Sehnsüchtig (German Edition)
Wahrscheinlich hast du dir gewünscht, dass ich Eliot verlasse und es Euch einfach mache.“ Sie scheint auf eine Antwort zu warten, aber Alys bringt keine hervor. „Ich habe nachgedacht und bin zum Schluss gekommen, dass ich es nicht tun werde.“
Alys regt sich nicht, sie bleibt sitzen und erwidert Irinas Blick. Sie fühlt nicht viel. Vielleicht, weil sie es insgeheim geahnt hat. Oder sogar gewusst. Irina liebt ihn zu sehr, sie würde ihn nicht verlassen. Und dann Lilli, ein weiteres Argument dafür, ihm noch eine Chance zu geben. Eliot hat ihr gesagt, er würde nachdenken und ihr eine Antwort geben. Aber er hat Lilli. Und er liebt Lilli über alles. Er liebt auch Irina immer noch. Trotz ihr. Ich habe keine Chance. Ich werde ihn verlieren. Ich habe ihn schon verloren. Ich hatte ihn nie. Nicht so. Nicht richtig.
„Ich habe lange überlegt“, nimmt Irina den Faden wieder auf. Alys hört sie nur noch von weitem. „Ich werde ihm noch eine Chance geben. Ich werde jetzt nach Hause gehen und mit ihm reden – und ich werde ihn vor die Wahl stellen.“
Ihn vor die Wahl stellen? Er soll sich entscheiden? Für dich oder mich? Ich habe keine Chance. Keine Chance.
„Ich werde ihm sagen, dass er sich entscheiden soll. Ich werde nicht akzeptieren, dass das mit Euch weitergeht. Wenn er das will, dann bin ich weg. Mit Lilli. Dann kann er sich eine andere Wohnung suchen und ich werde dir das Leben zur Hölle machen, das kannst du mir glauben. Sollte er sich für mich entscheiden, gebe ich ihm noch eine Chance. Unter der Bedingung, dass er den Kontakt zu dir abbricht, sobald das Booklet in der Druckerei ist. Komplett. Er kann dich nicht wiedersehen, wenn er mich behalten will. Wenn ich herausfinde, dass er dir auch nur noch eine SMS schreibt, dann bin ich weg und das werde ich ihm sagen.“
Alys starrt Irina an. Noch immer strömen Tränen über ihr Gesicht. „Er wird sich für dich entscheiden“, murmelt sie. „Und ich kann es auch verstehen.“
„Wir werden sehen. Aber ja, vielleicht. Es sind 10 Jahre, ein Kind und ein Heiratsantrag.“ Im gleichen Moment steht sie auf. „Du wirst von Eliot hören, wie er sich entschieden hat. Tschüss.“
Alys kann nichts mehr sagen. Sie steht nur auf und schaut Irina zu, wie sie mit Lilli das Wohnzimmer verlässt. Gleich darauf klickt die Tür ins Schloss.
*
Lilli und Irina sind nirgends zu sehen als er aus dem Proberaum nach Hause kommt. Er hatte mit der Band für die anstehende Tour geprobt. The show must go on. Es hatte nichts geklappt wie es sollte. Levin hatte am Abend zuvor zuviel gefeiert. Zwischen Marlen und ihm selbst herrscht Eiszeit. Und Sascha, der neue Keyboarder, hat sich noch nicht wirklich eingelebt Die Probe war zum Kotzen. Er war laut geworden und wahrscheinlich auch unfair. Danach waren sie wortlos in alle Richtungen zerstoben.
Seine Hände zittern als er nach der Whiskeyflasche im Küchenschrank greift. Er hat die letzten Nächte kaum geschlafen. Das Sofa, auf das Irina ihn verbannt hat, ist hart und seine Gedanken werden nicht langsamer, wenn es draussen dunkel wird. Sie fahren weiter Karussell, es dreht sich immer schneller. Irina muss seine Schlaftabletten entsorgt haben, er findet sie nirgends mehr. Ich muss mir neue besorgen.
Einen Moment lang gerät er in Panik. Vielleicht hat Irina Lilli genommen und ist mit ihr weg gefahren! Vielleicht hat sie ihn verlassen, ohne ein Wort zu sagen. Sein Herz hämmert als er mit dem Whiskeyglas in der Hand durch die Wohnung hetzt und nachschaut, ob etwas fehlt. Hat sie Sachen eingepackt? Dinge, die sie für Lilli braucht oder sich selbst? Es ist noch alles da. Er geht ins Wohnzimmer und lässt sich aufs Sofa fallen. Sie ist noch da. Sie hat kaum mit ihm ein Wort gesprochen in den letzten Tagen. Ausser, um ihm zu sagen, dass sie einen Auftrag angenommen habe und er auf Lilli aufpassen solle. Donnerstag und Freitag hatte sie gearbeitet und war spät nach Hause gekommen.
„Wo ist dein Ring?“, hatte er gestern Abend gefragt und Panik in seiner eigenen Stimme gehört. Sie hatte mit den Schultern gezuckt. „Ich sehe gerade keinen Anlass, ihn zu tragen.“ Er war unter der Küchentür gestanden und hatte sie angestarrt. Ihr Blick war kalt. „Heisst das, du hast dich von mir getrennt?“, brachte er mit Mühe hervor. Sie wartete. Ein paar Sekunden verstrichen, sie fühlten sich sehr lange an. Dann schüttelte sie langsam den Kopf. „Ich muss nachdenken, ich muss mir über so vieles klar werden.“ Das sollte
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