindung nicht bereits alles ereignet? Manchmal muss man einfach innehalten, um unter dem noch frischen Eindruck solch unglaubliche Ereignisse wie die vom Vortag dankbar für sich selbst zu verarbeiten und abzuspeichern. Man hat länger was davon.
    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

2000/01
    M ISSION ERFÜLLT
    Warum strebt der Mensch, und damit auch der Fußballfan, nach immer mehr? Nach Errungenschaften oder Zielen, die noch größer, exklusiver, schneller oder teurer sind? Ich nehme mich davon nicht aus. Sobald ich ein bestimmtes Level erreicht habe, suche ich mir im privaten oder beruflichen Umfeld eine neue Herausforderung. Das ist als natürlicher Antrieb an sich völlig in Ordnung und hält ganze Volkswirtschaften in Bewegung. Andererseits nimmt es zumindest mir bisweilen die Muße, zufrieden auf das Erreichte zurückzublicken. Ich will nicht abschweifen, aber frage mich natürlich, ab wann man heutzutage in Deutschland etwas erreicht hat. Etwa so: Ehe, zwei Kinder, ein Hund, das Reihenhaus vor der Stadt, und die Frau fährt einen VW-Golf, weil er so wirtschaftlich ist? Kurioserweise reklamieren all diese Muster-Protagonisten eines Durchschnittsbürgers jeweils für sich eine gewisse Individualität. Diese findet sich, wenn überhaupt, allerdings meist nur im Verborgenen. Grundsätzlich habe ich weder etwas gegen Trauschein, Reihenhaus, Hunde, Volkswagen oder Kinder. Bis heute habe ich jedoch für mich keine Antwort darauf gefunden, wann, ob überhaupt und in welcher Kombination ich so etwas anstrebe.
    Was das mit Fußball zu tun hat? Ich war 32 Jahre alt. Zum einen fingen die Ersten um mich herum damit an, sich genau solch eine Zukunft zu bauen. Plötzlich wurden die gemeinsamen Spielbesuche immer seltener und hörten ab der soundsovielten Schwangerschaftswoche der stressenden Partnerin schließlich ganz auf. Vielleicht wird es mir auch einmal so ergehen. Und wahrscheinlich ändert sich mit zunehmendem Alter und als Vater auch die Sichtweise auf bestimmte Dinge. Zum anderen merkte ich, dass mich das mittlerweile 18. Bayern-Spiel im Ruhrstadion, so schön es auch ist, nicht mehr wirklich reizte. Natürlich fuhr ich auch weiterhin nach Bochum, wenn der FC Bayern dort spielte. Das war eine Art Pflicht, Ritual oder auch Hausaufgabe, ganz wie man es sieht. Der eigentliche – und das Wortspiel sei mir an dieser Stelle verziehen – »Kick« bestand

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