Sehnsucht FC Bayern
Überbleibsel jener Männer, die im ersten Golfkrieg gefallen sind. Das Museum lag direkt gegenüber der einstigen US-Botschaft, die Schauplatz des langen Geiseldramas 1979-1981 war.
Es waren aufregende Tage in Teheran. Und ich bin ein kleines bisschen stolz, diesen ungewöhnlichen Trip gemacht zu haben. Wir haben in den vier Tagen mehr erlebt und gelernt als viele andere in vier Wochen Urlaub. Ohne den »Zwang« des Hier und Jetzt, also des dort angesetzten Bayern-Spiels, hätte ich mich nie dazu aufraffen können, ausgerechnet in den Iran zu reisen. Dennoch war ich erleichtert, als ich wieder in der Maschine zum Rückflug saß. Für die zwei weiblichen Bayern-Fans im Flugzeug galt das erst recht, als sie beim Hinweis »boarding completet«, wie alle anderen Frauen auch, prompt die Kopftücher abnahmen, ohne die sie sich in der Teheraner Öffentlichkeit nicht hatten bewegen dürfen.
Das Sommermärchen 2006 packte mich zugegebenermaßen recht spät. Nach der Verteidigung des Doubles aus dem Vorjahr fiel ich nach 38 besuchten Spielen der Bayern-Profis in dieser Saison erst einmal in ein Loch. Das waren zwar gute sieben Spiele weniger als in der Vorsaison, aber für einen leeren Akku dennoch ausreichend. Zudem nervte mich der Hype um die kommende FIFA-WM im eigenen Land zusehends. Plötzlich kam im Supermarkt kaum ein Markenartikel mehr ohne Hinweis auf »König Fußball« aus. Auch der Absatz meines Buches über das Olympiastadion stagnierte. Trotz durchgängig positiver Rezensionen ging mein Erstlingswerk in der Flut der 900 deutschsprachigen Neuerscheinungen zum Thema Fußball im Vorfeld der Weltmeisterschaft unter. Das war natürlich ein sehr persönliches Problem.
Dennoch freute mich die Entwicklung bei den Fußballbüchern insgesamt. Deutschland holte in diesen Jahren gegenüber England, dem Mutterland dieses Sports, mächtig auf. Experten halten den deutschen Markt mit Fußballbüchern mittlerweile für weltweit führend. Bei Europacup-Reisen besuche ich regelmäßig ausländische Buchhandlungen und kann das nur bestätigen. Fußball wurde endlich auch bei uns zum allgemeinen Kulturgut. Und das war auch gut so.
Irgendwann, das wusste ich aus Erfahrung, packt mich das Turnierfieber aber dann doch. Meine Balkonbrüstung bekam ab dem Auftaktspiel eine große schwarz-rot-goldene Fahne verpasst. Solche Dekorationswünsche bedürfen in Single-Haushalten keinerlei Abstimmung und sind entsprechend schnell umgesetzt. Auch mir war der Live-Besuch eines WM-Spiels vergönnt. Deutschland gegen Schweden, Achtelfinale in München, 2:0-Sieg. Besser ging es eigentlich nicht.
Public Viewing praktizierte ich an altehrwürdiger Stelle im Olympiapark und im Olympiastadion, wo ich es mir natürlich nicht nehmen ließ, einige Spiele von meinem alten Block X4 aus zu genießen. Das Halbfinal-Aus erlebte ich zusammen mit meinem Freund Marc und seiner Freundin Sabine sowie mehreren Tausend anderen Fans im Festsaal des Nockherbergs. Der 1:0-Führungstreffer der Italiener in der 119. Minute war unheimlich. Im ansonsten überaus lauten Saal wurde es plötzlich irritierend still. Ein jeder schwieg. Keine Flüche, keine Aggression. Wie bei einem Trauermarsch leerte sich der Saal nach dem 2:0 in der Schlussminute ganz leise. Nur weg von hier.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
2006/07
I M E PIZENTRUM
Wenn ich sage, dass sich die neue Saison nahtlos an die Weltmeisterschaft anschloss, dann ist das untertrieben. Der Terminkalender sorgte dafür, dass sich beides terminlich überschnitt. Wie soll man da zur Ruhe kommen? Noch bevor die Nationalmannschaft ihr Spiel um Platz drei gegen Portugal bestritt, hieß es für mich schon wieder: »Auf, zum ersten Bayern-Spiel«, nach Berching, im schönen Altmühltal. Von dort aus ging es dann die nachfolgenden 30 Tage nach Donaueschingen, Straßburg, Bayreuth, Linz, Rottach-Egern und Leipzig. Sieben Auswärtsspiele in 30 Tagen. Dagegen war das zwischenzeitliche Heimspiel im DFB-Ligapokal die reinste Erholung. Als dann schließlich auch noch das Freundschaftsderby gegen 1860 absolviert war, hatte ich bereits neun Begegnungen hinter mir, noch bevor die eigentlichen Pflichtspiele losgingen. Während andere dem Start der Bundesliga entgegenfieberten, verspürte ich schon den ersten Durchhänger, zumal die Vorbereitungen auf die neue Spielzeit ohnehin schon liefen: Die Saisonplanungen für das Bayern-Magazin wurden erstellt, und ebenso wurde am Bayern-Jahrbuch
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