Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sei lieb und büße - Thriller

Sei lieb und büße - Thriller

Titel: Sei lieb und büße - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
Vom Netzwerk:
und kommt auf mich zu. Torkelt. Ich fange sie auf, stütze sie.
    »Scheiße, Sina, was hast du genommen? Was ist mit dir?« Ich spüre Panik in mir aufsteigen.
    »Geht gleich. Nur ein Schlafmittel. Gleich … geht’s.«
    Ich packe Sina und zerre sie in die Küche, den einzigen Raum, in dem ich schon gewesen bin. Vor dem Spülbecken bleibe ich mit ihr stehen. Mit einer Hand stütze ich sie, mit der anderen drehe ich den Hahn auf. Warte, bis das Wasser eiskalt ist, dann spritze ich es ihr ins Gesicht. Sie protestiert, doch ich lasse sie nicht los.
    »Halt den Kopf unter den Wasserhahn. Bitte. Vertrau mir!« Ich drücke ihren Oberkörper nach unten und halte ihren Kopf unter den kalten Strahl.
    Sie schnappt nach Luft, zappelt, prustet, aber ich lasse nicht los. Sie muss aufwachen. Wie kann sie nur nachmittags Schlaftabletten nehmen? Hat sie versucht, sich umzubringen? Hat Laureen sie schon so weit?
    »Es reicht! Ich bin wach!« Endlich höre ich Sinas normale Stimme. »Oh Mann, mein Kopf. Kannst du mir erklären, was das soll? Warum schneist du hier einfach rein und machst so einen Aufstand?«
    »Weil es halb vier Uhr am Nachmittag ist und du dich mit irgendwelchem Mist vollgedröhnt hast. Ich hab dir deine Sachen gebracht, die du heute in der Schule liegen gelassen hast. Allerdings müsste ich dringend eine Mail schreiben. Kann ich kurz an deinen Computer?«
    »Ich hab drei Schlaf–« Mitten im Satz reißt Sina die Augen auf. »Halb vier?«
    »Fünf nach.«
    »Verdammt! Ben! Er wartet seit zehn nach drei auf mich!«
    Sie greift nach dem Telefon und wählt eine Nummer. Flucht und schmeißt das Telefon zurück auf die Arbeitsfläche. Hektisch rennt sie aus der Küche, den Flur entlang und verschwindet in einem Zimmer. Sekunden später stürmt sie wieder heraus, den Kopf in einem frischen T-Shirt. Im Laufen fädelt sie die Arme in das Shirt und zieht es über den Bauch. An der Garderobe schlüpft sie in türkise Ballerinas, dann ist sie schon bei mir und zieht mich am Arm zur Tür.
    »Ich muss los.«
    »Kann ich nicht noch schnell die Mail schreiben? Ich muss einen Auftritt zusagen. Ganz dringend. Bis heute halb vier, das ist eh schon vorbei.«
    Sie lässt mich los. »Mein Laptop ist in der Küche. Weck bloß nicht meine Mutter auf, die kriegt einen Anfall, wenn sie dich ohne mich in der Wohnung findet.«
    55
    Schon von Weitem sieht Sina, dass Bens Rad nicht mehr da steht, wo er es heute früh abgestellt hat. Alle Räder sind weg. Seines müsste noch da sein, als letztes, einziges. Es hat keinen Sinn, weiterzufahren. Ben ist weg. Er hat zwanzig Minuten gewartet. Vielleicht eine halbe Stunde. Dann hat er begriffen, dass sie nicht mehr kommt. Dass sie ihn im Stich gelassen hat. Dass sie nun doch wie ihre Mutter geworden ist.
    Wie kann sie nur mitten am Tag Schlaftabletten nehmen, wenn sie Ben abholen muss?
    Sina radelt zu der Stelle, an der sie ihm heute früh aufgetragen hat, auf sie zu warten, und sieht sich um. Das Schulgebäude liegt so verlassen vor ihr wie eine Geisterstadt.
    »Bitte, lieber Gott, lass ihm nichts zugestoßen sein.« Sie hebt den Kopf in Richtung Himmel. »Ich verspreche, ich werde mich nie, nie wieder so gehen lassen.«
    Sie macht sich auf den Heimweg, wirft noch einen letzten Blick zurück. Vielleicht ist er schon zu Hause. Wenn sie ihren Kopf eingeschaltet und ihr Handy mitgenommen hätte, könnte sie ihn jetzt anrufen. Aber sie ist einfach losgestürmt. Ist, ohne zu denken, blind der Panik gefolgt, die in ihr Ben! Ben! gebrüllt hat.
    Keuchend erreicht sie ihre Straße. Es ist drückend heiß, Schweiß läuft ihr über Rücken und Stirn. Endlich kommt ihr Haus in Sichtweite. Sie strengt sich an, um aus der Ferne den Radständer zu erspähen, doch der Blickwinkel macht es unmöglich. Mit einer Vollbremsung bleibt sie vor ihrem Haus stehen. Flucht. Fleht. Sein Rad ist nicht da.
    Sina stürmt in die Wohnung und rennt zum Schlafzimmer ihrer Mutter.
    »Mama! Ben ist weg! Du musst aufwachen, bitte!« Unsanft rüttelt sie an ihrer Schulter, zieht sie nach oben und versucht, sie zum Sitzen zu bringen.
    »Hm?« Ohne die Augen zu öffnen, lässt ihre Mutter den Kopf auf ihre Brust sacken und schläft mit einem leisen Pfeifen weiter.
    »Mama!« Sina hört die Angst in ihrer Stimme. Schrill. Keifend. »Mama! Du musst aufwachen! Ben ist weg!« Doch statt einer Antwort fällt der Kopf zur Seite, gefolgt vom Oberkörper, bis ihre Mutter wieder liegt.
    Sina gibt auf. Sie rennt in die Küche, schnappt sich das

Weitere Kostenlose Bücher