Sei lieb und büße - Thriller
habe.
Heute wäre mein letztes Spiel gewesen. Mein Abschied vom Team. Aber Rik hat mich nicht aufgestellt. Wegen diesem scheißblöden Foto. Er meint, es wäre besser, wenn ich mich gerade nicht öffentlich zeige.
Ich bin richtig traurig, auch wenn Rik wahrscheinlich recht hat. Er will mich ja nur schützen, weil er befürchtet, dass irgendwelche Blödmänner dumme Kommentare übers Feld schreien. Aber am Montag beginnt das Abi, dann bin ich definitiv draußen und mein Abschied war seit Monaten geplant. Ich bin zwar nicht scharf darauf, Tabea oder Gabriele zu sehen (wobei es ja nicht bewiesen ist, dass eine von beiden was mit dem Foto zu tun hat – sie streiten es vehement ab und sind ganz schön angefressen, dass ich sie überhaupt verdächtigt habe), aber die anderen im Team sind mir wichtig. Sie haben sich sofort mit mir verbündet, als sie von dem Foto erfahren haben.
Ich weiß nicht. Ich bin ziemlich enttäuscht. Nicht nur, weil jetzt die Verabschiedung ausfällt, sondern weil ich mir auch mehr von Rik erwartet habe. Dass er hinter mir steht. Dass er mich verteidigt. Ich hätte mir gewünscht, dass er mich spielen lässt. Und wenn jemand einen blöden Kommentar macht, dass er ihm dann sofort einen Platzverweis erteilt. Ich weiß, das ist Rik gegenüber nicht ganz fair, aber Dickie hätte das getan. Dickie hätte sich vor allen Leuten hinter mich gestellt.
Rik müsste ja nicht mal sagen, dass er mein Freund ist, er könnte mich einfach als mein Trainer verteidigen. Aber ich glaube, Rik schiebt gerade totale Panik, dass er von seinem Trainer rausgeworfen wird, und deswegen will er möglichst keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Er steht sowieso auf der Abschussliste, weil er sich im Trainingslager wegen dem Foto geprügelt hat. Er wurde abgemahnt und sein Trainer hat ihm gesagt, dass er beim nächsten Fehltritt weg vom Fenster ist.
Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Mama und Papa nicht da sind. Meine große Hoffnung ist, dass das alles vorüber ist, bis sie aus dem Urlaub zurückkommen, und sie das verdammte Foto niemals zu Gesicht kriegen. Ich wage gar nicht daran zu denken, wie Papa reagieren würde. Seine Vorzeigetochter, nackt. Ausgerechnet. Wo er doch immer so extrem darauf bedacht ist, dass bei uns alles makellos ist und die Nachbarn keinen Anlass haben, über uns zu tuscheln. Ich verstehe das ja. Wenn man als konservativer Stadtrat in der Öffentlichkeit steht, dann kann man sich keine Skandale leisten. Vor allem, wenn man mit so einem Saubermann wie Laureens Vater zusammenarbeiten muss. Dem ist es schon ein Dorn im Auge, wenn an der Bushaltestelle auf einem Werbeplakat ein Bauchnabel zu sehen ist.
Aber sie kommen eh erst in zehn Tagen zurück. Genau am Tag der letzten Abi-Prüfung. Rechtzeitig zum Feiern. Nur, wenn das so weitergeht und ich nicht schlafe, dann kann ich das Abi knicken. Meine Konzentration ist im Minusbereich. Céline hat gestern gemeint, ich würde voll scheiße aussehen. Sie hat mich gefragt, ob mich diese Sache mit dem Foto so mitnehmen würde, und ich hab ihr erzählt, dass ich nicht mehr schlafen kann. Da hat sie angeboten, mir Valium und Schlaftabletten zu besorgen. Ich finde das total nett von ihr, sie war echt super in letzter Zeit. (Sie will nicht mal Geld dafür, sie will nur, dass ich bei Rik ein gutes Wort für sie einlege, damit sie meine Position als Teamleader übernehmen kann.) Célines Vater ist Apotheker, deswegen kommt sie an das Zeug ran. Wie sie es genau anstellt, weiß ich nicht. Die führen doch sicher Buch. Ist mir aber auch egal. Hauptsache, sie bringt mir das Zeug und ich kann nächste Woche jeden Tag acht Stunden schlafen und ausgeruht in die Prüfungen gehen.
Und dann hau ich sofort ab. Nach Hamburg. Gestern ist die Zusage für mein Praktikum gekommen. Eine super Werbeagentur, da kann ich bis Oktober arbeiten und bekomme sogar eine verbilligte Wohnung gestellt. Mama weiß noch gar nicht, dass ich wegwill. Aber spätestens zum Studium müsste ich eh ausziehen, weil es Kommunikationsdesign hier an der FH gar nicht gibt.
So, ab ins Bett. Bin gespannt, was übermorgen bei dem Gespräch mit Dickie rauskommt.
DONNERSTAG, 21. JUNI 2012
53
»Kann ich heute mal allein heimfahren?« Ben schließt sein Fahrrad an den Metallständer und verdreht sorgsam die Zahlenkombi an seinem Schloss.
»Nein. Zum hundertsten Mal. Nächstes Schuljahr. Und keinen Tag früher. Ich hol dich ab und du wartest hier, bis ich komme.«
»Menno, du bist so fies.
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