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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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gepasst hat, dann hat er nie Gefallen geheuchelt. Er hat immer direkt gesagt, was er gut und was er nicht gut findet. Und jetzt lügt er. Deinetwegen. Sie hat Eliot Wagner zum Lügner gemacht. Du lügst selber ständig seit du ihn kennst. Zuerst belügst dich Wochen lang selbst, ‘nein, ich habe keine Gefühle für ihn.’ Schreibst dann Mascha, es sei alles in Ordnung, dabei hast du eben mit deinem Kunden geschlafen. Ohne zu verhüten. Mit deinem liierten Kunden, Vater einer Tochter. Mit Eliot. Den du liebst und auf den du kein Recht hast – nie haben wirst. Sie starrt zum Fenster hinaus. Aber sie bekommt nichts von der Landschaft mit. Sie hört, wie er sich von Irina verabschiedet und ihr verspricht, die Hoteladresse per SMS zu schicken. Und nicht zu schnell zu fahren. Sie wirft einen Blick auf den Tacho. Er ist mindestens 15 Stundenkilometer zu schnell. Irina legt jetzt auf. Er starrt eine Weile auf das Handy, als könne es ihm weiterhelfen. Als wisse es einen Ausweg aus diesem Schlamassel, den sie beide angerichtet haben.
    Dann atmet er aus. Wieder ein. Fahrig, als hätte er die Luft angehalten. Dann reicht er ihr das Handy. Sie verstaut es im Handschuhfach und vermeidet angestrengt, auf das Display zu blicken, das Hintergrundbild, sein glückliches Gesicht an Irinas strahlendem, ein Ferienschnappschuss, das Meer im Hintergrund. Ein Bild des Glücks, entstanden in einem glücklichen Moment. Und jetzt fährt er mit ihr ans Meer. Unter ganz anderen Vorzeichen. Und es ist falsch was wir machen, ganz und gar falsch. Einen Moment lang will sie ihn bitten, umzukehren, oder sie am nächsten Bahnhof aussteigen zu lassen. Aber sie schweigt und zündet sich die Zigarette wieder an, die ungeraucht verloschen ist. „Da ist eine Raststätte. Lass uns anhalten. Ich brauche frische Luft und eine Pause“, sagt er neben ihr. Seine Stimme klingt angestrengt.
    Sie sagt nichts und schaut zu, wie er auf dem Parkplatz auf und abgeht. Eine Zigarette raucht und dazwischen in eines der Sandwiches beisst, das sie an der Tankstelle zuhause gekauft hatte. Sie sieht ihn kauen und schlucken, aber es scheint ihm nicht besonders zu schmecken. Es sieht mehr aus, als zwinge er sich, etwas zu essen. Er sagt nichts, raucht weiter und zieht Kreise um den Porsche, den Blick irgendwo in der Ferne. Er erinnert sie an einen Tiger im Käfig. Tigern, das tut er oft in letzter Zeit. In ihrem Wohnzimmer. Auf und ab und rund um den Beistelltisch. Er sieht jetzt wieder gehetzt aus, wie meistens in den letzten Wochen. „Willst du nichts essen?“, fragt er dann und bleibt endlich stehen. Das Tigern macht sie unruhig. „Hab keinen Hunger“, sagt sie leise. Es stimmt. Beim Gedanken an Essen wird ihr übel. Er betrachtet sie einen Moment lang mit diesem Blick von letzter Nacht. Dann legt sich sein Arm um ihre Taille und er zieht sie an sich. Sie sträubt sich nicht, lässt sich umarmen. Er riecht anders als sonst. Nach ihrem Duschgel. „Schau mich an“, sagt er. Sie gehorcht und blickt auf. Sein Gesicht nahe an ihrem. Er legt seine Hand an ihre Wange. „Warum machst du es dir so schwer?“
    „Ich weiss nicht ...“
    „Es war nicht deine Schuld.“ Sie kennt die Worte, er hat sie ihr in diesem SMS geschrieben als sie in der Bahnhofapotheke war. „Ich hätte ‚Nein’ sagen können ...“, murmelt sie. „Oder sollen.“ Sein Blick ist jetzt eindringlich. „Hättest du das gewollt?“ Alys findet keine Antwort auf diese Frage. Er studiert ihr Gesicht, dann atmet er langsam aus. „Es spricht für dich, dass du Schuldgefühle hast. Aber trotzdem. Marlen sagte über dich, dass du ein gutes Herz hast, hab ich dir das erzählt?“
    „Nein.“
    „Wegen dem mit Mascha und Frederic an Silvester. Aber darum geht es eigentlich nicht. Es war nicht deine Schuld. Wenn jemand Schuldgefühle haben muss, dann ich.“ Sie sieht seinem Gesicht an, dass er sie hat. Aber dass er sie noch zu verdrängen versucht, vielleicht. „Versprichst du mir, dass du es dir nicht länger so schwer machst? Es ist schwierig, dich so zu sehen.“ Sie seufzt. „Ich versuche es ...“, verspricht sie dann. „Gut“. Er streicht ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Verharrt einen Moment. Es sieht einen Moment so aus, als wolle er sie küssen, aber dann schmiegt er seine Wange gegen ihr Haar. „Lass uns die nächsten zwei, drei Tage nicht darüber reden, OK?“ Seine Stimme scheint von weit her zu kommen. Sie birgt ihr Gesicht an seinem Hals. „OK“, sagt sie nach einer

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