Sehnsucht
nicht nur das Ãberleben auf dem Planeten, sondern auch das Denken ihres Volkes. Beide verlieben sich ineinander. Immer mehr gerät Jake Sully als Avatar in einen inneren Konflikt, ist hin- und hergerissen zwischen seinem ursprünglichen Auftrag, die Naâvi auszuspionieren und seiner zunehmenden Sympathie für ihr Denken und ihre Lebensweise. Als das militärische Einsatzkommando sieht, wie die Unterwanderung durch die Avatare scheitert, beschlieÃen sie nur noch mit Gewalt gegen die Naâvi vorzugehen, um sich den Zugang zu den Rohstoffen zu sichern. Der Film endet in einem klassischen amerikanischen Showdown, dem Kampf zwischen Jake Sully als Avatar und dem militärischen Führer Colonel Quaritch, der durch das Eingreifen von Neytiri entschieden wird. Sie tötet den Militärführer mit zwei Pfeilen und rettet Jake Sully. Die irdische Streitmacht wird besiegt und anschlieÃend gezwungen, den Planeten Pandora zu verlassen. Jake Sully entscheidet sich als Naâvi auf Pandora zu bleiben.
Die symbolische Aussage des Films besteht zunächst in einer scharfen Kritik am US-amerikanischen Imperialismus. Hier wird nicht der typische amerikanische Held gefeiert, der den unterentwickelten Völkern der Welt Frieden und Freiheit, zur Not auch mit militärischer Gewalt bringt. Der amerikanische Söldner in diesem Film verkauft sich anfangs für Geld, um seine eigenen Interessen umzusetzen, erkennt dann aber die Ungerechtigkeit seines Auftrages, wendet sich davon immer mehr ab und öffnet sich für die Gedanken des fremden Volkes, das er eigentlich helfen soll zu unterwerfen. Die US-Militärmaschinerie wird im Film nicht durch ihre ideologischen Ziele verklärt, sondern als eine brutale, dumpfe, rücksichtslose, rassistische und gewaltsame Truppe dargestellt, die ausschlieÃlich militärische Mittel zur Durchsetzung ihrer ökonomischen Interessen einsetzt. Der Film nimmt die Perspektive der Opfer ein, weshalb er von den Republikanern stark angefeindet wurde.
Es scheint, als diene der Film einer kulturellen Entlastung der amerikanischen Seele von massiven Schuldgefühlen. Der sogenannte Krieg gegen den Terror hat tiefe Spuren in der amerikanischen Seele hinterlassen, die systematischen Menschenrechtsverletzungen müssen anscheinend kulturell aufgearbeitet werden. So kommentiert die amerikanische Publizistin Naomi Wolf:
Ironischerweise dürfte Avatar mehr dazu beitragen, das verdrängte Wissen der Amerikaner über die Seichtigkeit ihrer nationalen Mythologie angesichts ihrer repressiven Präsenz in der übrigen Welt zu exhumieren als alle Leitartikel, College-Kurse oder selbst Proteste auÃerhalb der amerikanischen Grenzen. Nicht, dass ich mich darüber beschweren will; Hollywood hat eben eine derartige Macht. Doch im Falle von Avatar wurde die Macht des amerikanischen Filmwesens ausnahmsweise einmal auf die amerikanische Selbsterkenntnis ausgerichtet, statt auf den amerikanischen Eskapismus . 85
Man kann den Film also im symbolischen Sinne als eine Selbstaussage oder gar Selbsterkenntnis der US-Amerikaner bezeichnen, in dem tiefe Schuldgefühle aufgearbeitet werden sollen. Aber der Erfolg und die Faszination des Films erklären sich nicht nur damit. Die Kritik der irdischen Militärstrategie ist nur die eine Seite, die andere Seite bezieht sich auf die Vision, wie sie durch das Leben, die Kultur und die schöne Seele der Naâvi in fantastischen Bildern beschrieben wird. Insofern ist Avatar auch ein Film über die Sehnsüchte am Anfang des 21. Jahrhunderts. Wenn man die Zahl der Zuschauer als eine Art Abstimmung versteht, dann würde sich die groÃe Mehrheit der Weltbevölkerung für den Planeten Pandora entscheiden und nicht für die Erde. Der Film Avatar handelt letztlich von der groÃen Sehnsucht nach einem harmonischen Leben im Einklang mit den Menschen und der Natur. Und am Ende steht eine klare Entscheidung für die Sehnsucht nach einem anderen Leben, gegen eine zerstörerische irdische Wirklichkeit und für die friedliche positive Utopie.
8. Â
Das Paradies und die Hölle â
Von sozialen Utopien
Und es entstand die erste,
die goldene Zeit
Ohne Rächer, ohne Gesetz,
von selber bewahrte man
Treue und Anstand.
Ovid
Metamorphosen
Wie sollte eine Gemeinschaft, eine Gesellschaft oder gar ein Staatswesen aussehen, in dem möglichst viele Menschen glücklich sind? Wie kann Das gröÃte
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