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Sei lieb und büße - Thriller

Sei lieb und büße - Thriller

Titel: Sei lieb und büße - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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springt auf und läuft zur Küchentür. Was war das? Mama? Sie hört, wie die Balkontür aufgerissen wird. Dann die Stimme ihrer Mutter, schimpfend, keifend.
    »Ihr müsst gehen«, hört Sina sich flüstern. »Bitte.« Sie läuft zu Tabea und zupft sie am Ärmel. Sogleich nimmt Tabea ihre CD und steht gleichzeitig mit Bessy auf. Sina drängt sie aus der Küche, in den Flur, zur Wohnungstür.
    »Es tut mir leid, meine Mutter … Das …«
    »Schon gut«, sagt Tabea. »Ist ja nicht deine Schuld, wenn deine Alte spinnt. Bis morgen.«
    Unfähig, etwas zu sagen, nickt Sina nur und schließt die Tür hinter den beiden. Hastig läuft sie zurück in die Küche und tritt auf den Balkon. Das Keifen ihrer Mutter hat sich in ein Toben verwandelt, in ihrem Arm hält sie einen Fußball, in der Hand glänzt das Metall einer Schere. Dann ein Knall und im nächsten Moment verliert der Ball die Form. Auf dem Rasen steht eine Gruppe Jungs und diskutiert, einer zeigt in ihre Richtung.
    Sina möchte ihre Mutter in die Wohnung zurückziehen, weg vom Balkon, weg von den Jungs, die dort regelmäßig Fußball spielen. Doch sie rührt sich nicht. Starrt auf die Schere, als hätte ihre Mutter nicht auf einen Fußball, sondern auf einen Menschen eingestochen, als spiegle sich auf dem sauberen Metall nicht die grelle Nachmittagssonne, sondern als triefe es von unschuldigem Blut.
    »Ihr wollt Streit?« Ihre Mutter fuchtelt mit der Schere durch die Luft. »Kommt nur! Los, ihr Sauköpfe!«
    »Ist ja nicht deine Schuld, wenn deine Alte spinnt.« Und? Was half das? Wie oft würden Tabea und Bessy sie jetzt noch besuchen? Wieder feuert ihre Mutter eine Schimpfkanonade Richtung Bolzplatz. Sina greift nach ihrem Laptop, nimmt ihn vorsichtig hoch und geht zu Bens Zimmer.
    Dort beobachtet ihr Bruder die Szene durch seine nur einen Spaltbreit geöffnete Balkontür. Sina sperrt die Zimmertür ab und holt ihn mit sanftem Nachdruck von seinem Ausguckposten weg. Sein Gesicht ist bleich und Sina weiß, was er denkt. Nie wieder wird er einfach nach unten laufen und mit den anderen Jungs Fußball spielen können. Nicht er, der Sohn der Fußballmörderin.
    38
    Wie du an der Balkontür gestanden hast. Als hätte dich der Blitz getroffen. Ich konnte mich von deinem Gesicht kaum lösen. Du hast dich nicht einen Millimeter gerührt. Kein Zucken, keine Regung, nicht einmal ein Blinzeln.
    Du hast mir fast ein bisschen leidgetan.
    Ich habe die ganze Zeit schon geahnt, dass bei euch was nicht stimmt. Du und Ben, das passt einfach nicht. Jetzt ist mir einiges klar.
    »Die ist ganz schön abgegangen, die Alte«, unterbricht Bessy unser Schweigen. »Was für ein Volltreffer! Was meinst du, haben wir das im Kasten?«
    Ich schüttle den Kopf. »Wie denn? Du musst das Programm doch von deinem Computer aus steuern. Hast du gesehen, wie Sina reagiert hat? Als würde sie was viel Schlimmeres erwarten.«
    »Ja, nicht?« Bessy kichert. »Da werden wir demnächst sicher das eine oder andere interessante Schauspiel zu sehen bekommen. Vorausgesetzt, du hast das Programm richtig installiert.«
    »Natürlich habe ich es richtig installiert. Da kann man gar nichts falsch machen. Wenn sie online ist, hast du ab jetzt Zugriff auf ihre Webcam.«
    Wir gehen die Straße entlang, am Bolzplatz vorbei. Die Jungs stehen in einem Halbkreis vor dem Tor, diskutieren heftig, zeigen auf deine Wohnung. Ich erkenne einen von ihnen. Lars. Er ist in unserem Biologiekurs. Ich stupse Bessy an. Deute auf Lars.
    Ohne zu zögern, steckt Bessy zwei Finger in den Mund und stößt einen gellenden Pfiff aus. Die Jungs sehen zu uns rüber und Bessy macht Lars ein Zeichen, dass er zu ihr kommen soll. Er deutet unsicher auf sich selbst und runzelt die Stirn, als Bessy ihren Daumen in die Höhe streckt und erneut winkt. Dann trabt er auf uns zu.
    »Habt ihr das gesehen?« Sein Gesicht ist gerötet, vielleicht vom Spiel, vielleicht von der Aufregung. »Die Verrückte hat unseren Ball zerstochen.«
    »Wir waren live dabei«, sagt Bessy. »Das war übrigens Frau Beckhaus. Sinas Mutter.«

FREITAG, 15.   JUNI 2012
    39
    »Ve-he-rü-hückt! Die Beckhaus ist ve-rü-hückt!« Wie eine Meute hungriger Wölfe umzingeln sie Sina, nähern sich, Zentimeter für Zentimeter. Eine wogende Masse. Erdrückend. Gesichtslos. Renn weg! Sinas Beine sind gespannt wie eine nach hinten gebogene Sprungfeder. Wo stecken nur Tabea und Laureen? Bessy? Warum helfen sie ihr nicht?
    »Ve-he-rü-hückt!« Das Wort pulsiert in ihren Adern, schnell

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