Seichtgebiete: Warum wir hemmungslos verblöden (German Edition)
förmlich auf und lautet schlicht, dass Männer Schweine sind, was eigentlich unter Frauen nicht Neues ist, Frauen aber auch, was als Sensation empfunden wurde von allen blöden Männern und sie befriedigt grunzen ließ.Wenn Mario Barth Klowitze erzählt, die zu wiederholen nicht angebracht ist, weil man Urheberrechte verletzen könnte, brechen Marioisten in Jubelstürme aus. In denen verwehen die von ihrem Idol erzeugten fauligen Winde.
Den Brüller, dass Männern furzen, wenn sie im Pissoir stehen, als Bestätigung für die Begabung, dass sie zwei Dinge gleichzeitig machen können, während Frauen zu zweit aufs Klo gehen, um sich eine Aufgabe zu teilen, bekommen allerdings die meisten im Stadionrund noch mit. Diese in die Tiefe gehende Erkenntnis erreicht nur die nicht, die in den Katakomben unruhig mit den Füßen scharrend auf fallende Klodeckel achten oder mit A-cappella-Chören alle anderen Geräusche überlagern.
Geschlechtsübergreifendes Gelächter unterhalb der Gürtellinie drückt nämlich auf die Blase. Weil das Barth-Volk zwecks Erleichterung in Schlangen anstehend warten muss, macht es sich derweil nach der Melodie des »Queen«-Klassikers »We will rock you« Luft und grölt den Text, den es auswendig gelernt und außerdem den aktuellen Bedürfnissen sowohl der Frauen als auch der Männer angepasst hat: »Wir woll’n, wir woll’n pullern.« Ihr Lied finden alle zusammen so lustig, dass sie sich vor Lachen fast in die Hosen machen.
Sie bewegen sich nicht nur hörbar auf einem gemeinsamen Niveau, sie sind als Mitglieder eines bestimmten Vereins, einer gläubigen Gemeinschaft auch für nicht gläubige Außenseiter erkennbar. Die Trikots tragen sie auf dem Leib.
Mal quillt darunter Bauchfett nach unten, mal quillt darüber Spitzbusiges nach oben, aber immer ist gut zu lesen, was auf den T-Shirts steht: »Janz wichtig: Fresse halten angesagt.« Dabei handelt es sich um einen Witz aus Barths Erfolgsprogramm »Männer sind primitiv, aber glücklich«, den aber nur die verstehen oder gar witzig finden können, denen der Meister selbst schon mal mit seiner Show den Atem geraubt hat. Den Verstand kann er ihnen niemals rauben, das weiß er, denn da wäre kaum was zu holen für ihn. So blöd ist er nicht. Leergut bleibt selbst dann Leergut, wenn es vorübergehend mal ein großes Stadion füllt.
In der S-Bahn, was schon wieder eine grobe Verallgemeinerung in diesem an Vorurteilen reichen Kapitel ist, roch es bei der Anfahrt intensiv nach billigem Parfüm, nach Achselund Fußschweiß, nach verlorenem Hopfen und Malz aus offenen Schlünden. Wer ein Bäuerchen machte, wurde von seinen Kumpeln angefeuert, dem einen Großbauern folgen zu lassen. Den wenigen nicht Barth-Hörigen stank das so gewaltig, dass sie sich beim nächstmöglichen Halt an die Berliner Luft retteten und einen Fußmarsch an ihr eigentliches Ziel auf sich nahmen.
Es darf trotz der immer deutlicher werdenden Neigung, mit üblen Wortspielen den Blöden Mario madig machen zu wollen und sich bei denen ranzuschleimen, die überzeugt sind, das Abendland sei eh längst dem Untergang geweiht, auf einen Blöden mehr oder weniger käme es da kaum noch an, nicht sein Engagement für das gedruckte Wort, für die Kultur verschwiegen werden.
Kultur?
Ja, Kultur.
Kein Druckfehler.
Endlich hat mal ein als Kulturbeutler geltender Blödmacher seinen Kultstatus eingesetzt, um was zu tun für das
gebeutelte Kulturgut Buch. Mit seinem vom Verlag Langenscheidt gedruckten Bestseller »Deutsch – Frau / Frau – Deutsch: Schnelle Hilfe für den ratlosen Mann« hat Mario Barth anderthalb Millionen Anal-Phabeten zum Lesen verführt. So viele kauften das Ding, das von der Form und von der Gestaltung her zum Genre Buch gehört. Die meisten der Käufer dürften zwar noch nie ein Buch gelesen haben, aber wer weiß das schon? Vielleicht lassen sie sich irgendwann noch einmal dazu hinreißen, angestoßen von Mario, dem Zauberer, ein zweites Buch zu erwerben.
Lässt sich sein Erfolg auch erklären, ohne abfälligen Wortschwall über Barth zu ergießen? Ohne sich perfide lustig zu machen über seine Gefolgschaft? Falls möglich, vielleicht sogar in zwei, drei oder vier simplen Sätzen, die notfalls auch die verstehen könnten, deren Sprache er spricht?
Kaum gedacht, schon getan:
Weil er so genau ihre Bedürfnisse kennt, weil er ihren Nerv trifft, indem er gebildeten Bürgern auf die Nerven geht, weil ihm Scham fremd ist, weil sein Wortschatz dem ihren entspricht,
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