Sei gut zu dir, wir brauchen dich
Lance
Armstrong (den seine Konkurrenten wegen seiner enormen Willensstärke »Headstrong« nennen) wären ohne sie niemals bei den Weltbesten
angelangt. Und ich denke: Jeder sollte versuchen, sein Bestes zu geben, seine Arbeit sorgfältig machen und sein Know-how und
seine Erfahrung stets im besten Sinne einbringen. Schließlich erwarten wir das ja auch von den anderen. Oder würden Sie sich
etwa gerne von einem Chirurgen operieren lassen, der es an diesem Tag nicht so ganz genau nimmt?
Problematisch wird es nur, wenn wir zu viel von uns fordern. Denn: Wem sein Bestes zu geben nicht genug ist, der erfährt,
dass statt Erfolgen und Höchstleistungen nur noch schlechte Ergebnisse erreicht werden. Die Energie, die sonst vorhanden ist,
fließt nur noch wie ein dünnes Rinnsal. Also blockieren Sie nicht, sondern aktivieren Sie Ihre Energie!
Nicht perfekt sein wollen
Auch wenn die Dinge bei jedem Menschen anders liegen – bestimmt ist auch Ihnen die Stimme jenes inneren Sklaventreibers vertraut,
der Sie manchmal zur Perfektion peitschen will. Sie hören sein Gebrüll, wenn Sie mal eine Stunde auf der Couch liegen und
in Ruhe ein Buch lesen möchten. Denn dann weist er Sie plötzlich auf die Wollmäuse in der Zimmerecke hin, auf die Unordnung
im Bad, dass die Fenster noch nicht geputzt sind und auch die Küche noch nicht sauber ist. Und schon springen Sie wieder auf,
werden zum Putzteufel und gönnen sich nicht, in einem schönen Buch zu schmökern. Denn Sie wollen, dass zu Hause alles perfekt
ist.
Sie verspüren seine Peitsche, wenn Sie im Büro sitzen und mit Ihrer Arbeit fertig sind. Eigentlich wollen Sie nur noch kurz
über den Text lesen und heute mal pünktlich nach Hause gehen. Doch dann |71| krittelt er wieder an allem herum und ist mit nichts zufrieden. Und Sie fühlen sich gezwungen, den Text Zeile für Zeile zu
überarbeiten und schaffen es wieder nicht, zum Sport zu gehen oder die Kinder mit ins Bett zu bringen. Im Gegenteil, es wird
mal wieder sehr spät. Und Sie kommen schlecht gelaunt zu Hause an, weil das Gefühl bleibt, dass der Text nicht so geworden
ist, wie er eigentlich sein müsste. Denn Sie wollen eine perfekte Arbeit abliefern.
Sie vernehmen Gemecker Ihres inneren Antreibers, wenn Sie mit einem sympathischen Menschen essen gehen, von dem Sie sich vorstellen
könnten, dass Sie ihn näher kennen lernen möchten? Aber dann bedrängt Sie jener innere Sklaventreiber mit einer grausamen
Mängelliste, und der nette Mensch Ihnen gegenüber hat plötzlich keine Chance mehr. Denn Sie erwarten von sich selbst, mit
einen perfekten Partner zusammen zu sein.
Ob das Zuhause, die Arbeit oder Menschen – wer sich unrealistische Ziele setzt und zu viel von sich erwartet, knechtet sich
selbst und ist nie wirklich zufrieden. Deshalb greifen Sie ein, wenn Sie zu Perfektionismus neigen. Lernen Sie die Ansprüche
an sich selbst wieder in ein bescheideneres Maß zu bringen. Denn oftmals steht hinter dem Hang zum Perfektionismus nichts
weiter als Selbstablehnung. Lernen Sie sich anzunehmen, wie Sie sind, mit allen Fehlern und Schwächen – »nobody is perfect«.
Steigen Sie aus der Tretmühle des Perfektionismus aus. Haben Sie keine Angst, ins Mittelmaß abzurutschen, wenn Sie sich einmal
nicht hart antreiben. Seien Sie nicht mehr Ihr eigener Gefangener. Wer zu genau und überkorrekt ist, macht sich selbst fertig.
Er hindert sich am Vorwärtskommen, hält sich am Detail fest, blokkiert den freien Fluss seiner eigentlichen Lebens- und Arbeitskraft. Kurz: Wer alles perfekt haben oder sein will, setzt sich auf
Dauer selbst außer Betrieb. Denn Perfektion bedeutet Stagnation. »Perfekt« – das ist glatt, unnatürlich, nicht lebendig, komplett,
ohne weiteren Spielraum, bewegungslos, Stillstand, Ende, Exitus. Warum wollen Sie sich abmühen, den strengen Plan im Kopf
abzuarbeiten |72| , um am Ende etwas zu erreichen, was wie tot ist? Mein Rat: Lernen Sie, die Unperfektion zu akzeptieren und damit die Lebendigkeit
zu lieben.
Take-Care-Übung: Ein bisschen (nach)lässig sein
Üben Sie einmal, mindestens 14 Tage lang unperfekt zu sein:
Hausarbeit Beginnen Sie zu Hause. Lassen Sie bewusst etwas Chaos zu, und versuchen Sie, es auszuhalten. Wenn Sie sonst relativ viel Zeit
investieren, um alles in Ordnung zu halten, so reduzieren Sie Ihren Einsatz. Das heißt: Kümmern Sie sich nur um unverzichtbare
Dinge der Hygiene, wie etwa Müll raustragen. Lassen Sie
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