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Sehnsucht

Sehnsucht

Titel: Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang R. Hantel-Quitmann
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sondern nationale Symbole getroffen wurden, neben all den Tausenden von Toten, die dabei starben. Für Al-Qaida und die mit dieser Terrororganisation sympathisierenden Menschen war dieser Anschlag zugleich eine symbolische Wunscherfüllung nach umfassender Rache. Und beide Seiten verbinden mit den Anschlägen bis heute tiefe Gefühle von Demütigung, Schmach, Rache und Stolz. Auch der Streit um die Mohammed Karikaturen wurde deshalb so emotional geführt, weil es sich um heilige islamische Symbole handelt, mit denen sich die Moslems in aller Welt identifizieren. Wenn Menschen irgendwo auf der Welt sich auf besondere Weise mit ihren Symbolen identifizieren, dann wird die Verletzung der Symbole auch als persönliche Kränkung und Verletzung erlebt.
    Die Verletzung der Symbole kann persönlichen Schmerz herbeiführen. Auch die besonderen Folterpraktiken der US-Armee im Irakkrieg bestanden neben den physischen Schmerzen vor allem im seelischen Schmerz der tiefen Erniedrigung, Beschämung und Demütigung. Wenn muslimische Männer gezwungen werden, nackt vor weiblichen Soldatinnen der US-Armee zu masturbieren, dann ist der Schmerz der Kränkung, Beschämung und Demütigung für die Betroffenen unerträglich. Symbolik kann foltern.
    Auf der anderen Seite kennen wir alle die Politiker, die sich auf ihren Wahlkampftourneen gern mit Kindern zeigen und ihnen über den Kopf streicheln. Damit wollen sie auf hochsymbolische Weise ihre Kinderfreundlichkeit oder auch ihre Väterlichkeit zum Ausdruck bringen. Die Botschaft lautet: Seht her, ich bin ein Freund der Kinder und werde im Amt auch für eure Kinder sorgen. Und mit dieser symbolischen Handlung soll zugleich die verbreitete Sehnsucht der Menschen befriedigt werden, als Politiker nicht nur kalte Technokraten wählen zu können, sondern warmherzig sorgende Menschen.
    Symbolische Handlungen haben also mehrere Seiten: Sie sind erstens eine Aussage über diejenigen, die sie ausführen, über ihre Absichten, Ziele und Wünsche. Zweitens sollen sie bei den Empfängern etwas bewirken, sowohl Glück als auch Schmerz, Sorge und Liebe. Drittens sagen sie etwas aus über die Art der Beziehung beider zueinander, dann heißt die Botschaft: Wir haben eine sorgende, eine zerstörerische, eine liebende oder eine Machtbeziehung. Manchmal ist dies alles gar nicht eindeutig,dann zweifelt man, was mit einer symbolischen Handlung ausgedrückt werden soll. Dann sind die symbolischen Handlungen nur in einem individuellen Kontext zu verstehen. Wenn beispielsweise eine Frau ihren Mann streichelt, dann kann dies ein symbolischer Ausdruck einer emotionalen Nähe sein oder der Versuch, damit eine solche Nähe herzustellen. Hier entsteht ein großer Raum für Missverständnisse, den man kaum vermeiden kann. Die Absichten hinter den symbolischen Handlungen müssen ebenso wie die damit verbundenen Ängste thematisiert werden. Dann brauchen wir einen Prozess der gegenseitigen Selbsteröffnung, in dem die Menschen sich öffnen und möglichst angstfrei über die Symbolik ihrer Handlungen informieren. Das Ergebnis dieses Prozesses nennt man Intimität. In einer intimen Beziehung – einer Liebesbeziehung, Partnerschaft, Geschwisterbeziehung oder auch engen Freundschaft – kann ein hohes Maß an Aufklärung über die Absichten symbolischer Handlungen erreicht werden, aber letztlich nie eine absolute Sicherheit. Denn manchmal wissen die Betroffenen selbst nicht, was genau sie nun damit sagen wollten, dann sind ihnen die eigenen Motive nicht bewusst und sie merken vielleicht erst an ihren symbolischen Handlungen, welche Sehnsüchte sie haben.
    Eine leidenschaftliche Dienstreise
    Sagen Sie mal, ist ein One-Night-Stand auch schon eine Liebesaffäre? Sie sind doch da ein Experte.
    Es kommt nicht auf die Dauer an, sondern auf Ihre Gefühle. Wie kam es denn dazu und wie haben Sie sich gefühlt?
    Es war eine normale Dienstreise. Wir hatten ein Meeting in Berlin, ein sehr schönes Hotel am Kanal mit großem Schwimmbad und Wellnessbereich, es gab ruhige Zimmer, das Hotel war richtig zum Wohlfühlen. Dann haben wir nach dem anstrengenden Arbeitstag abends noch an der Bar gesessen. Irgendwie hatte es sich so ergeben, dass der eine Kollege aus München und ich die ganze Zeit zusammen waren, seine Gegenwart empfand ich als angenehm, irgendwie intensiv ohne aufdringlich zu sein. Wir haben viel geredet

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