Seichtgebiete: Warum wir hemmungslos verblöden (German Edition)
menschliche Namen zu geben«, so die im Netz verbreitete Definition anonym bleibender Lästerer, die mit sicherem Gespür für die Seichtgebiets-Blüten ausgestattet sind. Denn die Kinder von Uwe »König« Ochsenknecht heißen Rocco Stark, Wilson Gonzales, Jimi Blue und Cheyenne Savannah. Was keiner Erwähnung wert wäre, wenn er damit nur die eigene Brut gestraft hätte. Die wird es ihm entweder ein Leben lang danken oder heimzahlen, solange er lebt.
Da hysterisch in pubertäre Wechselhormonbäder fallende Mädchen beim Anblick des jungen Mimen Jimi Blue, der ausweislich seiner Wortwahl vor gierig hingehaltenen Mikrofonen ernährt worden sein muss mit der Milch schlichter Denkungsart, jedoch in Verzückung geraten, sind Langzweitwirkungen zu befürchten. Sie werden ihre Kinder mal nicht mehr nur Chantal, Kevin, Rico, Mario nennen, was bei Nachnamen wie Schulze, Müller, Meier, Schmidt bereits
heute zu netten Verbindungen führt, sondern Gott behüte Rico Rocco oder Cheyenne Chantal.
Verglichen mit dem Mario aller Marios sind die anderen Superstars des Genres würdige Kandidaten für den Ludwig-Börne-Preis. An dieser Stelle ist deshalb Reue angebracht, gar eine Bitte um Vergebung nötig für alle auch persönlich verbreiteten Beleidigungen des Modern-Talking-Monsters Dieter Bohlen. Er ist, dabei muss es allerdings schon noch bleiben, zwar nach wie vor ein präpotenter Unsympath, man möchte ihn eher zum Feind als zum Freund haben, um sich vor seinen Freunden nicht zu schämen, er ist gnadenlos gemein – aber er ist nicht gemeingefährlich, sondern nur ein nützlicher Idiot.
Dieter Bohlen weiß genau, warum er aus hygienischen Gründen so widerlich sein muss. Es ist eine tief in ihm verborgene moralische Grundhaltung, die ihn werden ließ, wie er sich gibt. Er betrachtet es als eine ihm auferlegte Pflicht gegenüber Mitmenschen, im Rahmen seiner Möglichkeiten alles zu tun, um die Seichtgebiete trockenzulegen. Er ist für die Gesellschaft so wesentlich wie Schlupfwespen für die Natur. Wäre er nicht so überzeugend als Exekutor, würden talentfreie, stimmlose, in Dialekten deutsch oder englisch singende junge Dummies, weiblich wie männlich, von einer Zukunft im Showgewerbe träumen, obwohl ihre Begabung allenfalls für einen Gröl-Chor der mal wieder Betrunkenen im Familienkreis reicht.
Bohlen tritt sie in die Tonne, wo sie seiner Meinung nach richtig aufgehoben sind, macht sie fertig, das stimmt, aber niemand hat die Blöden gezwungen, sich ihm hinzugeben und zu unterwerfen. Sie wissen, was sie sich antun, und ahnen, was er ihnen antun wird, aber sie alle laufen ihm aus freien Stücken zu, um sich öffentlich schlachten zu lassen. Seine Sprache ist die ihre und damit die einzige, die sie verstehen.
Thomas Tuma im »Spiegel« brachte es mit nur einem Satz auf den G-Punkt: »Viele von ihnen tun das auch deshalb, weil es immer noch besser ist, zehn Sekunden im Leben von einem Bohlen gedemütigt zu werden, als eigenen Enkeln später gar nichts erzählen zu können.«
Logisch, dass die Superstar -Produzenten erkannt haben, welches Potenzial quotenmäßig betrachtet in gemeiner Schadenfreude schlummert. Dass sie gezielt bei der Vorauswahl Kandidatinnen oder Kandidaten in die nächste Runde durchwinken, statt sie heim in ihr Schattenreich zu schicken. Dass sie diese bei Bohlen zwecks Ergötzung der avisierten Zielgruppe zwischen vier und vierundzwanzig und zur Steigerung der Quote ins Messer laufen lassen, gehört zum Konzept. Man vergisst beim Vergleich solcher Wettbewerbe mit einem Rattenrennen, dass bei denen selbst der Gewinner nichts weiter sein kann, logisch, als eben eine Ratte.
Der Prototyp-Prolo Bohlen müsste erfunden werden, wenn es ihn nicht im wahren Leben von Tötensen, wo der Millionär in seiner Villa nach eigenen Angaben gern mal laut pupst, bevor er sich wieder einem Teppichluder widmet, schon gäbe. Er hat als Erster seiner Spielklasse das Spiel durchschaut und besteht seitdem darauf, dass es nach seinen Regeln gespielt wird. Bohlen prüft mit brutalstmöglichen Beleidigungen unterhalb der Gürtellinie, wie weit er gehen kann, um Kandidaten zu demütigen.Verachtet alle, die sich selbst dann nicht wehren, wenn er sie der Lächerlichkeit preisgibt, sondern buchstäblich auf die Knie vor ihm sinken, um per Gnadenerweis des Meisters vielleicht doch noch weitermachen zu dürfen beim Großen Preis. Gucken noch blöder als Schafe, wenn er ihnen Sätze ins ersterbende Grinsen schleudert wie:
»Wenn
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