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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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Theke hervorzog, in dem sich eine bessere Qualität befand. Ricky ließ Jamina gewähren. Je länger sie in der Stadt blieben, umso größer war die Chance, dass sie vielleicht doch noch auf Mukesh traf. Sie sah sich auf den belebten Straßen um, in der vagen Hoffnung, ihn irgendwo zwischen den Menschen zu entdecken. Leider ohne Erfolg. Dabei hatte er ihr versprochen, dass sie sich an Diwali wiedersehen würden. »Ich werde dich finden«, hatte er an jenem Abend vor der Tigerjagd behauptet. Jetzt zweifelte sie daran.
    Plötzlich wurde sie von einem Mann, der einen Lumpenwagen hinter sich herzog, angerempelt.
    »Kannst du nicht aufpassen?«, schimpfte sie verärgert.
    »Entschuldigung, Memsahib«, murmelte der Mann devot. Er ging gebückt und hatte einen vor Schmutz starrenden Lumpen über seinen Kopf gezogen. Ricky wollte sich schon ungnädig von ihm abwenden, als der Mann die Kopfbedeckung etwas
anhob und sie breit angrinste. Sein Gesicht war schwarz verschmiert, sodass er kaum zu erkennen war. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie Mukesh. Ihr Herz begann heftig zu schlagen. Sie wollte etwas sagen, doch Mukesh schüttelte nur den Kopf und deutete auf eine etwas abgelegene Gasse, in der ein Kupferschmied seine Werkstatt hatte. Sie verstand. Während der Lumpensammler seines Weges zog, tat sie eine Weile so, als interessiere sie sich für Jaminas Käufe.
    »Ich werde schon mal vorausgehen«, meinte sie schließlich beiläufig, »ich möchte dort unten noch für meine Eltern ein Geschenk besorgen.« Sie zeigte auf den Laden eines Puppenbauers, der ganz und gar nicht in der Richtung lag, wo Mukesh auf sie wartete. Jamina war es nur recht. Sie roch gerade an einer neuen Teemischung. »Aber bleib nicht zu lange«, meinte sie nebenbei. »Wir müssen noch viel erledigen.«
    Ricky eilte zu dem Kupferschmied, dessen Werkstatt im Moment leer stand. Sie sah sich suchend nach Mukesh um, konnte ihn jedoch nicht entdecken. Plötzlich zog sie jemand am Ärmel ins Innere der Werkstatt.
    »Na endlich!«, strahlte der junge Mann. Sein geschwärztes Gesicht verschwamm mit dem Halbdunkel der Werkstatt, nur seine unergründlichen Augen glänzten daraus hervor. Beinahe verlegen ließ er sie los.
    »Wie bist du aus dem Palast gekommen?«, fragte Ricky, um die Verlegenheit zwischen ihnen zu lösen.
    »Einer der Geheimgänge endet genau am unteren Ende des Gangaur Ghat. Kurz vor seinem Ausgang habe ich mittlerweile ein ganzes Arsenal an Kostümen, mit denen ich mich verkleiden kann.«
    »Hast du keine Angst, entdeckt zu werden?«
    Mukesh zuckte mit den Schultern. »Der Geheimgang wird überhaupt nicht mehr benutzt. Wahrscheinlich ist er im Laufe der Zeit sogar in Vergessenheit geraten.«

    »Ich habe schon überall nach dir Ausschau gehalten«, gestand sie leicht errötend. Mukesh streichelte sanft ihre Wange und gab ihr rasch einen Kuss. »Du bist sehr schön«, meinte er ernst. »Wie eine Lotusblüte bei Vollmond.« Dann besann er sich. »Leider haben wir jetzt nicht viel Zeit«, meinte er bekümmert und sah sich nach dem Kupferschmied um, der jeden Augenblick zurückkommen konnte. »Kannst du übermorgen, an Lakshmi Puja, zum Gangaur Ghat kommen? Wir könnten eine kleine Bootsfahrt auf dem See machen. Ich muss unbedingt mit dir reden. Schaffst du es, dich gegen Mitternacht aus dem Haus zu stehlen?« Sein Blick war hoffnungsvoll und sehnsüchtig. Rickys Herz klopfte vor Freude, dennoch zögerte sie einen Augenblick. Sie hatte sich noch nie bei Nacht heimlich aus dem Haus geschlichen. Jamina hatte einen leichten Schlaf und würde sie bestimmt nicht gehen lassen, falls sie sie ertappte. Dennoch wollte sie es versuchen. Ihr Vater schlief für gewöhnlich ziemlich tief, und ihre Mutter war zurzeit ohnehin keine Gefahr.
    »Ich werde da sein.«
     
    Der zweite Tag von Diwali war Narak Chaturdasi. Jamina bestand wie jedes Jahr darauf, dass Ricky noch vor Sonnenaufgang aufstand und ein Bad mit wohlriechenden Badeölen nahm. Während sie der jungen Frau den Rücken mit einem Naturschwamm abrubbelte, erzählte sie Ricky wieder einmal, weshalb es Brauch war, sich so früh schon zu reinigen.
    »Wir Hindi gedenken heute Krishna, unserem blauhäutigen Gott. Er ist die achte Wiedergeburt von Vishnu und war ein mutiger Mann, der auch die Frauen liebte. Er war es, der einst den Dämon Narakasur besiegte und dadurch sechzehntausend Jungfrauen befreite. Nach dem schweren langen Kampf bestrich sich Krishna seine Stirn mit dem Blut des Dämonen und zog mit

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