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Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Capp
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weiß natürlich, dass sie findet, sie seien als Paar zu auffällig und müssten in ständiger Sorge leben. Sich ständig vom Mythos von Musk und Byrne verfolgt fühlen. Und genau das möchte sie ihm mit dieser Feststellung sagen. Gleichzeitig weiß er jedoch – weiß es schon seit einiger Zeit –, dass sie frei sein will von ihm. Er zweifelt nicht daran, dass sie ihn noch immer liebt. Aber sie muss mit sich selbst klarkommen, und dabei kann er ihr nicht helfen. Er kann weder ihre Schuldgefühle noch ihr Bedauern wegwischen. Kann ihren Kummer nicht teilen. Und hatte doch schon ganz früh die Hoffnung genährt, sie könnten eines Tages ein gemeinsames Kind haben.
    »Genau das wollte ich auch sagen«, antwortet Nathaniel und dreht seinen Hut in seinen Händen. »Wir müssen sie von unserer Fährte ablenken.«
    Sie grinsen einander an wie Waffenbrüder. Jemma ist ihm zutiefst dankbar, dass er mitspielt. Es ist besser so. Besser, so zu tun, als würden sie eine Strategie verfolgen, als einfach auseinanderzugehen.
    Ihre Augen folgen einer Ente, die gefolgt vom Gequake der Entchen, die in ihrem Kielwasser schwimmen, über den Teich gleitet. Nathaniel teilt ihr mit, er werde mit dem Abenddampfer nach Portland fahren. Dort habe er einen Freund, der schon lange darauf warte, sich ihm zu einer Expedition zur Erforschung des Binnenmeeres anzuschließen. Seiner Schätzung nach könnten sie schon innerhalb von einer Woche bereit zum Aufbruch sein. Dieser Freund kenne ein paar Schwarze aus diesem Teil des Landes, die bereit seien, die Führung zu übernehmen. Sie würden mit leichtem Gepäck reisen und sich unterwegs ihre Nahrung suchen, wie das die Schwarzen tun. Er redet, als wäre ihre Flucht von Red Ridge Teil eines größeren Plans, um diese Expedition auf den Weg zu bringen, und als habe er nur auf den passenden Moment gewartet. Redet, als stünde ihre Wiedervereinigung bei seiner Rückkehr außer Frage, als ginge ihr gemeinsames Leben weiter. Sie aber hört aus seinen Worten den Versuch heraus, sich davon zu überzeugen, dass es nie anders gedacht war, sie sich unweigerlich auf diesen Punkt zubewegt haben.
    Seine Worte sind an den leeren Raum vor ihm gerichtet, und er vermeidet es, sie anzusehen, jetzt verändert sich jedoch der Ton seiner Stimme. Er ist fertig mit seiner Ankündigung und spricht nun über die tiefe Kluft zwischen ihren getrennten Körpern hinweg, greift mit ihrer Stimme nach ihr. Eines müsse er jedoch noch tun, bevor er aufbreche, sagt er leise. Er müsse sich direkt an die Zeitungen wenden und sie über Marcus O’Brien aufklären, ihnen die Wahrheit sagen von seiner Obsession für Jemma, dass er ihr die Ehe angetragen und sie bedroht habe, nachdem das Kind starb, dass es O’Brien gewesen sei, der dem Mythos von Musk und Byrne immer neue Nahrung gab, und wie er ihr seitdem aufgelauert habe. Der Artikel, den sie kürzlich im Advocate gelesen hatten, zeige, dass die Zeit jetzt reif und es möglich sei, O’Brien als den zu entlarven, der er war, und damit glaubhaft zu sein. Gelänge es, O’Brien als korrupt vorführen, würde damit der ganzen absurden Geschichte jegliche Grundlage entzogen. Erst das gewähre ihnen die Freiheit, weiterleben zu können.
    »Aber überleg doch mal, welche Hetzjagd die Zeitungen auf uns gemacht haben«, hält Jemma dagegen. »Was lässt dich glauben, dass sie sich ändern werden?«
    Nathaniel setzt seinen Hut wieder auf. Er greift nach ihrer Hand und hilft ihr beim Aufstehen. »Weil es, meine schöne Gesetzlose, eine verdammt gute Geschichte ist. Und was noch besser ist, sie ist wahr. Die Zeitungen wissen genau, dass die Öffentlichkeit und die Polizei sich nicht grün sind. Und sollte die Staatspolizei dennoch hartnäckig daran festhalten wollen, dann lass sie mich doch im Landesinneren jagen, wenn sie sich traut!«
    Er hält ihre Taille umfangen und fixiert sie mit seinem glutäugigen Blick. »Du kannst mit einer Postkarte von irgendwo nördlich des Lake Eyre rechnen.«
    Jemma nimmt seine Züge in sich auf, wie sie das auch tat, als sie sein Porträt malte, und erinnert sich dabei der lustvollen Zärtlichkeit, mit der sie ihren Pinselstrichen Leben einhauchte. Zärtlichkeit . Ein Wort, das Ruskin immer und immer wieder benutzt. Wenn man nicht zärtlich malen könne, solle man es lieber bleiben lassen. Und so studiert sie jetzt mit zärtlicher Distanz die Form seines Gesichts und den unverkennbaren Umriss seines Körpers, wo sie nach dem sucht, was Ruskin die »Ehrfurcht

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