Sei mein Stern
zu seinem Glück. Damit er dann an seinem Erbrochenen ersticken würde. Entschieden klappte er den Mund zu, sank tief in die Polster und versuchte krampfhaft, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf das schaukelnde Gefährt. Es roch nach Mottenkugeln und Leder, vermischt mit schalem Rauch und abgestandenem Schweiß. Ein widerlicher Geruch, der ihn würgen ließ.
Er unterdrückte den Drang, sich zu übergeben.
Einmal, zweimal.
Doch als der Wagen in halsbrecherischem Tempo um eine Ecke knatterte, war Hopfen und Malz verloren.
Heftig erbrach er sich auf den Boden des Fahrzeugs.
Keine zwei Minuten später flitzte er schnell wie Speedy Gonzales durch die Dunkelheit des Englischen Gartens und verschmolz mit den tiefen Schatten der Bäume. Das Mondlicht ließ die Oberfläche des Sees glitzern, als wäre sie mit Tausenden von Diamanten bestreut, während Simon schwer atmend auf eine der verlassenen Bierbänke am Ufer sank.
Der süßliche, durchdringende Duft der Kastanienbäume traf seine Nase, und erneut überkam ihn Brechreiz. Erschöpft ließ er den Kopf auf den Tisch fallen und atmete tief durch. Er konnte sein eigenes Herz in den Ohren trommeln hören und ihm war speiübel. Aber immerhin hatte dieses Dilemma ihm die Flucht erleichtert.
Denn nachdem seine beiden Bewacher ihn fluchend wie zwei Matrosen aus dem Auto gezerrt hatten, in dem es erbärmlich stank, hatte er mit mentaler Kraft die Handschellen aufschnappen lassen und zeitgleich die Hupe des Wagens aktiviert. Erschrocken waren die Männer in Schwarz herumgefahren. Todesmutig hatte er den Moment ihrer Unachtsamkeit genutzt, um über die Leitplanke zu hechten und in der Dunkelheit des Parks zu entschwinden. Mit einer Geschwindigkeit, die einem Außerirdischen vorbehalten war, und Augen, die einem Nachtsichtgerät gleichkamen, hatte er seine desorientierten Verfolger binnen Sekunden in die Irre geführt.
Aber wie waren sie ihm überhaupt auf die Schliche gekommen? Und warum?
Nachdem sie Knall auf Fall seinen Computer konfisziert hatten, schwante ihm, dass seine Hackerangriffe der Auslöser waren. Tatsache war jedoch, dass es seines Wissens nach auf der Erde keine Technologie gab, die ihn hätte identifizieren können. Ob er ebenfalls unter Bewachung stand, so wie sein Bruder?
Genau, das war des Rätsels Lösung!
Wie hätten sie sonst so rasch vor Ort sein können?
Voller Wehmut dachte er an Jana. Zweck der Übung war es gewesen, flugs die Akte seines Bruders im BSC-Computer ausfindig zu machen und gegebenenfalls zu eliminieren oder zu beschönigen, dann wäre er ratzfatz zu Jana zurückgeeilt. Denn es war ihm unsäglich schwergefallen, sich von ihr zu lösen. Die Kleine war heiß wie eine explodierende Supernova, doch Rafaels Problem geradezubiegen, war ihm zu diesem Zeitpunkt wichtiger erschienen als hemmungsloser Sex.
Nun aber hatten sich die Rahmenbedingungen gravierend geändert. Unter keinen Umständen konnte er ins Hotel zurück, auch wenn ihm Jana geradezu schmerzlich fehlte. Er konnte sich nicht in Erinnerung rufen, jemals von einer Frau mit so viel Herzblut geküsst worden zu sein. Fast als hätte sie geahnt, dass dies ein Abschied sein würde. Er wollte sie unter allen Umständen wiedersehen.
Doch eine Sache hatte allererste Priorität: Die Festplatten seines Computers mussten gelöscht werden. Denn auch wenn der BSC nicht in der Lage war, den Rechner zu starten, würde man beim Auseinanderbauen eventuell Mittel und Wege finden, die Daten zu durchleuchten. Das musste er um jeden Preis verhindern. Streng geheime Informationen – Siria betreffend – befanden sich darauf.
Obendrein lag es in seiner Pflicht, Rafael zu warnen. Und er benötigte dringend ein Bett, um sich auszuruhen, bis sein rebellierender Magen wieder zur Ruhe gekommen war.
Seine Gedanken begaben sich erneut auf die Reise zu Jana und ließen ihn brunnentief seufzen. Warum war das Schicksal nur so grausam zu ihm? Endlich hatte er die Frau gefunden, die er als Mutter seiner Kinder in Betracht ziehen könnte, und just in diesem Moment brach die Hölle los.
Da wurde doch der Hund in der Pfanne verrückt!
Ob sie ihn nach Siria begleiten würde? Er käme wohl nicht umhin, ihr diese Frage zu stellen. Doch wie würde sie diese Offenbarung aufnehmen? Laut Rafael war Valerie damals ziemlich durch den Wind gewesen, als sie die Wahrheit erfahren hatte. Er lächelte gequält. Nun, Jana hatte ihn ja auch eine halbe Ewigkeit zappeln lassen, ehe sie mit allen Fakten
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