Sehnsüchtig (German Edition)
einen niedrigen Tisch gedrängt. Bierflaschen und Hochprozentiges stehen darauf und kalte Platten, mit Käse, Fleisch und anderen Häppchen. Fütterung der Raubtiere? Auf dem schwarzen Ledersofa sitzen Lead-Gitarrist Levin, Schlagzeuger Raoul und Keyboarder Tom dicht beieinander. Dann gibt es noch zwei Lederhocker, auf einem fläzt der Tontechniker. Die Hocker haben schon bessere Tage gesehen. Alys sieht Löcher von Zigarettenstummeln und Flecken, von denen man nicht wissen will, was sie verursacht hat. Ihr Blick schweift zur Person auf dem zweiten Hocker. Eliots Haar ist durcheinander wie nach dem letzten Konzert, eine Zigarette in der einen Hand, ein Glas Whiskey in der anderen. Eine blonde Frau auf dem Schoss. Auch sie hat eine Zigarette in den Fingern. Marlen.
Eliot hört ihre Schritte und dreht den Kopf. „Da seid ihr ja!“, sagt er. „Ich dachte schon, du hättest mir einen Korb gegeben.“ Alys schüttelt den Kopf. „Ich wollte nur, dass ihr Euch erst in Ruhe etwas erholen könnt.“ Die Augen der Bandmitglieder und des Tontechnikers hängen an ihr. Sie lächelt unsicher in die Runde. Sieht eigentlich nur Eliot. Und die Frau auf seinen Knien. Eliot stupst Marlen sachte in die Seite. „Steh mal auf, Zuckerpuppe. Deine Knochen tun mir schon länger weh.“
„Hast du eben meinen Hintern als knochig bezeichnet?“ Sie bringt die gespielte Empörung geschickt in ihrer Stimme unter. Eliot grinst nur. „Ich hab kürzlich diesen Film gesehen“, sagt Levin und mustert die beiden. „Da sagen die geplagten Kollegen zu zwei, die immer so zanken wie ihr, ‚Warum vögelt ihr nicht endlich miteinander und bringt es hinter euch?’“
Marlens und Eliots vereintes Lachen schallt durch den Raum. „Das haben wir schon ausprobiert. Es hat nichts gebracht. Er geht mir immer noch auf die Nerven“, sagt Marlen saharatrocken. Alys fühlt Maschas Blick auf ihrem Gesicht, was habe ich dir gesagt, soll er vermutlich bedeuten. Alys aber ignoriert sie. Etwas drückt im Bauch jetzt. „Um meinen guten Ruf zu retten, sollten wir hinzufügen, dass das sehr lange her ist. Damals war sie noch jung und knackig. Wie alt warst du da, Sunshine? 19?“ fragt Eliot, drückt die Zigarette aus und blickt Richtung Alys. Der Knoten im Bauch löst sich ein wenig. „19“, bestätigt Marlen – „aber mach jetzt bloss keinen blöden Spruch über Frauen und ihren 30. Geburtstag.“
„Ich lass ihn bleiben, wenn du jetzt aufstehst.“ Er stellt das Whiskey-Glas auf den Tisch, packt mit beiden Händen Marlens Hüften und befördert sie schwungvoll von seinen Knien auf den Schoss des Tontechnikers. Sie quietscht empört. „Übernimm sie mal“, sagt er nur und steht auf.
Er kommt auf die drei zu, mit grossen Schritten wie immer, aber heute fehlt die unbekümmerte Anmut seiner Bewegungen.. Er trägt noch das schwarze Hemd vom Konzert, die Ärmel sind über die Ellbogen zurückgeschoben, die obersten drei Knöpfe stehen offen. Wahrscheinlich ist ihm immer noch warm. Alys sieht blasse Haut und wenig dunkles Brusthaar. Sie schluckt. Dann ist er bei ihr. „Hey», sagt er. „Long time no see.“ Ja. Kam es dir auch lange vor? Ein schöner Gedanke, eigentlich.
„Hallo.“ Sie kann nicht verhindern, dass ihre Stimme weich klingt. Im gleichen Moment fühlt sie sich umarmt, dann hochgehoben, seine Hände um ihre Taille, er schwenkt sie im Kreis und ein kleiner erschrockener Laut kommt über ihre Lippen. Er grinst nur und setzt sie wieder ab. „Schön bist du da. Du siehst gut aus.“ Er hält sie immer noch im Arm und beugt sich vor, um ihre Wange zu küssen. Sie riecht Whiskey und Zigaretten, aber an ihm mag sie diese Mischung. Und dieses verdammte Rasierwasser – oder was es ist ... „Danke. Ich freu mich auch“, versichert sie ihm. Er lächelt sie an und wendet sich dann Mascha zu. Bei ihr fällt die Begrüssung zahmer aus. Dafür hebt er eine Augenbraue und betrachtet sie von Kopf bis Fuss. „Verdammt siehst du heiss aus!“ Maschas Lachen perlt durch Raum, wie immer ist sie überhaupt nicht verlegen. Frederic hinter ihr scheint nicht genau zu wissen, was er von Eliots rauem Charme halten soll. Er sieht schwer beeindruckt und gleichzeitig unsicher aus. Heute ist Eliot definitiv der Rockstar, zu dem die Presse ihn machen will. Und offensichtlich hat er schon einiges getrunken, die Worte kommen etwas langsamer über seine Lippen als sonst. Sie kannte bisher nur den nüchternen Eliot. Oder den fast nüchternen. „Dein Freund?“ fragt er
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