Sehnsüchtig (German Edition)
den Tisch. Sie klirrt protestierend. „Gut“, kommt langsam über ihre Lippen. „Das ist gut.“ Einen Augenblick messen sich ihre Blicke. Dann blickt sie zum Fenster hinaus und dann wieder zu ihm. „Sie ist ja auch süss“, hält sie fest. „Ich verstehe, dass du sie magst. Sie ist lieb. Sie hat offensichtlich ein gutes Herz.“ Sie erzählt ihm von der Noah-Episode und wie Alys versucht hatte, Frederic zu trösten. Er schüttelt den Kopf. „Ich hätte nicht gedacht, dass Mascha an Hirsbrunners Schleimspur kleben bleibt. Der Kerl ist ein Arschloch.“
Marlen grinst vage. „Ich weiss, dass du ihn verabscheust.“ Eliot knurrt ein weiteres Schimpfwort. „Weiss Irina davon?“, will Marlen dann wissen. Irritiert runzelt er die Stirn. „Wovon?“
„Dieser Freundschaft mit Alys, oder was immer es ist.“
„Es ist nicht mehr als das ...“, sagt er kühl. Er bereut es plötzlich, Marlen davon erzählt zu haben. „Und ja, sie weiss, dass wir auch mal einen Kaffee trinken gehen. Und dass ich sie mag. Sie mag Alys auch. Sonst hätte sie ja wohl kaum für das Shooting vorgeschlagen. Und nein, sie weiss nicht, dass ich damals bei Alys war. Sie würde es nicht verstehen und wehe, du erzählst ihr davon!“
Sie verzieht den hübschen Mund. „Du weiss genau, dass ich schweigen kann.“ Eliot nickt. „Ja, das weiss ich.“ Trotzdem. Marlen spielt mit dem Anhänger ihrer Halskette. Ein Totenkopf mit Krone darauf. Er hat ihr die Kette und den Anhänger zu ihrem 30. Geburtstag im August geschenkt. Sie steht auf diesen Rock'n'Roll-Schmuck von Thomas Sabo. Klobig und ein bisschen kitschig.
„Ich finde Alys sympathisch“, hält sie dann fest. „Ich will nicht, dass du das Gegenteil annimmst. Aber du weisst schon, dass sie in dich verliebt ist?“
Was? Er richtet sich etwas auf. Sein Rücken schmerzt, weil er zu lange in der gleichen Position verharrt ist. „Das ist Unsinn ...“, hält er fest. Sie legt den Kopf ein wenig schräg. Ihr Blick ist direkt. „Ist es nicht ...“ Eliot schüttelt den Kopf. „Sie ist nicht in mich verliebt.“ Marlen seufzt. „Manchmal bist du wirklich blind ...“ Er schüttelt immer noch den Kopf, diesmal heftiger. „Erklär mich für verrückt, aber für mich ist das sonnenklar.“ So ein Quatsch. „Und wie genau kommst du zu dieser interessanten, aber völlig falschen Diagnose?“ Er kann nicht verhindern, dass es sarkastisch klingt. Sie lässt sich davon nicht irritieren. Sie kennt seine Art zu diskutieren.
„Weil sie dich ansieht als wärst du das Faszinierendste, was sie je gesehen hat. Oder als wärst du etwas zum Essen. Eine Packung Gummibärchen zum Beispiel.“ Marlen ist süchtig nach Gummibärchen. An einem anderen Tag oder bei einem anderen Thema würde er jetzt lachen. Heute nicht.
„Du spinnst“, behauptet er.
„Das sagst du heute nicht zum ersten Mal. Sie versucht, es zu verstecken. Offensichtlich erfolgreich, wenn du es nicht mal siehst. Manchmal ertappt sie sich selbst dabei und dann guckt sie ganz erschreckt ...“
Er hebt den Kopf. Sie guckt erschreckt?
Das Mädchen mit den ängstlichen Augen. So hatte er sie beim ersten Konzert genannt, weil sie so ängstlich zu ihm hochgesehen hatte. Ein seltsames Gefühl breitet sich in ihm aus. Eine zaghafte Stimme im Kopf wagt zu fragen, ob Marlen vielleicht, eventuell, allenfalls doch recht haben könnte?
Dann hören sie den Hausschlüssel im Schloss und gleich darauf Irinas Stimme. „Ich bin zuhause.“
„Hey Liebling“, ruft er. „Marlen ist da.“ Irina kommt in den Raum, ein paar Schneeflocken im Haar und Lilli auf der Hüfte. Lillis Gesicht leuchtet auf als sie Eliot sieht. Sie quietscht erfreut. „Dada“, sagt sie und streckt die Arme nach ihm aus.
„Und schon bin ich abgemeldet“, sagt Irina und reicht ihm seine Tochter. Er küsst ihre rosige Kinderwange, die kühl ist vom Schnee draussen. Dann küsst er Irina. Sie sieht entspannt aus heute. Sie begrüsst Marlen erfreut, sie haben sich schon eine Weile nicht mehr gesehen. Während die beiden Frauen einen weiteren Kaffee trinken und Neuigkeiten austauschen, baut Eliot mit seiner Tochter Türme auf dem Teppich. Er stapelt eifrig bunte Klötze und vergisst seinen Kater. Für Lilli ist es das Grösste, die Türme zum Einsturz zu bringen, wieder und wieder. Sie strahlt ihn an. Er fühlt sein Herz aufgehen und baut einen neuen Turm. Dabei denkt er darüber nach, was Marlen über Alys gesagt hat. Sie kann unmöglich Recht haben ... Und wenn
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