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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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hatte ihr zwar geschrieben, sie hole sie ab , aber woher soll sie auch ahnen. Mascha steht an der Bushaltestelle, unter einem schwarzen Schirm und wirft einen Blick in den Himmel, einen angewiderten Ausdruck auf dem hübschen Gesicht. Kein Wunder, sie hasst Regen genau so sehr wie ich. Vielleicht noch ein bisschen mehr, weil ihre geliebten Stöckelschule dann dreckig werden und Wasser zwischen ihren Zehen gluckst. Das Grinsen auf Alys’ Gesicht fühlt sich ungewohnt an, als hätte sie es verlernt. Aber irgendwie auch gut. Sie kann nicht widerstehen und drückt auf die Hupe. Mascha zuckt zusammen. Alys hält neben der Bushaltestelle an und kurbelt das Fenster hinunter, die Kurbel geht etwas schwer, sie vergisst immer wieder, dass das Auto ja schon 23 Jahre alt ist. „Hey Schnecke!“
    Mascha sieht herrlich verdutzt aus. Sie schüttelt ein wenig den Kopf, dann kommt sie näher.
    „Steig ein“, fordert Alys sie auf.
    Mascha gehorcht und lässt sich in den schwarzen Ledersitz fallen. „Hatte Lydia nicht ein silbernes Auto?“ Sie hebt eine Augenbraue und mustert die altmodischen Armaturen. „Und vor allem ein moderneres?“
    „Das ist meins“, sagt Alys und hört Besitzerstolz in ihrer Stimme. Sie liebt den Wagen jetzt schon, dabei hat sie ihn erst heute Vormittag abgeholt. Mascha reisst die goldbraun geschminkten Augen auf. „Wozu brauchst du ein Auto? Ich meine, er ist chic und alles ...“ Sie blickt sich im Wagen um. „Ist das ein Porsche?“, fragt sie dann. „Wie kannst du dir das leisten?“ Alys grinst. Mascha mag die Kollektion eines Designers an einem einzigen Ärmel erkennen, aber von Autos hat sie keine Ahnung. „In meinen Träumen. Das ist ein Saab 900. Ein alter, wie du sehen kannst.“
    „Ich meine nur, er sieht aus wie seiner.“ Ihr Blick ist vorsichtig, wie immer wenn die Sprache auf Eliot kommt. Alys versucht, den Stich zu ignorieren. „Ja, ein bisschen, ich weiss. Darum gefällt er mir wahrscheinlich.“ Sie dreht den Schlüssel im Schloss. „Lass uns ein wenig über Land fahren, ich muss mich an die Schaltung und alles gewöhnen.“
    Sie fahren eine Weile und ihr iPod am Kassettenadapter spielt „Distance“ von Christina Perri. Seit Eliot weg ist, hört sie auch leichten Pop. Vielleicht, weil es viele gute Liebeskummermusik darunter gibt. Sie hat Pink und ihr Herzschmerzalbum „Funhouse“ entdeckt, und „Endlessly“ von Duffy, und „Lovestrong“ von Christina Perri. Nachts, wenn sienicht einschlafen kann, lauscht sie auf die Frauenstimmen, die von gebrochenen Herzen singen, von gekränkter Eitelkeit und all den vielen Facetten einer gescheiterten Liebe – und fühlt sich verstanden. Es ist einfach, zu dieser Musik ins Kissen zu weinen und sich auf die Lippe zu beissen – weil es immer noch so weh tut – wenn die Nacht vor ihrem Fenster hängt, schwarz und endlos, und sie sich nicht getraut, Mascha schon wieder anzurufen.
    „Ich muss dir etwas gestehen“, sagt sie und hält vor einem Rotlicht an. „Uh“, macht Mascha. „Ich mag diesen Satz nicht!“ Alys probiert ein Lächeln. „Ich weiss“. Sie dreht die Lautstärke etwas herunter. „Ich gehe weg“, sagt sie dann. „Wie weg?“ Mascha klingt alarmiert. Alys versucht, sie beruhigend anzusehen. Ich komme doch wieder. Aber es muss einfach sein. Vielleicht gelingt es mir dann, ein bisschen Abstand zu bekommen. Zu ihm. Zu allem, was war. Ich ertrage diese Stadt nicht mehr. „Ich spare doch schon länger dafür, reisen zu gehen.“
    „Ich weiss“, sagt Mascha. „Dafür, wenn du 30 bist und niemanden hast, der die Idee nicht mag und dich davon abhält. Wenn du noch niemanden hast, der mit dir sesshaft werden will. Aber du bist eben erst 28 geworden. Und du wolltest doch erst zwei, drei Jahre die Selbständigkeit ausprobieren.“
    Alys nickt langsam. „Ja, so war es geplant.“
    „Aber du gehst jetzt? Bald, meine ich?“
    „Ja, Mitte Monat. Ich habe jemanden gefunden, der meine Wohnung übernimmt bis ich zurückkomme, komplett möbliert und alles. So ist die Miete finanziert, wenn ich weg bin. Sie arbeitet vier Monate als Kellnerin in der Stadt. Das ist ideal.“
    „Das heisst, in vier Monaten bist du wieder da? Fest versprochen?“ Alys lächelt und nickt. „Himmel, ich werd dich furchtbar vermissen.“ Maschas Audrey-Hepburn-Augen sehen betrübt aus. „Ich dich auch, Schnecke“, hält Alys fest. Und wie.
    „Und wohin willst du?“
    Die Ampel springt auf grün und Alys gibt Gas. „Durch Europa, ich lasse mich

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