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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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ihr Gesicht weicher. Er streckt eine Hand nach ihrer Schulter aus. „Darum wäre ich froh, wenn wir jetzt aufhören, uns zu streiten und reingehen. Ich bin müde und es ist kühl.“ Er sieht ihrem Gesicht an, dass die Diskussion noch nicht vorüber ist, sondern nur verschoben.
     
    *
     
    Wie jedesmal, wenn sie nachhause kommt, erträgt sie die Stadt kaum. Aus den Ferien zurückkommen ist einfach scheisse. Sie fühlt das dringende Bedürfnis, in das nächste Taxi zu springen und zurück an den Flughafen zu fahren. Einfach weg. Sie schleppt den Koffer die Treppe hoch und will fluchen über das Gewicht oder über den Schneeregen draussen, oder über die Situation an sich. Aber es gelingt nicht, weil sie ausser Atem ist. Der Koffer kommt ihr mindestens gleich schwer vor wie sie selbst. Warum konnte ich nicht in ein Haus mit einem Lift ziehen? Endlich ist sie oben und dreht den Schlüssel im Schloss. Home Sweet Home. Oder auch nicht. Kaum in der Wohnung, droht ihr schon die Decke auf den Kopf zu fallen. Sie stellt den Koffer achtlos in den Flur. Er verdient diesen Namen kaum. Ein begehbarer Kleiderschrank war ihr wichtiger gewesen als die Grösse der Wohnung. Oder als ein Lift, was sie mittlerweile bereut. Nur für ihre Schätze auf dem prall gefüllten Schuhregal hat sie einen liebevollen Blick übrig.
    Mascha lässt sich einen Espresso heraus und wählt gleichzeitig Alys’ Nummer. Sie will ein liebes Gesicht sehen und mit jemandem reden, bevor sie der Heimkehr-Blues vollkommen vereinnahmt. Ein Glas Wein und Klatsch und Tratsch mit der Schnecke ist jetzt genau das Richtige. Es klingelt und klingelt und dann kommt Alys’ Stimme: „Das ist die Mailbox von Alys Allenbach. Ich bin zurzeit nicht erreichbar, hinterlassen Sie mir doch eine Nachricht und ich rufe Sie so bald wie möglich ...“ Bla, Bla, Bla. Mascha furcht die Stirn und schickt ihr stattdessen eine Whatsapp-Nachricht.
    Sie wirft sich aufs Sofa und zappt durch die Kanäle. Nichts, das sie im Geringsten interessieren könnte. Also macht sie den Fernseher wieder aus und dreht die Stereoanlage auf. ‚Make me wanna die’ von The Pretty Reckless passt perfekt zu ihrer Stimmung. Sie dreht die Lautstärke hoch. Wahrscheinlich wird ihr Nachbar von unterhalb demnächst wieder mit dem Besenstiel gegen die Decke poltern. Aber das ist ihr egal. Ich bin wieder da-ha. Vorbei mit der Ruhe.
    Idiot, fügt sie genüsslich hinzu. Maximilian Gfeller und sie können sich nicht leiden. Trotzdem macht er jedesmal Stielaugen, wenn sie sich im Treppenhaus kreuzen. Mascha hasst die Art, wie er sie angafft. So, dass sie danach das dringende Bedürfnis hat, zu duschen. Blicke wie Berührungen von klebrigen Händen. Er ist genau die Art Mann, die sie verabscheut. Er dürfte nicht älter als 32 sein, aber er ist mindestens so kleinkariert wie die scheusslichen Hemden, die er unter dem von Mama gestrickten Pullunder trägt. Mama Gfeller macht ihm auch die Wäsche. Und manchmal sieht sie die Mutter mit Putzzeug auf seinem Balkon stehen. Er arbeitet bei einer Versicherung und hört Mittelalterchoräle. Mascha ist sich ziemlich sicher, dass er pornosüchtig ist. Oder noch Jungfrau. Oder vielleicht beides zusammen. Oder dann schleicht er in seinem weinroten VW Golf regelmässig den Strassenstrich drüben beim Fluss entlang und gabelt knapp dem Teenageralter entwachsene Nutten aus Rumänien auf. Bäh. Wahrscheinlich gehört er zu den Freiern, die es ohne machen wollen. Der Espresso und das billige Essen aus dem Flugzeug drohen ihr hochzukommen, also greift sie hastig nach ihrem mit Strasssteinchen verzierten iPhone. Ablenkung. Jetzt sofort. Keine Antwort von Alys. Nur ein grünes Häkchen neben der Nachricht und zuletzt online war sie heute Vormittag um 9 Uhr. Seltsam. Hat sie die Nachricht noch gar nicht gelesen? Das passt nicht zu ihr. Alys ist von ihrem Handy mindestens so abhängig wie Mascha von Espresso und dem Modeforum ‚The Fashion Spot’. Oder noch schlimme: Hat sie die Nachricht weggedrückt und ignoriert ? Mascha schüttelt den Kopf. Das kann nicht sein. Sie tappt mit dem Fuss auf den Boden und beschliesst, ihr noch eine halbe Stunde Zeit zu geben. Sie startet ihren Laptop und surft auf Zalando. Genervt-gelangweilt sein und Onlineshopping ist eine gefährliche Kombination. Eine Viertelstunde später hat sie den virtuellen Einkaufskorb mit einer Handtasche, einem Paar Jeans, zwei Kleidern und einem Paar Schuhen gefüllt. Sie ist sich ziemlich sicher, dass ihre Kreditkarte in

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