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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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nachdenken, über dich und mich und über meine Situation an sich. Und dann werde ich mit dir darüber reden.“
    „Gut“, sagt sie. „Das ist gut.“
    „Wirst du es Irina sagen?“ Sie blickt über seine Schulter, tut so, als ob sie intensiv das Muster der Tapete studieren würde. Will ich es Irina sagen? Er fühlt das altbekannte Gefühl im Bauch bei diesem Gedanken, alles zieht sich zusammen, verhärtet sich. „Darüber hab ich noch nicht nachgedacht“, bringt er dann hervor. „Aber ja, vermutlich schon.“ Er weiss nicht, ob er es Irina verheimlichen kann, ob er das ertragen würde. Er hatte nie Geheimnisse vor ihr. Sie hat ein Anrecht darauf, es zu erfahren. Auch wenn es alles kaputt machen sollte. „Du müsstest es ihr nicht sagen. Du könntest drei Leben unangetastet weiterlaufen lassen. Ihres, deins, meins.“
    „So tun als wäre nichts gewesen? Ich glaube, dafür bin ich nicht der Typ. Ich war eigentlich immer für Ehrlichkeit. Schonungslose Ehrlichkeit, die auch weh tut, wenn es sein muss.“
    „Du wirst ihr wehtun.“ Er beisst sich auf die Innenseite der Wange. „Ja. Unermesslich!“
    „Wenn du es ihr sagst, kannst du ihr dann nicht sagen, dass ich es war? Ich glaube nicht, dass ich will, dass sie das weiss.“ Er hält ihren Blick fest. Jetzt rollt doch eine einzelne Träne über ihre Wange. „Ich mag Irina. Ich weiss nicht, wie ich ihr das antun konnte.“ Ihre Stimme klingt erstickt. „Und doch will ich dich. Dabei gehörst du ihr.“
    „Ich gehöre nur mir selbst. Das hab ich ihr immer so gesagt. Jeder Mensch gehört nur sich selbst. Ich werde es ihr nicht von mir aus sagen, dass du es bist. Aber vielleicht wird sie es von sich aus wissen. Und wenn sie mich danach fragt, werde ich sie wohl nicht anlügen können.“
    „Sie wird mich verabscheuen.“ Ihr Gesicht verzerrt sich als hätte sie Schmerzen, als ob ihr diese Tatsache einen Stich ins Herz versetzen sürde. „Ja, wahrscheinlich“, sagt er leise. „Ich weiss nicht, wie sie reagieren wird. Ich habe keine Ahnung. Sie ist eine ruhige Frau, aber unter der ruhigen Oberfläche brodelt es. Stille Wasser gründen tief – wer auch immer diesen Satz erfunden hat, könnte Irina gemeint haben. Oder auch dich. Eigentlich seid ihr euch sehr ähnlich. Ich habe scheinbar einen Typ.“ Sie probiert ein Lächeln, es sieht ziemlich wehmütig aus. Er wirft einen Blick zum Fenster. Es hat aufgehört zu regnen. „Ich muss an die frische Luft. Kommst du mit?“ Sie zögert. „Nein, ich versuche noch ein bisschen zu schlafen.“
    „Ok“, entgegnet er und küsst sie rasch auf den Mund. Es ist ihm in den letzten Tagen zur Angewohnheit geworden, sie zu küssen, wenn er ohne sie irgendwo hin geht. Spazieren, um mit Irina zu telefonieren, oder bevor sie in die Hotellobby geht mit dem Laptop unter dem Arm, um mit Mascha zu skypen. Mascha, die nicht merken darf, dass sie nicht alleine im Urlaub ist. „Bis gleich“, sagt sie. Er küsst sie noch einmal. Kurz, schon fast vertraut. Als wären wir ein Paar. Er verdrängt den Gedanken so gut es geht.

 
    HARDCORE
     
    Das Garagentor schliesst sich hinter ihm. Wie die Tür einer Falle, die hinter der Beute zuschnappt. Eliot fährt sich mit beiden Händen ins Haar. Je näher sie der Stadt gekommen waren, desto mehr hatte sich alles in ihm verkrampft. Sie hatten nicht viel gesprochen auf der Heimfahrt. Er studiert sein Gesicht im Rückspiegel. Er sieht den Mann von vor Èze im Spiegel. Der gehetzte Ausdruck ist wieder da, der positive Effekt von Meer und Ruhe sind verflogen. Gut, wenigstens sind die Augenringe weniger ausgeprägt. Und das, obwohl er letzte Nacht nicht besonders viel geschlafen hatte. Alys auch nicht. Er liess sie nicht schlafen und liebte sie bis zur Erschöpfung. Er wirft einen Blick in den Spiegel, ob er sich wirklich den roten Lippenstift vom Gesicht gewischt hat, den er sich vorher geholt hatte, bevor sie ausgestiegen war. Sie wollte sich auf eine Umarmung beschränken, aber er hatte mit beiden Händen nach ihrem Gesicht gegriffen. Aus dem Abschiedskuss, den er ihr geben wollte, war veritables Rumgeknutsche geworden. Und du hast es angezettelt, nicht sie. Als wärst du wieder 16.
    Er hat den Lippenstift erwischt. Und dann sagen sie in der Werbung, das Zeug sei kussfest. Der Mann im Spiegel sieht nicht nur gehetzt sondern auch schuldbewusst aus. Er fragt sich, ob es ihm Irina nicht von weitem ansehen wird, was er getan hat. Als hätte jemand rot und fett ‚Betrüger’ auf seine Stirn

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