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Sehnsuchtsland

Sehnsuchtsland

Titel: Sehnsuchtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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im Käfig vorgekommen, und das Gefühl der Enge wurde auch nicht gerade besser durch den Umstand, dass Gunilla allem Anschein nach immer noch in der Gegend war. Er hatte ganz selbstverständlich angenommen, dass sie sofort nach London reisen würde, doch heute Morgen hatte ihm seine Sekretärin mit argloser Unbefangenheit erzählt, dass sie Gunilla im Ort getroffen hatte.
    Mittlerweile war ihm klar, dass sie sicherlich nur noch deshalb hier war, weil sie Nägel mit Köpfen machen wollte, sprich, sie wollte alle Zelte hinter sich abbrechen und brauchte dafür noch ein paar Tage, um alle nötigen Formalitäten und Behördengänge zu erledigen. Natürlich hätte sie es ebenso gut von zu Hause aus erledigen können, doch nach dem Eklat vergangene Woche zog sie es vermutlich vor, einen sicheren Abstand zu ihm und ihrem Vater einzuhalten.
    Henrik war es nur recht. Wahrscheinlich hätte es endlose Debatten gegeben, wenn sie im Haus geblieben wäre.
    Davon abgesehen hatte er genug Arbeit, um sich abzulenken, wobei er sich allerdings keinen Illusionen darüber hingab, dass all seine Beschäftigungsstrategien weniger den Zweck verfolgten, seine Ehe zu vergessen, als vielmehr, sich Linda aus dem Kopf zu schlagen. Er konnte einfach nicht aufhören, an sie zu denken, und vorhin, als er am Tisch vor dem Fenster gesessen und auf seinen Laptop eingehämmert hatte, war ihr Auftauchen für ihn ein ganz besonderer Moment gewesen, voller Magie und schicksalhafter Verzauberung.
    Er wusste selbst nicht, was ihn dazu gebracht hatte, plötzlich mitten in der Arbeit aufzuschauen. Doch er hatte es getan, und im selben Augenblick hatte er sie gesehen. Ihr wehendes blondes Haar, ihre stolz aufgerichtete Gestalt auf dem Pferderücken... Sie und der Wallach schienen eine Einheit zu bilden, als wären sie füreinander geschaffen. Es war so, als hätte sie nie damit aufgehört, Fjäril zu reiten.
    Henrik hatte nur bewegungslos dagesessen und sie betört angeschaut, und erst, als sie geschmeidig aus dem Sattel glitt, war er aus seiner Erstarrung erwacht und augenblicklich hinausgerannt, um sie in Empfang zu nehmen.
    Sein Herz tat einen heftigen Satz, als sie ihn anstrahlte. Er schluckte hart. »Ich... ich habe frischen Kaffee«, brachte er stammelnd hervor.
    Ihr Gesicht verzog sich zu einem spitzbübischen Lächeln, und plötzlich sah sie keinen Tag älter aus als fünfzehn. »Hast du auch Kekse?«
    Er hatte welche, doch er fürchtete, dass sie ziemlich altbacken waren. Linda hatte auch nur kurz in einen davon gebissen, bevor sie ihn mit dem Anflug eines höflichen Lächelns wieder zur Seite legte und sich stattdessen an ihrer Kaffeetasse festhielt.
    Sie tranken im Stehen, zwischen dem Regal mit den Büchern und den Musik-CDs und dem durchgesessenen alten Sofa, das noch zur ursprünglichen Einrichtung gehörte, die er damals hier vorgefunden hatte.
    Henrik schaute aus dem Fenster, wo der Wallach mit gesenktem Kopf unter den Bäumen stand und an dem Moos knabberte.
    »Du und Fjäril «, sagte er nachdenklich. »Wenn man euch zusammen sieht, kann man sich gar nicht vorstellen, dass du ihn einfach zurückgelassen hast!«
    Sie schaute zu ihm auf, einen kummervollen Ausdruck in den Augen. »Es hat mir beinahe das Herz gebrochen. Aber ich konnte ihn nicht mitnehmen! Zuerst war ich in Stockholm und danach zwei Semester in Florenz.«
    Henrik hatte inzwischen erfahren, dass sie Kunstgeschichte studiert hatte. Ob die Arbeit im Museum wirklich ihr Traumjob war? Olav hatte ihm dieser Tage erzählt, wie verrückt sie immer auf Schiffe gewesen war. Nun, von daher war eine Tätigkeit in einem Schifffahrtsmuseum vielleicht nicht unbedingt das Schlechteste für sie, überlegte Henrik.
    Mit einem Mal hatte er das Bedürfnis, etwas über ihre geheimen Wünsche und Gedanken zu erfahren. Zum Beispiel über den eigentlichen Grund ihres raschen Verschwindens vor vier Jahren. Niemand hatte das so recht begriffen. Angestrengt überlegte er, wie er das Thema anschneiden konnte, ohne in irgendeiner Weise aufdringlich zu wirken. Leider wollte ihm keine unverfängliche Formulierung einfallen. Elegante Konversation zu betreiben gehörte nicht gerade zu seinen Stärken.
    »Ich fand es schade, dass du damals so plötzlich abgehauen bist«, platzte er schließlich wenig diplomatisch heraus, während er sich an der Stereoanlage zu schaffen machte.
    »Ich habe es nicht mehr ausgehalten.« Sie warf ihm einen schrägen Blick zu, und er sah erst jetzt, was für unglaublich lange Wimpern

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