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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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immer noch nicht richtig darüber geredet. Er brauchte den ganzen 1. Januar, um sich von seinem Kater zu erholen. Und den gestrigen Tag hatte sie damit verbracht, das Shooting vorzubereiten. Und er wiederum war den ganzen Tag im Atelier gewesen. Wir müssen endlich darüber reden. Eigentlich hatte sie darauf gewartet, dass er das Thema anschneidet und sich auch entschuldigt für sein Verhalten am Silvestermorgen. Aber die Entschuldigung kam nicht.
    Der Ärger auf ihn macht sie traurig. Und dann ist da noch ein anderes Gefühl, das sie piesackt, wenn sie ihn mit einer anderen Frau lachen sieht. Eine Empfindung, die sie über all die Jahre selten zugelassen hatte, weil sie sich einerseits seiner sicher ist und weil es anderseits unnütz gewesen wäre, einer eifersüchtigen Frau wäre er längst davon gelaufen ... Er braucht seinen Freiraum und er will Vertrauen und Respekt. Denselben, den er ihr entgegenbringt. Er hat in all den Jahren nie einen Anflug von Eifersucht gezeigt. Nicht mal entfernt . Das passt nicht zu ihm. Und nicht zu ihr, eigentlich ...
    Alys sieht wirklich nervös aus . Eliot umarmt sie jetzt als wolle er sie trösten. Irina kann den Blick des Fotografen auf ihrer Wange fühlen, aber sie blickt ihn nicht an. Ihr Gesicht zeigt keine Regung. Sie ignoriert das fremde Gefühl, so gut es geht. Er umarmt sie immer noch. „Die beiden scheinen sich ja gut zu verstehen“, murmelt Nicolas. Da ist es, genau das, weswegen er unter anderem nicht beliebt ist. Seine spitze Zunge. Kleine Bemerkungen am Rande, unsensibel und manchmal unpassend. „Ja“, sagt sie nur und wendet sich ihm zu. „Eliot mag sie sehr. Ich mag sie auch.“ Ihr Blick ist streng und Nicolas bleibt still. Als sie wieder auf den Parkplatz herunter blickt, dirigiert Eliot Alys eben zur Tür, den Arm um ihre Schulter. Irina runzelt die Stirn, aber Nicolas sieht es nicht mehr, er ist bereits wieder im Nebenraum verschwunden.
     
    *
     
    Das Fotostudio summt vor Geschäftigkeit. Leute stolpern durcheinander und aneinander vorbei, schleppen Kabelrollen, hantieren an und mit Scheinwerfern. Ein junger Mann ganz in Schwarz sitzt an einem Laptop, wo sich der Fotograf immer die aktuellen Schüsse ansehen kann. Der junge Mann reibt sich umständlich das Gesicht. Ein Assistent des Fotografen wahrscheinlich.
    Dann klackern Absätze über das Linoleum und Alys hört eine Frauenstimme „er ist da“ sagen. Zwischen zwei Scheinwerfern taucht sie auf. Eliot bleibt stehen, sein Arm liegt immer noch um Alys’ Schulter. Die Frau kommt auf sie zu, auf schwindelerregend hohen Pumps, Louboutins, die gleichen, wie Mascha gekauft hat, einfach goldfarben. „Eliot.“ Die Frau zieht seinen Namen künstlich in die Länge. Ihre Stimme klingt, als hätte sie eine Zuckerstange im Mund. Sie schwenkt gekonnt die Hüften wie einer der Unterwäsche-Engel auf dem Laufsteg von ‚Victoria’s Secret’.
    Die Frau streckt eine Hand mit langen, rot lackierten Nägeln aus und Eliot ergreift sie. „Es freut mich, dich endlich persönlich kennen zu lernen“, gurrt sie. „Ich bin Cornelia Comte, aber alle nennen mich Conny. Ich bin die stellvertretende Chefredaktorin vom Rock’n’Roll Star und ich schreibe den Artikel über das Fotoshooting. Ich habe dich im Dezember angerufen wegen dem Interview.“ Eliot knipst sein professionelles Lächeln an, das Alys stets bemerkte, wenn ihn auf dem Weg zum Auto jemand erkannt und angesprochen hatte. „Natürlich, ich erinnere mich. Die Freude ist ganz meinerseits.“ Er legt den Kopf etwas schräg und Alys sieht Cornelia Comte , oder Conny, schmelzen wie Eis im Sonnenschein. Auf den Artikel bin ich ja gespannt!
    Eliot und Conny tauschen ein paar Höflichkeiten und Alys hat Zeit, die Journalistin zu beobachten. Sie ist wohl Ende 40 und dünn wie ein Model. Der Preis dafür hat ihr Gesicht bezahlt, das sämtliche Weichheit verloren hat. Alys erinnert sich an den Spruch ihrer Tante: „Irgendwann musst du dich zwischen deinem Gesicht und deinem Hintern entscheiden.“ Conny hat sich offenbar für den Po entschieden. Ihr Haar, schwarz gefärbt und sorgfältig glatt geföhnt, kann von den Ecken und Kanten nicht ablenken, genauso wenig wie das sorgfältig aufgepinselte Make-up. Sie trägt ein Minikleid aus Leder, das an Marlen wohl grossartig ausgesehen hätte. Aber Conny ist mindestens fünfzehn Jahre zu alt dafür. Aber sie hat schöne Augen, ein blasses Grün. Eine seltene Farbe. Die Journalistin hat erst etwas für Alys übrig, als Eliot

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