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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Radtke
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für mich aber mehr und mehr in ausgefallenen Fußballreisen im Zusammenhang mit dem FC Bayern. Insofern nehme ich mich beim fortwährenden Streben nach Neuem und nach Individualität keineswegs aus. Im weitesten Sinne wirkte das schon wie ein Suchtverhalten, wo die Dosis zur gewünschten Wirkung immer stärker verabreicht werden muss. An einem konkreten Beispiel aus dieser Saison wird deutlich, was ich meine.
    Der FC Bayern hatte für Januar ein Testspiel auf der Insel Malta gegen die dortige Nationalmannschaft angesetzt. Franz Beckenbauer war im Bemühen um die Ausrichtung der FIFA-Weltmeisterschaft zuvor mehrfach um den Globus geflogen und hatte, so wurde es in Fankreisen kolportiert, dabei im Rahmen seines Werbefeldzuges hier und da auch ein Spiel des FC Bayern in Aussicht gestellt. Wenn das stimmt, eine ausgesprochen charmante Idee. Anders war das Zustandekommen der Begegnung eigentlich auch nicht zu erklären. Ich fuhr mitten in der Nacht mit der Straßenbahn nach Köln, setzte mich in den ICE zum Frankfurter Flughafen und flog mit Lufthansa nach Malta. So weit war ich mittlerweile schon, dass ich zu Freundschaftsspielen mit dem Flieger anreiste. Zugegebenermaßen war in diesem Fall ein anderes Transportmittel auch kaum sinnvoll. Morgens um drei Uhr, als ich von der Straßenbahn-Haltestelle in Köln-Deutz zu Fuß einsam über die Rheinbrücke Richtung Dom und Hauptbahnhof ging, habe ich mich durchaus gefragt: Was tust du hier eigentlich? Beim Flug über die wolkenlosen Alpen und mit Blick auf die schneebedeckten Berge sah das im Sonnenlicht schon wieder ganz anders aus. Das meinte ich mit der Suche nach etwas Neuem und nach Individualität: dass ich mir lieber mit 38 Bayern-Fans ein Freundschaftsspiel auf Malta anschaute als mit 4.000 Anhängern eine Bundesliga-partie auf Schalke.
    Es waren drei herrliche Tage auf der Mittelmeerinsel. Mit diesem abgedrehten Trip dachte ich, das Endstadium an Verrücktheit erreicht zu haben. Ein Irrtum, wie sich später noch herausstellte. Es sollten noch Dosierungen auf mich warten, von denen ich noch nichts ahnte. In dieser Saison zählten manche Reisen in der Champions League schon dazu. Und sie bildeten einen ungeahnten Spannungsbogen auf dem Weg nach Mailand:
       Helsingborg IF: Der Trip mit dem Auto einmal quer durch Dänemark an die Südspitze Schwedens bildete den Warm-up für die beiden Gruppenphasen im damaligen Modus der Champions League. Das Auswärtsspiel bei Paris St. Germain konnte ich mir dagegen zum Glück sparen, weil ich bereits drei Jahre zuvor mit Antje dort gewesen war. So blieb mir ein wenig Luft zum Verschnaufen für die nachfolgende PKW-Gewalttour nach Norwegen.
       Rosenborg Trondheim: Mit dem PKW zusammen mit Carsten nach Kiel und per Autofähre nachts nach Göteborg. Ungläubigkeit und Schmunzeln bei den Beamten des Bundesgrenzschutz: »Sie wollen wirklich im November mit Sommerreifen nach Norwegen?« Shit, daran hatten wir nicht gedacht. Nächtliches Besäufnis mit lauwarmem Dosenbier in der engen Kabine und so sinnvollen Diskussionen, ob jetzt nun Trondheim oder Reykjavik die nördlichste Stadt im Europacup ist. Morgens von Göteborg über Oslo nach Trondheim. Mit dem ersten Erfolgserlebnis (»Schau, ein Elch!«) verschlechterte sich das Wetter merklich und damit auch die Stimmung im Auto. Zugeschneite Passstraßen erinnerten uns wieder an die Warnung der BGS-Beamten. Die auf dem Bordcomputer angezeigte Außentemperatur fiel im Zwei-Minuten-Takt. Launige Bemerkungen meinerseits wurden für Carstens Verhältnisse mit Sorge um seinen Opel Tigra barsch unterdrückt: »Das ist jetzt nicht die Zeit für Witze!«
    Trondheim entpuppte sich ansonsten als Stadt, wie man sie auch bei Pipi Langstrumpf erwartet hätte. Belegte Brote in der Geschäftsstelle von Rosenborg Trondheim für Journalisten und Gästefans vor dem Spiel bestätigten mich in meiner positiven Meinung über Fußball in Skandinavien. Selbstironische Gesänge im Bayern-Block trösteten uns, dass wir nicht die einzigen Deppen mit untauglicher Bereifung unterwegs waren: »Wer nicht hüpft, hat Winterreifen, hey-hey …« Es hüpften alle. Wir kamen nach Spielschluss dennoch irgendwie unfallfrei wieder über die Pässe des Österdal-Gebirges. Ausgelaugt endete die Nacht nach dem Spiel morgens um fünf Uhr auf einem Parkplatz am Stadtrand von Oslo. Manchmal ist offenbar doch der Weg das Ziel.
       Arsenal London: Wer ahnt etwas Böses, wenn man im Fanblock steht, die Mannschaften nach dem

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