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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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einziger Koboldschrei, und sie rannten wie die Hasen. Schwitzend, mit schwankenden Laternen und vollen Hosen! Ach, das waren noch Zeiten!
Sein Grinsen wich Enttäuschung.
Und heute? Wenn sich die Polizei überhaupt mal blicken lässt, dann höchstens, weil jemand seine stinkende Karosse in den Graben gefahren hat!
    Aber selbst diese kleine Abwechslung im täglichen Einerlei aus Schnappwichtelkämpfen, dem Geistertanz an alten, vergessenen Druidenstätten tief im Moor und den Koboldfesten zur Sonnenwende war selten geworden.
    Zu schade, dass es keine Schmuggler mehr gibt! Heutzutage trampeln hier nur Touristen herum, deren fremdartiges Geschnatter man so wenig versteht wie ihre komische Kopfkästchensammlung. Das eine klingelt – sie halten es ans Ohr. Das nächste surrt – sie halten es vors Auge. Mit dem dritten verdecken sie ihr Gesicht und rufen »Cheese«, bis es klickt. Die fürchten uns nicht, die kommen sogar extra in der albernen Hoffnung her, uns aufzuspüren! Dabei laufen sie dauernd an uns vorbei. Menschen sind ja so was von dämlich!
    Umso interessanter war der Fremde, der sich inzwischen bis auf zwei Schritte genähert hatte und Rocky soeben einen Blick aus müden Augen zuwarf. Die Abendsonne stand hinter ihm, bettete den Mann in einen Strahlenkranz. Deshalb hätte Rocky es fast übersehen – dieses feine rote Leuchten um seinen Körper.
    Die Aura, die den Elfen verriet.
    Alebin hatte eigentlich nicht vor, sich von dem berittenen Winzling aufhalten zu lassen, der ihm überfallartig einen hühnerbeinigen Pferdeersatz in den Weg trieb und dann hoffnungsfroh »Hallo!« sagte.
    Doch das Männlein sah merkwürdig aus, irgendwie interessant. Deshalb konnte Alebin es nicht ganz ignorieren, trotz seiner Müdigkeit und der Schmerzen im Gebein. Er wollte wenigstens wissen, aus welchem Kuriositätenschrank das sprechende Ding entflohen war. Deshalb blieb er kurz stehen, musterte es und fragte dann gähnend: »Bist du eine Scheibensammlung oder ein Irrwicht?«
    »Weder noch. Ich bin ein Langstreckenmeldesteinling.«
    »Aha.« Alebin trottete weiter. Er hatte diesen Wortwurm noch nie gehört, der länger war als das Männchen selbst. Aber
Stein
kam darin vor, und das machte die Sache glaubhaft; der Hühnerreiter
war
aus Stein. Vom Kopf bis zu den Zehen bestand er aus hauchdünnen Scheiben diverser Couleur – schwarz, braun, grau und weißlich –, die sich verschoben, wie es nötig war, um fließende Bewegungen zu erzeugen.
    Mit einer ebensolchen trieb er sein Reittier erneut vor Alebins Füße.
    »Schusch!«, sagte der Elf, um das braune Geflügel beiseitezuscheuchen.
    »Menschen nennen uns ›Knockers‹, aber was kann man von den einfallslosen Gestalten schon erwarten«, plapperte der kleine Mann unbeirrt weiter. Alebin stieg mit einem Schritt über ihn hinweg. »Weil sie uns nämlich früher, als die Zinnminen noch in Betrieb waren, klopfen gehört haben.«
    »Die Zinnminen?«
    »Nein, die Menschen. Sie dachten, wir wären Kobolde.« Er tippte sich an die Stirn. »Kobolde hinter den Stollenwänden! Ist doch blöd, oder? Aber wenigstens hatten die Steiger Respekt vor uns. Wenn sie abends nach Hause gingen, stellten sie immer was Essbares für uns hin, um uns bei Laune zu halten. Sie hatten Angst, wir würden ihnen sonst Unglück bringen. Das waren gute Zeiten, sage ich dir!«
    Hätte ich bloß nicht angehalten!
, dachte Alebin und legte einen Schritt zu. Doch das Moorhuhn stelzte weiterhin neben ihm her, mit ruckendem Hals und einem Reiter, der sich offenbar gern reden hörte.
    »Wir wohnen natürlich nicht hinter den Stollenwänden, wie die Grubenleute dachten, sondern
im
Gestein! Soll ich dir erzählen, was Langstreckenmeldesteinlinge machen?«
    »Nein.«
    »Wir handeln mit Nachrichten. Wenn in Cornwall etwas geschieht, melden wir es unserer Kundschaft durch Klopfzeichen. Hast du eben Nein gesagt?«
    Alebin grinste. »Was denn? Cornwall ist nur zehn Zentimeter groß? Das muss es wohl, denn weiter entfernt kann deine Kundschaft ja nicht wohnen. Weiter hört man es nicht, wenn ein Zwerg klopft.«
    »Ich bin kein Zwerg!«
    »Natürlich bist du das. Ein Zwerg mit klitzekleinen Fingerchen. Du könntest mir an die Zehen pochen, und meine Ferse würde nichts merken.«
    »Wetten, dass?«
    »Ha, haha!«, lachte Alebin. Belustigt sah er zu, wie das Scheibenmännchen von seinem Moorhuhn glitt und angelaufen kam. Er lachte auch noch, als es ihn erreichte und die winzige Faust schwang.
    Dann hatte es sich

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