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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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das?“
    „Keine Ahnung. Masochismus, ich weiss es nicht.“ Irinas Stimme ist jetzt genau so kalt wie ihr Blick. „Aber eigentlich bin ich hier weil ich mit dir reden will.“
    Alys streckt die Hand aus. „Wohnzimmer“, bringt sie hervor. Irina macht kehrt und marschiert ins Wohnzimmer. Die Absätze ihrer hochhakigen Stiefeletten klappern über das Parkett. Sie blickt sich im Wohnzimmer um, dann setzt sie sich aufs Sofa, mit Lilli auf dem Schoss. Alys bleibt irgendwo zwischen ihrem Schreibtisch und dem Sofa stehen. „Soll ich Kaffee machen?“ Ihr fällt nichts Anderes ein.
    „Vergiss die Höflichkeitsregeln. Setz dich einfach.“ Die Frau auf ihrem Sofa sieht zwar aus wie die Irina Agren, die sie im November kennen gelernt hatte. Rotblondes Haar, hübsches Gesicht, auf lässige Art elegant. Aber sie hat nicht viel mit der Frau gemeinsam, die sie vor einer Woche im ‚Secret’ noch gefragt hatte, ob mit ihr alles in Ordnung sei. Weg ist das Lächeln, weg ist jede Art von Wärme. Du hasst mich. Und ich kann es dir nicht verübeln. Es tut mir leid. Es tut mir wirklich Leid.
    Das sagt sie jetzt auch. Endlich hat sie ihre Sprache wiedergefunden. „Was passiert ist, tut mir Leid! Ich weiss, dass ich es nicht wieder gut machen kann und dass es furchtbar für dich ist ...“ Irina hebt eine Hand und Alys verstummt. „Ich will das nicht hören. Eliot hat mir schon gesagt, dass es dir ‚ach’ so Leid tut. Das interessiert mich nicht. Ich habe verschiedene Male die Worte ‚Flittchen’ und ‚Schlampe’ für dich gebraucht, aber darum geht es jetzt nicht. Und nein, du hast keine Ahnung, wie es mir geht! Das kannst du dir nicht mal im Ansatz vorstellen!“
    Irina wird nicht laut. Ihre Stimme ist leise und jedes Wort sticht zu. „Vielleicht nicht“, bringt Alys hervor. „Ich wollte das trotzdem sagen.“
    „Und ich will es trotzdem nicht hören.“ Irina mustert sie. Ihr Blick trifft Alys bis ins Mark. „Ich bin hier, weil ich wollte, dass du Lilli kennen lernst. Ich wollte dir das Kind zeigen, dem du den Vater wegnehmen willst.“
    Lilli betrachtet Alys immer noch. Staunende Augen – Eliots Augen – dann flackert etwas über ihr Gesichtchen, das ein vages Lächeln sein könnte. Ein etwas ernstes Lächeln, wie das von Alys’ Mutter. Alys erinnert sich daran, was Irina zu ihr gesagt hatte, als sie bei ihnen zuhause war, damals wegen dem Shooting. „Sie ist ein ziemlich ernstes Persönchen. Eliot sagt, sie ist eine alte Seele.“
    „Sie mag dich“, stellt Irina fest. „Welche Ironie.“ Im gleichen Moment füllen sich Alys’ Augen mit Tränen. Irinas Gesichtsausdruck ändert sich nicht. Alys gibt sich keine Mühe, die Tränen wegzuwischen, es kommen sowieso ständig neue. „Ich will ihr den Vater nicht wegnehmen. Das würde ich nie wollen.“ Ihre Stimme klingt erstickt.
    „Das heisst, wenn Eliot mich verlassen sollte, würdest du nicht im gleichen Moment mit ihm zusammenkommen? Natürlich würdest du das! Schliesslich liebst du ihn ja, sagt er.“
    Alys hebt den Kopf, hält Irinas Blick jetzt stand, obwohl sie immer wieder vor ihren Augen verschwimmt. „Das tue ich. Du kannst mich Schlampe nennen, und Flittchen, das verüble ich dir nicht. Vielleicht hast du sogar Recht. Aber ich liebe ihn auch. Ich sage nicht, ich liebe ihn mehr als du und ich liebe ihn nicht seit zehn Jahren. Aber ich tue es.“
    „Du kennst ihn seit vier Monaten und du redest von Liebe.“ Irina schüttelt den Kopf und es sieht verächtlich aus. „Aber gehen wir mal davon aus, er würde mich für dich verlassen: Ich würde nicht zulassen, dass Lilli Zeit mit dir verbringt. Das würde es nicht gerade einfach machen, eine Beziehung mit ihm zu führen, das kann ich dir versichern. Wir sind nicht verheiratet, aber Eliot hat zu 50 Prozent das Sorgerecht, das ist alles geregelt ...“ Irina blickt auf ihr Kind herab. „Nein, ich würde nicht wollen, dass sie nur eine Minute mit dir verbringt.“ Sie streicht Lilli durchs Haar und strafft ihren Rücken.
    „Ich rede immer vom Fall, dass er mich für dich verlassen könnte. Aber das hat er bisher nicht getan. Ich weiss jetzt seit fast einer Woche von Euch und er hat es nicht getan. Und er sagt, dass er mich immer noch liebt. Er sagt zwar etwas von Gefühlen für dich, aber er hat sich nicht von mir getrennt.“ Sie blickt zum Fenster hinaus, wo von Frühling noch nichts zu sehen ist, und dann wieder zurück zu Alys. „Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken in den letzten Tagen.

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