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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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bereits Zukunftspläne geschmiedet. Eines Tages wollten sie auf Owitambe so etwas wie eine Gästefarm errichten – nicht für Jäger, sondern für Reisende, denen die Natur am Herzen lag. Doch bis dahin war noch ein langer Weg.
     
    Nach drei herrlichen Tagen begab sich das junge Ehepaar wieder auf den Rückweg nach Owitambe. Fritz hatte vor, noch eine Nacht auf der Farm zu bleiben und dann zurück nach Okakarara zu reisen.
    Doch dann kam alles ganz anders. Auf halbem Weg ratterte
ihr Planwagen durch ein Schlagloch, und eine Achse brach. Das war ärgerlich, aber nicht weiter schlimm. Mit Jellas Hilfe gelang es Fritz, die Achse notdürftig zu reparieren. Allerdings würde das Gefährt wohl den langen Weg bis Owitambe nicht schaffen. Aus diesem Grund beschlossen sie, nochmals nach Okakarara, das viel näher lag, zu fahren. Mitten im Busch, am Onjoka-Vlei, dem Beginn eines Trockenflusses, hielt Fritz den Wagen plötzlich an. Ein ungewöhnliches Geräusch hatte ihn misstrauisch gemacht. Er lauschte und griff unauffällig hinter sich. Der umherstreunenden Hererogruppen wegen hatte er sicherheitshalber sein Gewehr immer griffbereit. Er zielte damit auf ein Gebüsch, hinter dem er das Geräusch vermutete.
    »Rauskommen!«, befahl er auf Herero. Nichts rührte sich.
    »Vielleicht ist es nur ein Tier?«, raunte Jella.
    Fritz schüttelte kaum merklich den Kopf.
    »Kein Tier würde sich so laut verhalten. Außerdem sehe ich etwas Buntes hinter dem Busch. Das müssen Kleidungsstücke sein!«
    »Kommen Sie raus und zeigen Sie sich!«, versuchte er es jetzt auf Deutsch. Immer noch zeigte sich niemand. Erst als Fritz in die Luft schoss, raschelte es, und endlich krochen erst eine und dann noch ein weitere Gestalt aus dem Dickicht hervor. Jella blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. Einen der beiden Männer kannte sie nur zu gut! Es handelte sich um den Gefreiten Knorr, Schutztruppensoldat und ehemaliger Museumswärter mit weitreichenden Ambitionen. Sie war ihm bereits in Berlin begegnet und auf dem Schiff, das sie in die Kolonie Deutsch-Südwest gebracht hatte.
    »Gefreiter Knorr«, brachte sie schließlich kopfschüttelnd hervor. »Was um Himmels willen machen Sie denn hier?«
    Der kleine, schnauzbärtige Mann mit der Knubbelnase und den dicken Brillengläsern sah sie ebenso überrascht an. Offensichtlich war er ziemlich mitgenommen. Sein kariertes Hemd
hing in Fetzen von seinem Leib, und in seiner Brille fehlte ein Glas. Aus diesem Grund hatte er eine Weile benötigt, bis er Jella erkannt hatte. Ein erleichtertes Strahlen ging über sein verknautschtes Gesicht.
    »Das Fräulein Sonthofen!«, rief er begeistert. »Wir sind gerettet!«
    Sofort humpelte er auf Jella und Fritz zu, um ihnen die Hände zu schütteln und sie mit einem Schwall von Worten zu überschütten. Als Knorr endlich von ihr abließ, musterte Jella neugierig den anderen Mann, der abwartend stehen geblieben war. Er war dunkelhäutig, aber kein Afrikaner. Sein Alter war schwer zu schätzen. Jung war er nicht mehr, denn feine Falten durchzogen sein ebenmäßiges Gesicht. Seine schlanke Erscheinung hatte trotz der miserablen Situation etwas Würdevolles. Um seinen Kopf hatte er ein langes, gelbes Tuch geschlungen, wie es die Inder trugen. Allerdings trug er europäische Kleidung, die mindestens genauso zerfetzt war wie die von Alfred Knorr. Mit zusammengefalteten Händen und einer tiefen Kopfverbeugung begrüßte er sie schließlich.
    »Namaste«, lächelte er und stellte sich als Rajiv Singh vor. Er war tatsächlich Inder.
    Jella holte rasch die Trinkflasche aus dem Wagen und reichte sie den beiden Gestrandeten.
    »Was ist mit Ihnen geschehen?«, fragte sie schließlich neugierig. »Ihrem Aufzug nach zu urteilen, haben Sie einiges mitgemacht.«
    Das war das Stichwort, auf das Alfred Knorr gewartet hatte. Er hatte sich erstaunlich schnell erholt und begann sofort das zu tun, was er am besten konnte, nämlich zu übertreiben. Mit einer dramatischen Geste begann er eine Geschichte zu erzählen, die einfach unglaublich war. Sie war gespickt mit blumigen Redewendungen und gewürzt mit einer Großspurigkeit, die an Baron Münchhausen erinnerte. Allem Anschein nach waren
die beiden Männer überfallen und ausgeraubt worden, aber Knorr machte daraus ein spektakuläres Gefecht.
    »Es waren mindestens fünfzehn baumlange Herero«, behauptete er, während er wichtigtuerisch an seinem Schnurrbart zupfte. »Mit zehn bin ich aufgrund meiner langen Erfahrung als

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