Sehnsucht FC Bayern
Damen auf den Flaniermeilen. Nicht, dass ich auf Frauen in Uniform stehe. Aber dieses Vielvölkergemisch aus jüdischen Einwanderern auf ursprünglich palästinensischem Boden hatte einen ansehnlichen Mix weiblicher Schönheiten hervorgebracht.
In dieser Atmosphäre aus mediterraner Lässigkeit und modernem westlichen Lebensstil wurden wir leichtsinnig. Wir fühlten uns ja sicher. Die bewusst herbeigeführte Sprengung einer herrenlosen Reisetasche nur wenige hundert Meter vor unserem Hotel bestärkte das Gefühl: alles unter Kontrolle. Dennoch kam plötzlich Panik in mir auf. Mein Reisepass samt Einreisebestätigung war weg! Die ganzen Tage lang hatte ich ihn mit mir geführt und wohl letzten Abend bei unserem Besäufnis am Strand aus der Gesäßtasche verloren. Nun musste gehandelt werden. Schließlich war heute das Spiel und am nächsten Tag ein jüdischer Feiertag, an dem das öffentliche Leben ruhte. Übermorgen sollte der Rückflug sein. War es Fügung oder einfach nur Zufall, dass ich eine Fotokopie des Reisepasses und die Anschrift der Deutschen Botschaft im Koffer hatte? Wohl eher Fügung, denn einer Kollegin war vor Monaten Ähnliches in Mittelamerika passiert.
Wir eilten im Taxi zur Deutschen Botschaft. Mir war das zwar alles sehr unangenehm, aber wozu zahlt man schließlich Steuern? Sollen die Beamten doch mal was für mich tun. Entsprechend selbstbewusst, aber höflich betraten wir die Botschaft. Nie zuvor hatte ich eine Auslandsvertretung der Bundesrepublik von innen gesehen und war von den Sicherheitsmaßnahmen, wie Türschleusen aus schusssicherem Glas, entsprechend beeindruckt. Die vordere Tür ging erst auf, wenn sich die hintere schloss. Ob das überall so ist? Definitiv und glücklicherweise einzigartig dürfte die Ausstattung des Warteraumes sein, der hier in Israel zu Recht einige mahnende Objekte zum dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte enthielt.
Ich durfte mir eine deutliche Standpauke des Botschaftsbeamten anhören, wie dämlich ich gewesen sei, meinen Reisepass zu verlieren. Der Mann ließ keinen Zweifel daran, dass es kaum Länder gibt, in denen ein solcher Verlust für Touristen unangenehmer sei. Die Fotokopie und mein Personalausweis besänftigten ihn dann wieder. Er schickte mich umgehend zu einem Fotografen in der Nachbarschaft, derweil seine Kollegen einen provisorischen Ausweis ausstellten. Abends, beim Spiel im Ramat-Gan-Stadion, sahen wir uns wieder und beide gleich schon viel freundlicher an. Ich hatte unglaubliches Glück gehabt. Eine Ausreise aus Israel ohne beglaubigte Einreise hätte sich dramatisch gestaltet. In Sicherheitsfragen sind die Israelis verständlicherweise echte Spaßbremsen. Das spürte ich sogar noch mit meinem provisorischen Ausweis. Mein Reisepass ist übrigens bis heute nicht mehr aufgetaucht. Wenn Sie aber mal in den Nachrichten von einem Attentäter mit meinem Namen hören: Glauben Sie kein Wort. Das bin nicht ich! Da hat nur jemand am Strand von Tel Aviv meinen Pass gefunden. Ganz ehrlich.
Innerhalb Deutschlands waren die Reiseziele nur noch selten wirklich aufregend. Die 1. Bundesliga hatte ich 2000 mit dem Besuch des »Stadion der Freundschaft« in Cottbus endgültig komplettiert. Und auch die 2. Bundesliga und die Regionalligen waren dank konsequentem Besuch von Freundschaftsspielen und Losglück im DFB-Pokal mittlerweile reicht weit »abgearbeitet«. Ja, man kann es tatsächlich so sagen. Ich begriff meine Reisetätigkeit mittlerweile als Arbeit, definitiv aber als Passion und schonte dabei weder mich noch meine Partnerin. Der DFB-Pokal bot immerhin noch die vage Chance, im Rahmen eines Pflichtspiels ein neues deutsches Stadion zu erkunden. Da wurden die Auslosungen in der ARD-Sportschau oft spannender als das Spiel selbst.
Doch manchmal hatte ich mich zu früh gefreut. Das Halbfinale 1999 gegen Rot-Weiß Oberhausen war so ein klassischer Reinfall. Was hatte ich mich nicht schon auf das ehrwürdige Niederrheinstadion eingestimmt. Und was beschloss der Vorstand von RWO? Er verlegte das Spiel gegen die Bayern ins Parkstadion nach Gelsenkirchen! Klarer Fall von »Denkste«. Da empfand ich es nur als gerecht, dass sie ausschieden. In der Saison 2004/2005 hieß das Erstrunden-Los TSV Völpke. Als ich die kleine Gemeinde in Sachsen-Anhalt endlich auf der Landkarte ausfindig gemacht hatte, war auch recht bald schon von einem Ausweichstadion die Rede. Man entschied sich für das »nur« 120 Kilometer entfernte Paul-Greifzu-Stadion in Dessau. Die frisch
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