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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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Augenblicken etwas gekochte Süßkartoffel oder frisches Obst zuzustecken. Er musste nur seinen Kopf etwas schief legen und seine Umgebung bettelnd ansehen, schon bekam er die Zuwendung, die er sich wünschte. Er war ein freundliches Tier und ließ sich von jedermann gern streicheln, aber Ricky wurde zu seiner Ersatzmutter. Wenn sie einmal nicht in seiner Nähe war, begann er wie ein Kind zu schreien. Kam sie dann eilends angerannt, musste sie ihn auf den Arm nehmen und minutenlang liebkosen.
    Bereits nach wenigen Tagen ging es ihm besser, und die natürliche Neugier trieb das Äffchen dazu, aus dem Leiterwagen zu klettern. Um das zu verhindern, legte Fritz ihm eine Art Geschirr um, das an den Leiterwagen gebunden war. Jacko schrie Zeter und Mordio und wehrte sich vehement gegen seine Fesseln.
    »Sorg dafür, dass er die nächsten Tage noch ruhig bleibt«, ermahnte Fritz seine Tochter. »Er darf den Verband mit der Schiene auf keinen Fall lösen!«
    Ricky lief nun stundenlang mit ihrem Affen im Leiterwagen spazieren. Solange sie unterwegs waren, gab Jacko Ruhe, aber sobald sie ihn abstellte, begehrte er wieder auf und musste getragen werden. Jella besah sich die Plackerei eine Zeit lang stirnrunzelnd und fand dann eine praktische Lösung.
    »Warum legen wir Jacko nicht einen Gipsverband an?«, schlug
sie Fritz vor. »Den kann er nicht lösen. Auf der anderen Seite ermöglicht er ihm, sich einigermaßen frei zu bewegen.«
    »Er wird es nicht zulassen, wenn wir ihn nochmals neu verbinden. Außerdem muss der Gips ein paar Stunden trocknen, bevor er fest ist.«
    »Du könntest ihn sedieren«, schlug Jella vor. »Wenn er aufwacht, ist der Gips schon trocken.«
    »Einen Versuch ist es jedenfalls wert«, gab Fritz bei.
    Am nächsten Tag humpelte Jacko mit seinem Gipsbein Ricky hinterher und genoss seine neu gewonnene Freiheit.
     
    Nakeshi saß mit Jella unter der großen Schirmakazie. Die beiden Frauen blickten auf die Stelle, an der vor vielen Jahren Debe, Nakeshis Vater, beerdigt worden war.
    »Debe wird einmal wie sein Großvater werden«, meinte Jella. »Er ist außergewöhnlich klug und sieht die Dinge hinter den Dingen.«
    Nakeshi war anderer Meinung. »Die Zeiten ändern sich. Die Weißen drängen uns immer weiter zurück. Vielleicht gibt es bald keinen Platz mehr für uns.«
    »Unsinn! Ihr werdet immer hierherkommen können. Afrika ist groß.«
    »Ich habe Angst, dass Debe zu den Weißen geht«, klagte Nakeshi. »Siehst du nicht, wie sehr er sich für ihre Dinge interessiert? Er sieht, dass euer Leben sehr viel einfacher ist als unseres. Das ist nicht gut.«
    »Er ist euer Sohn«, tröstete Jella. »Er wird wissen, was er zu tun hat.«
    Ihre Freundin nickte.
    »Deine Tochter hat ein mächtiges Num«, sagte sie scheinbar unvermittelt.
    Jella sah sie zweifelnd an. »Davon habe ich bisher noch nichts gemerkt«, meinte sie. »Sie findet das, was uns verbindet, albern.«
    »Warte, bis das Zebra zum ersten Mal vom Löwen gejagt wird«, antwortete Nakeshi mehrdeutig.
     
    Der kleine Jacko brachte Leben auf die Farm. Jeden Tag wurde er etwas beweglicher und auch frecher. Mittlerweile hinderte der Gips ihn kaum noch daran, vorwärtszukommen, und mit seinem gesunden Arm hangelte er sich mühelos auf Stühle und Tische, um dort Obst zu stibitzen oder sein Gesichtchen in der spiegelnden Glasscheibe des Vertikos zu bestaunen. Als er eines Morgens eine Schale mit Obst mutwillig auf den Boden warf, hatte Fritz die Nase voll.
    »Ich werde den kleinen Tunichtgut jetzt in einen Käfig sperren«, drohte er. »Er demoliert noch unser gesamtes Inventar. Er ist ein wildes Tier und gehört nicht in ein Haus.«
    Ricky war entrüstet. »Er darf nicht allein sein«, empörte sie sich. »Im Käfig wird er sich schrecklich ängstigen. Ich werde ihm die nötigen Manieren schon noch beibringen.«
    »Das wird dir nie gelingen. Ein Pavian ist kein Spielzeug.«
    »Ich helfe dir dabei«, sprang Johannes seiner Enkelin unerwartet bei. »Eigentlich kann man einen Affen wie einen Hund erziehen. Nach dem Prinzip von Belohnung und Bestrafung wird Jacko bald begreifen, was er tun darf und was nicht.«
    »Damit möchte ich nichts zu tun haben«, stöhnte Fritz. »Mir reicht die Arbeit auf der Farm.«
    Er erhob sich, um nach draußen zu gehen. Johannes zog die Augenbrauen zusammen.
    »Wir sollten mit den Erziehungsmaßnahmen am besten sofort beginnen«, brummte er. »Wer weiß, sonst sperrt ihn dein Vater tatsächlich ein.« Er winkte seiner Enkelin, mit

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