Sehnsüchtig (German Edition)
wahrscheinlich ist er deshalb aufgewacht und wird ohne Tablette nicht weiterschlafen können. Es ist kurz nach vier, das verrät ihm die Anzeige des Weckers. Er drückt einen Kuss auf Irinas Schulter, ihre Haut ist salzig. Dann schiebt er sie sachte auf ihre Seite des Betts, sie wacht nicht auf, er deckt sie besser zu. Er schwingt die Beine über die Bettkante und hebt seine Boxershorts vom Boden auf. Daneben liegt ihr neuer BH. Die Unterwäsche ist wirklich verdammt sexy.
Eliot wirft einen Blick ins Kinderzimmer bevor er ins Bad geht. Lilli schläft immer noch ruhig. Seit ein paar Monaten schläft sie durch. Ihm ist bewusst, wie viel Glück Irina und er damit haben.
Er macht das Licht im Bad an. Es flackert unschlüssig und geht dann an. Grell und schmerzhaft. Er kneift die Augen zusammen. Das Gesicht im Spiegel sieht müde aber auch irgendwie glücklich aus. Der Nach-Sex-Effekt. Einige nennen es auch Nachglühen. Wäre da nur nicht dieses Kopfweh ... Er massiert sich die Schläfen, öffnet dann den Spiegelschrank. Er spült eine Tablette mit Wasser herunter. Es ist die letzte in der Packung, er muss morgen neue kaufen oder es Irina auf die Einkaufsliste schreiben.
Eliot will die leere Packung in den kleinen Abfallkorb unter dem Spülbecken werfen, aber irgendeine Kartonschachtel verstopft die Öffnung. Er versucht es ein-, zweimal, dann flucht er tonlos. Er zieht die störende Schachtel heraus, um sie zusammenzuknüllen, wirft einen Blick auf die Aufschrift, hält inne.
Schwangerschaftstest, heisst es da. Er hockt sich auf den Boden, nackt bis auf die Boxershorts, und dreht die Schachtel in den Händen. Plötzlich ist ihm kalt, ist das der Badezimmerboden? Er steckt eine Hand in die Schachtel, sie ist leer. Dann kramt er im Abfall aber er kann den Test nicht finden. Sein Magen verkrampft sich, eine Reaktion auf die Tablette auf nüchternen Magen? Seine Gedanken rasen plötzlich. Wir haben doch darüber gesprochen? Vielleicht ist es Zufall? Wir waren uns doch einig? Ich muss mit ihr reden. Wir waren uns einig ...
Er öffnet die Schublade des Badezimmerschranks, jene, die ihr gehört, wo sie ihre Kosmetika aufbewahrt. Er räumt sie aus bis er zwei weitere, unbenutzte Tests findet. Sie sehen neu aus, er hat sie vorher noch nie gesehen. Er beisst sich auf die Unterlippe. Wir waren uns doch einig.
*
Er sagt nichts am nächsten Morgen, schluckt seine Unsicherheit hinunter – und seinen Ärger über seine Unsicherheit , oder doch über etwas anderes? Er lässt sich nichts anmerken, obwohl er nach seiner Entdeckung im Bad kaum mehr ein Auge zugemacht hatte. Seine Gedanken liessen ihn nicht in Ruhe, fuhren in seinem Kopf Karussell. War der Test positiv? Wenn ja, dann hätte sie sich sicher nicht zurückhalten können und gleich etwas gesagt, wie damals bei Lilli. Aber warum hat sie dann das Gefühl, schwanger zu sein, wenn sie sich doch einig waren, kein zweites Kind zu wollen? Auf jeden Fall nicht jetzt. Überhaupt nicht in den nächsten paar Jahren. Sie möchte lieber früher ein zweites Kind als er, das weiss er, aber sie haben doch darüber gesprochen. Sie hatte es eingesehen. Eingesehen, dass es zurzeit nicht geht.
Seit Lilli nimmt sie wieder die Pille. Das sagt sie zumindest. Er ärgert sich über diesen Gedanken. Er sieht ja schliesslich den sich leerenden Pillenstreifen im Badezimmerschrank. Sie würde so etwas doch nicht über meinen Kopf hinweg entscheiden. Aber weshalb der Test? Und warum hat sie sich gleich mehrere gekauft? Er versucht sich zu erinnern, ob in letzter Zeit etwas schief gelaufen ist. War ihr einmal übel? Könnte die Pille deshalb versagt haben? Er kann sich an keinen solchen Vorfall erinnern. Auch Antibiotika musste sie nicht nehmen, das soll ja die Wirkung der Pille auch beeinträchtigen , glaubt er irgendwo einmal gelesen zu haben.
Als er hört, dass Lilli aufgewacht ist, rollt er sich fast erleichtert aus dem Bett. Endlich ist die Nacht vorbei, das Gegrübel, die Stunden, in denen er mit brennenden Augen in die Dunkelheit gestarrt hatte. Die Dunkelheit, die einfach nicht weichen und dem Tag Platz machen wollte. „Ich gehe, schlaf weiter“, murmelt er Richtung Irina. „Danke“, nuschelt sie und streckt die Hand in seine Richtung, aber er ist schon weg.
Lilli sitzt aufrecht im Bett und blickt ihm entgegen. „Dada“, sagt sie zufrieden. „Ja, Maus, ich bin’s.“ Er hebt sie aus dem Bett und küsst ihre Wange, atmet ihren Duft ein. Er ist froh um das Lächeln seiner
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