Sehnsucht nach Owitambe
wird uns alle aufnehmen.«
Fritz hatte ihm zugestimmt, aber seine Stimme troff dabei vor Sarkasmus. »Ja, wie recht Sie haben! Allerdings glaube ich, dass die verirrten Schafe nicht wir Gefangene sind, sondern Leute wie Sie, die uns dazu machen.«
»Versündigen Sie sich nicht noch mehr«, antwortete der Priester streng. »Nicht alle heißen diese Lager gut. Wir Missionare setzen uns sehr wohl dafür ein, dass sie bald aufgehoben werden.«
»Ja, wenn alle Lagerinsassen gestorben sind.« Fritz’ Augen bohrten sich in die des Priesters. »Aber das wird wohl auch nicht mehr allzu lange dauern.«
»Ich verstehe in Anbetracht Ihrer Lage ja Ihren Sarkasmus«, entgegnete der Geistliche, »aber Sie sollten in den letzten Stunden Ihres Lebens an Ihr Seelenheil denken und …«
»Ach, hören Sie doch damit auf«, unterbrach ihn Fritz barsch. »Ich werde keine Sekunde an mein Glück im Jenseits verschwenden. Scheren Sie sich zum Teufel! Sie verschwenden hier nur Ihre Zeit.«
Er wandte sich von dem Geistlichen ab und wartete ungeduldig,
bis er die Zelle verlassen hatte. Mittlerweile bedauerte er es, dass er den Mann hatte gehen lassen, denn die Einsamkeit quälte ihn. Sein Kopf dröhnte, als explodierten Feuerwerkskörper in ihm. Er lehnte ihn gegen die kalte Mauer und versuchte an Jella zu denken. Mit geschlossenen Augen versuchte er sie sich vorzustellen. Ihre wilden, roten Locken, das breite Lachen und die herrlichen, hellgrünen Augen, in die er wie in einen Bergsee eintauchen konnte. Aber ihr Bildnis verzerrte sich immer wieder. Es wurde von Kido überlagert, wie er blutüberströmt mit ungläubig aufgerissenen Augen leblos dagelegen hatte.
Das Rasseln der Zellentür riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. War es endlich so weit? Die Zelle hatte kein Fenster, sodass er nicht wusste, welche Tages- oder Nachtzeit gerade herrschte. Als das Licht aus dem Flur ihn streifte, blinzelte er wegen der ungewohnten Helligkeit. Einer der Wachsoldaten trat mit einem Tablett herein. Die Henkersmahlzeit, fuhr es ihm durch den Kopf. Der Tod kam näher.
»Ich habe keinen Hunger«, knurrte er, obwohl das mehr als eine Lüge war. Der Soldat kümmerte sich nicht darum, sondern stellte das Tablett auf den Tisch.
»Iss oder lass es bleiben«, meinte er. »Es wird deine letzte Mahlzeit sein.« Der Mann hatte es offensichtlich eilig, wieder in die Wachstube zu kommen. Fritz hörte ungewohnte Geräusche. Er merkte auf. Neben seiner Zelle war der Wachraum, das einzige weitere Zimmer in dem kleinen Ziegelbau. Die beiden Wachsoldaten hatten offenkundig Damenbesuch.
»Nur nicht so stürmisch, mein Lieber«, drang eine weibliche Stimme an sein Ohr. »Wir wollen doch erst noch ein wenig in Stimmung kommen, bevor es zur Sache geht.«
Das Gluckern einer Flüssigkeit in ein Glas war zu hören. Fritz war sich sicher, dass er Halluzinationen hatte. Er kroch bis zur Zellentür und legte sein Ohr daran.
»Der Schnaps ist im Preis inbegriffen«, flötete die weibliche Stimme, die den beiden Wachsoldaten eindeutige Avancen machte. Fritz kicherte irr. »Ich bin verrückt«, lachte er. »Jetzt haben die Dirnen schon Jellas Stimme.« Wie schön sie klang. Er hatte sie die ganze lange Zeit im Ohr gehabt. »Hör nicht auf zu reden!«, bettelte er.
Jella schenkte den beiden Wachsoldaten zum dritten Mal ein und prostete ihnen zu. Während sie an ihrem Glas nur nippte, tranken die Soldaten es in einem Zug aus. Der jüngere der beiden starrte sie verdutzt an und sank dann mit seinem Kopf auf den Tisch. Der ältere Soldat lachte hämisch.
»Der Jungspund kann einfach nichts vertragen.« Sein Blick ruhte begehrlich auf Jellas Ausschnitt. »Können wir jetzt endlich anfangen?«
»Lass uns erst noch austrinken, Süßer.«
»Aber das ist das letzte Glas«, lallte der Ältere und grapschte nach ihrem Busen. »Und dann gehen wir zur Sache, was?« Jella schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln. »Darauf kannst du Gift nehmen«, flötete sie und hoffte, dass der Typ nun endlich genug hatte. Nakeshi hatte dem Schnaps einen Pflanzensud zugefügt, von dem sie behauptete, dass er die Männer zum Schlafen bringe. Jella zweifelte jedoch mittlerweile an seiner Wirkung. Zumindest der eine Soldat wirkte dafür ziemlich unempfänglich. Er erhob sich von seinem Stuhl und wankte in Richtung Tür, um sie abzuschließen. Jella erschrak. Sie hatte sie mit Absicht offen gelassen. Auf keinen Fall durfte der Soldat das tun, denn draußen warteten Nakeshi und Bô auf ihren
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