Sehnsucht
unterscheiden von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung â zeichnet sich durch ein sehr geringes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl aus. Der Suizid wäre dann so etwas wie der letzte verzweifelte Versuch, das eigene Selbstwertgefühl zu retten, eine letzte stolze Selbsterhaltung angesichts einer massiven und nicht mehr zu verarbeitenden Kränkung. Oftmals bestehen neben den Minderwertigkeitsgefühlen kompensatorische Grandiositätsgefühle, die sich in einer Ãberschätzung der eigenen Fähigkeiten bemerkbar machen. Sie dienen eher der eigenen Stabilisierung und der Aufrechterhaltung einer sozialen Fassade. Solche Personen können weder sich selbst noch andere realistisch einschätzen. Sie sind emotional unsicher und versuchen dies zu kaschieren. Meist ist das gröÃte Problem dabei die Unfähigkeit zu wirklicher Empathie bzw. einem echten Einfühlungsvermögen, was sich besonders in Liebesbeziehungen und Eltern-Kind-Beziehungen negativ bemerkbar macht. Solche narzisstischen Menschen leben in intimen Beziehungen, von denen sie einerseits stark abhängig sind, bei denen sie aber die Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle der anderen nicht wahrnehmen können und daher diese immer wieder verletzen, zurückweisen oder vor den Kopf stoÃen. Damit kommt es in Reaktion darauf immer wieder zu Kränkungen, Verletzungen, Zurückweisungen oder auch Trennungen. Da die letztendliche Trennung durch den Partner nicht ertragen bzw. narzisstisch verarbeitet werden kann, wird die Aggression gegen sich selbst gerichtet und es kommt zum Suizidversuch, um den Partner nicht zu verlieren oder ihn weiter an sich zu binden. Daher entstehen solche narzisstischen Krisen in der Regel aus schweren Partnerschaftskonflikten.
Sehr romantische Menschen haben allerdings die Vorstellung, dass es gar keiner narzisstischen Probleme bedarf, sondern dass der gewählte Tod letzter und konsequentester Ausdruck einer verzweifelten Liebe sei. Wenn man endlich den einen Menschen auf dieser Welt gefunden habe, der die einzige, wahre und groÃe Liebe des Lebens ist, dieser Mensch aber an einen anderen gebunden ist, dann könne man mit dem Schmerz eben nicht so einfach weiterleben. Viele Dichter teilen diese Position und einer ganz besonders: Goethe.
Der Werther-Effekt
Anfang der 1980er Jahre strahlte das ZDF eine sechsteilige Serie mit dem Titel Tod eines Schülers aus. Darin wurde der fiktive Suizid eines 19-jährigen Schülers geschildert, der sich vor die Bahn wirft. Danach kam es zu einem erheblichen Anstieg von Eisenbahnsuiziden bei Jugendlichen in ähnlichem Alter. Solche Nachahmungen finden sich in der Geschichte immer wieder. In der Psychologie spricht man von einer Imitation, Suggestion oder Ansteckung. Auch im Zusammenhang mit dem Suizid von Marilyn Monroe kam es vermehr zu suizidalen Handlungen nach gleichem Muster. Berühmt geworden sind sie durch eine wahre Suizidwelle, die durch das Buch Die Leiden des jungen Werthers von Johann Wolfgang von Goethe im Jahre 1774 ausgelöst wurde. Viele der Suizidanten kleideten sich bei ihrem Suizid genauso wie Werther oder sie trugen das Buch bei sich.
Werther, ein junger Mann, den es aufs Land zieht und der die Natur in vollen Zügen genieÃt, lernt den Amtmann des Ortes Wahlheim kennen. Erst später trifft er dessen älteste Tochter Lotte, die für die acht Geschwister die Mutterrolle übernommen hat, denn der Amtmann ist Witwer. Werther freundet sich mit der ganzen Familie an und verliebt sich unsterblich in Lotte. Siegehen tanzen und sie zeigt ihm ihre Zuneigung. Aber dann kehrt Albert, Lottes Verlobter, von einer Geschäftsreise zurück. Werthers Stimmung verdüstert sich, er zieht sich zurück, freundet sich dann aber sogar mit Albert an. Seine Gefühle für Lotte bleiben unverändert stark und so versucht er, durch eine Reise und eine Anstellung bei Hofe, also durch äuÃeren Abstand innere Ruhe zu finden. Als er zurückkehrt, sind Lotte und Albert verheiratet, seine Gefühle für Lotte sind dennoch unvermindert. Als Albert auf einer Reise ist, kommt es zu einer leidenschaftlichen Szene zwischen Lotte und Werther, aus der sie flüchtet. Um ihre Ehe nicht zu gefährden, beschlieÃt Werther, sich das Leben zu nehmen. In seinem Abschiedsbrief schreibt er an beide:
Ich habe den Frieden deines Hauses gestört, ich habe Misstrauen zwischen euch gebracht. Lebâ wohl, ich
Weitere Kostenlose Bücher