Sehnsucht FC Bayern
gewerkelt.
Neben der Betreuung der Fanseite und des Historienteils gehörte auch die von mir angestoßene Interviewserie mit ehemaligen Trainern und Spielern des Vereins zu meinen Aufgaben. Die eigentliche Kür meiner Arbeit. Ich kann nicht leugnen, dass es für mich immer wieder aufs Neue ein besonderes Erlebnis ist, mit jenen Zeitzeugen zu sprechen, die die Vereinsgeschichte der letzten 50 Jahre mal mehr, mal weniger mitgeprägt haben. Schließlich bin ich ein Fan, der zufällig als Autor tätig ist, und kein Autor, den es zufällig zum FC Bayern verschlagen hat. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Die nüchternen, statistischen Angaben in den vergleichsweise wenigen Büchern, die es über den FC Bayern gibt, bekommen für mich in diesen Gesprächen ein aktuelles Gesicht. Insbesondere dann, wenn das Interview persönlich und nicht telefonisch geführt wird. Letzteres ist leider häufig der Fall, weil der überwiegende Teil unserer ehemaligen Spieler mittlerweile zu weit von München entfernt wohnt. Manchmal ist sogar Detektivarbeit nötig, um die aktuelle Adresse oder Telefonnummer ausfindig zu machen. Im Falle eines ehemaligen Trainers half nur noch der Anruf bei damaligen Nachbarn von ihm – mit Erfolg. Wenn die letzte, beim FC Bayern hinterlegte Anschrift nicht mehr aktuell ist, können mir oft jene Vereine weiterhelfen, für die unser ehemaliger Spieler anschließend aktiv war. Unter den Bundesligisten herrscht meist eine geradezu freundschaftliche Kollegialität, bei der man sich nicht selten gegenseitig viel Erfolg am kommenden Wochenende wünscht. Man kennt sich, man hilft sich. Das stellte schon Konrad Adenauer treffend fest.
Etwas ganz Besonderes ist es, wenn ich meinen Gesprächspartner beim FC Bayern noch selbst habe spielen sehen und von der Fankurve aus zugejubelt habe. Doch auch die Interviews mit der Spielergeneration aus den fünfziger und sechziger Jahren haben ihren ganz eigenen Reiz. Hier erfährt man immer wieder Neuigkeiten und Details, die bisher noch nirgendwo dokumentiert wurden. Da gibt es noch richtig was zu entdecken, und auch die Antworten und Erzählungen heben sich charmant von den bisweilen abgenutzten Antwortschemata der jüngeren Spielergenerationen ab. Olaf Thon war für mich so ein Paradebeispiel. Seine Rhetorik war dermaßen geschliffen, dass ich die Antworten wörtlich direkt zu 100 Prozent übernehmen konnte. Zweifellos ein brillanter und sehr netter Gesprächspartner. Aber auch einer, dem man anmerkte, dass er bereits gefühlte tausend Interviews gegeben hat. Bei der älteren Generation herrscht manchmal hingegen eine regelrechte Dankbarkeit, dass man sich an ihre Leistungen wieder erinnert. Diese Spielergeneration der fünfziger und sechziger Jahre wohnt meist noch in München. Bei den Interviews werden vergilbte, aber sorgsam gehütete Fotoalben durchgeblättert, und die Zeit vergeht bei so manchem Likör wie im Fluge. Bis zu fünf Seiten im Bayern-Magazin sind dann oft das Ergebnis eines solchen Abends. Das ist gelebte Traditionspflege und steht deutlich über dem, was so manch anderer Verein in dieser Hinsicht betreibt, der sich als ausdrücklich als Traditionsverein bezeichnet. Und das sage ich nicht, weil ich dafür verantwortlich bin. Dazu reicht schon ein Blick in die Programmhefte oder Stadionmagazine anderer Vereine.
Manchmal waren auch Ort und Zeitpunkt der Gespräche einfach nur kurios. Rainer Zobel (1970-76 beim FCB) sollte mein nächster Interviewpartner sein und rief mich im denkbar schlechtesten Moment zurück. Ich war unterwegs auf der Autobahn, vertröstete ihn für einen kurzen Moment und hielt auf dem nächstbesten Parkplatz. Es war Winter, es schneite, und das Telefonat dauerte und dauerte. Nach 45 Minuten wurde es nicht nur richtig kalt, sondern auch immer dunkler, weil der Wagen allmählich zuschneite. Das Interview mit Jürgen Röber (1980-81 beim FCB) fand statt, als er Trainer in Wolfsburg war. Wir waren für Sonntag zwölf Uhr telefonisch verabredet. Zum Glück hatte seine Mannschaft am Tag davor gewonnen. Das machte den Einstieg ins Gespräch natürlich um einiges leichter. Während parallel im DSF, in der Sendung Doppelpass, über den Abstiegskampf der Liga gefachsimpelt wurde, hatte ich einen der Betroffenen live am Apparat. Irgendwie verrückt.
Mit der Zeit trauten sich die meisten Spieler auch, über so manche Peinlichkeit aus früheren Zeiten zu sprechen. Armin Eck (1987-89 beim FCB) erinnerte sich, seinen Reisepass noch einige Zeit nach
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