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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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seines Eingangs stehen geblieben, sodass er auf die Frauen hinabsehen konnte.
    »Die Frage ist, was willst du, Fürst der Tapferen?«, fragte die Frau, die Ricky ihr Öllämpchen geschenkt hatte. Offensichtlich war sie die Anführerin. Sie fuhr sich lüstern mit ihrer langen Zunge über die grellrot geschminkten Lippen. Die anderen Frauen lachten anzüglich.
    »Verschwindet«, befahl der Hausherr. »Ich will Leute wie euch nicht in meinem Haus haben.«
    »Aber, aber.« Die Anführerin tat beleidigt. »Willst du etwa
nicht, dass wir dir zu der Geburt deines ersten Sohnes gratulieren? Gib uns eine anständige Belohnung, dann segnen wir deinen Sohn und dich dazu.«
    »Ich brauche euren Segen nicht«, entgegnete der Hausherr aufgebracht. »Ihr seid doch nur billiges Gesindel!«
    »Sind wir das?« Die Anführerin zog ihre nachgezogene Augenbraue hoch. Ihr Blick war nun drohend auf den geizigen Gastgeber gerichtet. »Ich bin von der Göttin Bahuchara Mata geweiht worden. Du weißt, dass ich dadurch segnen oder …« – sie machte eine ausgedehnte Kunstpause – »… verfluchen kann.«
    »Lakshmi hat mich schon gesegnet«, behauptete der Hausherr selbstbewusst. »Ihr Schutz ist mir gut genug. Und nun verschwindet. Wenn ihr nicht sofort geht, lasse ich die Wachen holen.«
    Er hob drohend seine Faust und verschwand im Haus. Ricky fühlte sich unbehaglich. Irgendetwas schien mit diesen Frauen nicht zu stimmen. Sie überlegte, wieder zurück in die Stadt zu gehen; auf der anderen Seite fürchtete sie sich vor der Dunkelheit. Fürs Erste beschloss sie deshalb zu bleiben. Die Frauen setzten nun erneut mit ihrer jämmerlichen Katzenmusik ein. Dieses Mal sangen sie dazu. Rickys musikalisches Gehör litt unter der schlimmen Kakophonie. Der Krach war so ohrenbetäubend, dass er die Unterhaltung im Haus übertönte. Erneut trat der Hausherr aus seiner Tür, doch die Frauen machten so lange weiter, bis schließlich auch die Gäste aus dem Haus traten, um nachzusehen, wer diesen Lärm veranstaltete.
    »Willst du immer noch keine Segnung?«, fragte die Anführerin provozierend. »Oder glaubst du uns nicht, dass wir von Bahuchara Mata gesegnet sind? Willst du es sehen?«
    Der Hausherr schüttelte erschrocken den Kopf. Er sah unentschlossen die feixenden Gäste und dann wieder die aufdringlichen Frauen an.

    »Ich habe die Wachen bereits gerufen«, behauptete er. »Sie werden gleich hier sein und euch alle einsperren.«
    »Niemand wird uns einsperren, Süßer«, flötete die Anführerin. Sie bewegte ihre Hüften, als befände sie sich in einem sexuellen Akt. Ein kurzer Blick zu ihren Freundinnen genügte, dann begannen auch sie, sich in gleicher Weise zu bewegen. Aus der Menge der Gäste kamen empörte Rufe. Der Hausherr reagierte mit lautem Schimpfen, das jedoch von einem immer stärker werdenden Trommelwirbel übertönt wurde, bis ein abschließender Tusch den Lärm beendete. In dem Moment, als die Trommel verstummte, hoben alle Frauen gleichzeitig ihren Sari hoch und entblößten vor den versammelten Gästen ihr Geschlecht. Ricky stand direkt neben ihnen. Zwangsläufig wurde auch sie gezwungen, die nackten Frauen anzusehen. Entsetzt starrte sie auf die teils verstümmelten, teils missgebildeten Genitalien.
    Das waren keine Frauen, denen sie gefolgt war, aber es waren auch keine Männer. Es waren zweigeschlechtliche, zum Teil verstümmelte Wesen, die ganz bestimmt verflucht und gefährlich waren. Kopflos vor Schreck floh Ricky in die Dunkelheit.

    Nakeshis Geist irrte durch die Anderswelt. Dichter gelber Nebel umgab sie wie ein Leichentuch. Egal, in welche Richtung sie ging, der Nebel wurde immer dichter. Sie hatte den Weg verloren.
    Die Llangwasi spielten ihr einen Streich. Sie wollten, dass sie sich verirrte. Doch das durfte ihnen nicht gelingen. Unbeirrbar versuchte sie ihren Weg zu finden. In ihrer Not rief sie nach Debe, dem verstorbenen Vater.
    »Hilf mir! Ich weiß nicht mehr, wo ich bin. Ich suche meine Sternenschwester, doch ich kann den Zugang zu ihrem Geist nicht finden!«

    Die Nebelschwaden teilten sich, und eine Gestalt erschien, aber es war nicht Debe, sondern Sheshe, ihre zweite Sternenschwester. Nakeshi erschrak.
    »Was ist mit dir geschehen?«, fragte sie. Ihre Tante sah schrecklich aus. Der Körper war eingefallen, und ihre Augen sahen bitter und verhärmt aus.
    »Lass dich von meiner Hülle nicht blenden«, beschwichtigte Sheshe. »Was du siehst, ist das Abbild jener Frau, die aus der Welt der Weißen zu den

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