Sehnsüchtig (German Edition)
blonden Locken und die grossen Augen, die irgendwie immer zu funkeln scheinen, sind unverkennbar. „Mascha, hey ...“
Sie hebt eine Augenbraue. „Grosseinkauf?“, sagt sie mit einem Blick auf die prall gefüllten Einkaufstaschen, die Kartonhenkel drohen bereits zu reissen und unter seinem linken Arm klemmt eine Packung Windeln. Er grinst. „Ja ... Und du, auf dem Weg ins ‚Secret’? Wartest du auf Alys?“ Bei der Erwähnung des Namens wandert die Augenbraue noch etwas höher. „Nein, heute lassen wir die Rock’n’Roll Star aus ...“, sagt sie dann. „Ich bin unterwegs nach Hause, hab länger gearbeitet heute.“
„Dito“, sagt er und sie schmunzelt.
Sie nestelt am Henkel ihrer Handtasche, die offensichtlich teuer ist und beinahe so gross wie sie selbst. „Dann also einen schönen Feierabend. Und schöne Festtage.“ Stimmt, in einer Woche ist ja Weihnachten. Er ist kein besonders grosser Weihnachtsfan. Gleichzeitig fällt ihm ein, dass er noch kein einziges Geschenk hat . Ugh. „Das wünsche ich dir auch. Rauschende Silvesterparty geplant?“ Mascha zuckt mit den Schultern. „Ich habe ehrlich gesagt noch keine Ahnung, was ich mache. Silvester wird irgendwie überbewertet. Meistens geh ich zu Alys oder sie kommt zu mir, wir sehen irgendwelche kitschigen BBC-Verfilmungen, und dazu essen wir zu viel Spaghetti und trinken billigen Wein ...“
„Klingt klasse“, sagt er. „Gut, ich würde irgendeinen Psychothriller mit einem eiskalten Axtmörder einschieben, aber der Rest klingt gut ...“ Sie lacht, es perlt durch die Bahnhofshalle und steckt ihn an. Er versteht, warum Alys mit ihr befreundet ist. Mascha ist lieb und lustig und sieht aus als könne man mit ihr Pferde stehlen – trotz den Designerschuhen und der sorgfältigen Maniküre. „Falls Euch Mister Darcy und der billige Wein langweilen sollten, könntet ihr in die ‘Wunderbar’ kommen, wir spielen da an der Silvesterparty ...“
„Echt? Da war ich schon lange nicht mehr. Das ist ein klasse Lokal, aber es ist immer so schnell voll, weil es so klein ist und alle reinwollen.“
„Ich setz Euch auf die Gästeliste, wenn ihr wollt ...“ Warum bin ich eigentlich nicht vorher auf die Idee gekommen, Alys zu fragen, ob sie kommen will ? Dann fällt ihm der heftige Streit mit Irina ein, den Alys am Rande mitbekommen hatte. Irina war dagegen gewesen, dass er einen Gig an Silvester angenommen hatte. Aber die ‘Wunderbar’ liegt ihm am Herzen, dort hat er so viele grossartige Konzerte gehört in seinen Zwanzigern und auch schon dort gespielt, das Konzert wird ein Heimspiel, viele Freunde von früher, die guten alten Zeiten ...
„Das wäre super! Ich bin sicher, Alys ist auch dabei.“ Sie klingt begeistert. „Ich setz euch morgen auf die Gästeliste, mit je einem ‚Plus 1’, dann kannst du deinen Freund mitbringen und Alys kann Janosch mitnehmen ...“ Bei der Erwähnung des Namens hebt sie wieder eine Augenbraue. „Ich hab keinen Freund, aber ich werd schon jemanden finden, der mitkommt. Und ich weiss nicht, wegen Alys und Janosch ...“ Sie bricht ab, als hätte sie zuviel gesagt und er wartet, aber es kommt nichts mehr. Was sie wohl gemeint hat?
„Ich sag Alys Bescheid, dass ich Euch eingeladen habe, wenn ich sie morgen anrufe ...“
„Sie wird sich freuen“, hält Mascha fest.
„Und ich freu mich, wenn ihr kommt. Also dann. Bis an Silvester.“
Sie lächelt ihn an. „Bis an Silvester. Herzlichen Dank für die Einladung.“
„Immer gerne“, sagt er, schenkt ihr ein letztes Lächeln und geht weiter.
In der Bahnhofapotheke ist es ruhiger als im Rest des Hauptbahnhofs. Gleich kommt Eliot an die Reihe. Zum Glück. Für langes Anstehen hätte ihm die Geduld gefehlt. „Was darf es sein?“, fragt die Apothekerin hinter dem Tresen. Sie mustert ihn mit müden Augen, die hinter der Brille mit Goldrand hervorblinzeln. Die Frau im weissen Kittel sieht geschafft aus. War wohl ein langer Tag. „Eine Packung Aspirin, bitte.“ Sie dreht sich mit einer fliessenden Bewegung um und holt das Gewünschte aus einer der vielen Schubladen. „Sonst noch etwas?“ Er will ‚Nein’ sagen, aber stattdessen entwischt ihm: „Ja, ich habe noch etwas vergessen. Moment.“
Sie verzieht keine Miene als er damit zurückkommt und es auf den Tresen legt. Sie nennt den Preis, er zählt die Münzen ab und schüttet sie in ihre Hand. Irina lacht ihn immer aus, weil seine Geldbörse vor lauter Kleingeld beinahe platzt. Die Kasse knurrt unwillig und
Weitere Kostenlose Bücher